Deutsche Wirtschafts-Nachrichten: In Österreich verabschiedet sich der Staat aus der Einlagensicherung. Ist eine solche Entwicklung auch für Deutschland zu erwarten?
Stefan Marotzke: In Deutschland wird die Sicherung der Kundeneinlagen schon seit Langem von den unterschiedlichen kreditwirtschaftlichen Gruppen gewährleistet. Dabei verfügen die privaten Banken über eine Einlagensicherung und öffentlich-rechtliche Sparkassen beziehungsweise genossenschaftlich organisierte Banken über eine präventiv wirkende Institutssicherung.
Deutsche Wirtschafts-Nachrichten: Wie sind die Einlagen bei den Sparkassen gesichert?
Stefan Marotzke: Die Einlagen, die die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland bei einer Sparkasse haben, sind abgesichert - und zwar in unbegrenzter Höhe. Möglich ist dies, weil die 416 Sparkassen in einem hypothetischen Notfall füreinander einstehen würden. Durch diese Institutssicherung sind sämtliche Anlagen vollumfänglich abgesichert, auch die der gewerblichen Anleger. Würde eine Sparkasse in einer Region in Schwierigkeiten geraten, so würde sie durch die anderen Sparkassen der Region gestützt. Reichen die Mittel in einer Region zur Stützung nicht aus, wird dem Institut durch alle Sparkassen Deutschlands geholfen. Dieses präventive System verhindert, dass ein Institut insolvent wird. Statt die Einleger nach der Insolvenz zu entschädigen, wird über das Fortbestehen des Institutes die gesamte Kundenbeziehung geschützt.
Deutsche Wirtschafts-Nachrichten: Warum hat die Sparkasse die alte Regelung zur Einlagensicherung, wonach sich die Institute gegenseitig absichern, aufgegeben?
Stefan Marotzke: Das Gegenteil ist der Fall, die Sparkassen-Finanzgruppe hat in langen Verhandlungen erreicht, dass das präventive System der Institutssicherung auch in Zukunft unverändert fortbestehen kann – die Sparkassen halten selbstverständlich daran fest. Um aber überall in Europa gleiche Voraussetzungen garantieren zu können, verlangt Brüssel, dass kreditwirtschaftliche Gruppen, die ihre Kunden über eine Institutssicherung absichern, zusätzlich auch die Einlagensicherungsfunktion vorhalten. Damit soll sichergestellt werden, dass jedes Kreditinstitut in Europa im Ernstfall innerhalb von sieben Arbeitstagen in der Lage ist, seine Kunden bis zu einer Einlagenhöhe von 100.000 Euro zu entschädigen. Die Sparkassen erfüllen künftig diese gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen, auch wenn sie bei uns aufgrund der Institutssicherung nicht zur Anwendung kommen.
Deutsche Wirtschafts-Nachrichten: Sind die Einlagen bei den Sparkassen sicherer als bei anderen Banken?
Stefan Marotzke: Die Kundeneinlagen sind in unbegrenzter Höhe abgesichert, ein höheres Schutzniveau gibt es nicht.
Deutsche Wirtschafts-Nachrichten: Die EU will eine gemeinsame europäische Einlagensicherung, mit der Bankenunion ist ein erster Schritt getan. Werden sich die Sparkassen diesem Trend entziehen können?
Stefan Marotzke: Eine gemeinsame europäische Einlagensicherung, bei der Gelder, die für die Absicherung deutscher Kundeneinlagen gedacht sind, zum Schutz von Banken in anderen Ländern verwandt werden, gibt es nicht und wird es mit den Sparkassen auch nicht geben.
Stefan Marotzke ist Leiter der Kommunikation beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV).