Deutsche-Bank-Chef John Cryan droht angesichts wegbrechender Geschäfte im Investmentbanking mit einem verschärften Sparkurs. Mit Mühe hielt sich Deutschlands größtes Geldhaus im zweiten Quartal in den schwarzen Zahlen und präsentierte am Mittwoch einen Nettogewinn von 20 Millionen Euro, nach 800 Millionen vor einem Jahr. "Sollte das derzeit schwache wirtschaftliche Umfeld anhalten, müssen wir bei Geschwindigkeit und Intensität unseres Umbaus noch ehrgeiziger werden", kündigte Cryan an. Und bei ihrem chronischen Kapitalproblem kommt die Bank ebenfalls nicht voran, was die Anleger kurz vor Veröffentlichung der Stresstest-Ergebnisse Ende der Woche nervös macht.
Das Vorsteuerergebnis schrumpfte im abgelaufenen Quartal um zwei Drittel auf 408 Millionen Euro. Die Erträge brachen in allen Konzernsparten ein, besonders deutlich im Wertpapierhandel - den die Frankfurter im Wettbewerb mit den großen US-Rivalen zum Kerngeschäft erklärt haben. Ausnahme ist die zum Verkauf stehende Postbank. Allerdings ist das Marktumfeld derzeit so schlecht, dass der geplante Börsengang in weite Ferne rückt.
Börsianer nahmen die Nachrichten nicht gut auf. Mit einem Minus von vier Prozent war die Deutsche-Bank-Aktie größter Dax-Verlierer, zeitweise gefolgt von der Commerzbank - die bereits am Dienstag mit einem Gewinneinbruch und einer dünnen Kapitaldecke negativ überrascht hatte.
Cryan ist jetzt seit einem Jahr am Ruder. Der Brite verordnete der renditeschwachen und von Klagen überzogenen Bank einen tiefgreifenden Umbau. Denn zu den hausgemachten Problemen kommen auch noch die anhaltenden Niedrigzinsen, die sich branchenweit in die Ergebnisse fressen. Seither verhageln regelmäßig Sonderbelastungen die Bilanz. Von Reuters befragte Analysten hatten dieses Mal unter dem Strich einen Verlust von etwa 100 Millionen Euro erwartet. Doch die Deutsche Bank musste weniger Geld für Rechtsstreitigkeiten zur Seite legen als befürchtet - noch einmal 120 Millionen Euro. Die gesamten Rückstellungen dafür belaufen sich nun auf 5,5 Milliarden Euro. Finanzchef Marcus Schenck ist zuversichtlich, die größten Fälle noch in diesem Jahr mit Vergleichen abhaken zu können. Dazu zählt der Geldwäsche-Skandal in Russland und ein Hypothekenstreit mit dem US-Justizministerium.
Am Kerngeschäft Investmentbanking will Cryan nicht rütteln. Hier wird der Abstand zur Wall Street allerdings immer größer. JP Morgan, Goldman Sachs und Co hatten im abgelaufenen Quartal starke Zahlen insbesondere im Handel präsentiert. Vor allem die höhere Marktvolatilität kurz nach dem Brexit-Votum füllte ihnen die Kasse im Handel. Hier konnte die Deutsche Bank nicht mithalten, im Gegenteil: Sie schrammte im Wertpapierhandel knapp an einem Verlust vorbei. Insgesamt fielen die Erträge hier um 28 Prozent, speziell im Anleihehandel um 19 Prozent. "Ja, wir haben schlechter abgeschnitten als unsere US-Wettbewerber", räumte Cryan in einem Brief an die Mitarbeiter ein. "Doch das liegt vor allem an den unterschiedlichen regionalen Schwerpunkten, denn die US-Märkte haben sich besser entwickelt." Die Deutsche Bank hält sich auch zugute, auf kapitalintensives Geschäft bewusst zu verzichten, was automatisch Marktanteile koste. Aber auch im Geschäft mit Unternehmensfinanzierungen und der Fusionsberatung, wo die Frankfurter eigentlich angreifen wollen, verliert das Institut an Boden.
Einen Gewinnrückgang gab es jeweils auch im Geschäft mit Privatkunden und der Vermögensverwaltung für Profi-Anleger. Sie alle halten sich derzeit mit Investments zurück, weil die Unsicherheit an den Märkten zu groß ist. Für die Deutsche Bank kann das an anderer Front zum Problem werden: Sie will sich von der Postbank trennen, weil sie wegen ihres risikoarmen, aber großvolumigen Geschäfts die Verschuldungsquote belastet und sich Hoffnungen auf eine engere Zusammenarbeit nicht erfüllt hatten. Der erhoffte Börsengang sei dieses Jahr aber nicht realistisch und auch nicht zwingend ein Thema für 2017, räumte Finanzchef Schenck ein. Finanzkreisen zufolge wird inzwischen auch eine Re-Integration der gerade erst entflochtenen Tochter durchgerechnet.
Bei der Kapitaldecke kommt die Deutsche Bank nur in Minischritten voran: Die harte Kernkapitalquote stieg per Ende Juni auf 10,8 (Ende März: 10,7) Prozent. Das Institut hatte eigentlich gehofft, den Anteilsverkauf an der chinesischen Hua Xia Bank pünktlich abschließen zu können, der im zweiten Quartal mit einem Milliardenerlös ein halbes Prozent beim Kapital gebracht hätte. Die chinesischen Behörden haben allerdings noch kein grünes Licht gegeben, das soll jetzt bis September passieren.