Politik

Türkei: EU-Visapflicht ist Verletzung der Menschenrechte

Der türkische Wirtschaftsminister Zafer Caglayan hat gegenüber der Wirtschaftskammer Österreich seinen Unmut über die seiner Ansicht nach ungerechten Visabestimmungen für türkische Staatsbürger innerhalb der EU zum Ausdruck gebracht. Nicht nur für den Politiker handelt es bei der aktuellen Praxis um einen unhaltbaren Zustand.
21.09.2012 00:13
Lesezeit: 1 min

In Richtung Österreich gewandt, brachte Wirtschaftsminister Zafer Caglayan den Ärger der Türkei auf den Punkt: „Wir sind seit 17 Jahren in der Zollunion. Die Hälfte unserer Exporte gehen in die EU. Doch während unsere Güter frei unterwegs sind, werden von unseren Geschäftsleuten, denen diese Güter gehören, Visa verlangt.“

Nach Ansicht des Politikers handelt es sich dabei um eine nicht tragbare Situation. Die derzeitige Praxis bezeichnet er als „eine Verletzung der Menschenrechte, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Das berichtet derzeit die türkische Hürryiet.

Das Thema Visafreiheit ist für die Türkei bereits seit längerem eine leidige Angelegenheit. Ende Februar dieses Jahres hatte sich der türkische EU-Minister Egemen Bağış noch einmal mit deutlichen Worten in Richtung EU gewandt und forderte dazu auf, den „Nonsens zu beenden“, den es seiner Ansicht nach noch immer bezüglich der Visa-Anforderungen für Türken gäbe. Denn: Bereits im vergangenen September setzte sich die EU-Kommission für die Lockerung der Visabestimmungen für türkische Staatsbürger ein. Egemen Bağış sah zu jener Zeit zum ersten Mal seit Jahren Licht am Ende des Tunnels. Passiert ist seitdem allerdings herzlich wenig.

Jörg Rohde (FDP): Visumspflicht für Türken unverständlich

Auch von Seiten deutscher Politiker gab es Unterstützung für die Türkei. So machte etwa Jörg Rohde, Abgeordneter des bayerischen Landtags, erst im vergangenen Juli deutlich, dass es für ihn absolut unverständlich sei, wie die Türkei in Visa-Fragen behandelt werde. „EU-Beitritts-Kandidaten wurden bisher immer von der Visumspflicht befreit, deshalb ist es unverständlich, wieso für die Türkei immer noch Visa angewendet werden. Es ist traurig, dass diese Ausnahme nur für die Türkei gilt“, so der FDP-Abgeordnete Jörg Rohde seinerzeit gegenüber der Hürriyet. Hintergrund seiner Aussage war ein aktueller Vorfall am Münchner Flughafen. Dort war acht Personen einer 95-köpfigen Gruppe von Apothekern, Ingenieuren und Finanzberatern, die auf Europa-Tour waren, die Einreise verweigert worden.

Fachleute gehen derzeit davon aus, dass eine Visafreiheit für türkische Staatsbürger bereits ab 2017 oder 2018 möglich sein könnte. Bevor diese aber endlich ohne Visa in die Europäische Union reisen können, muss ihr Heimatland eine ganze Reihe von Bedingungen erfüllen, die in einem entsprechenden Entwurf eines Aktionsplan der Europäischen Kommission aufgelistet wurden. Umrissen werden darin vier große Bereiche, in denen die Türkei durch Gesetze, Reformen oder Verordnungen aktiv werden muss: Dokumentensicherheit, Steuerung der Migration, öffentliche Ordnung und Sicherheit sowie Grundrechte. Dreh- und Angelpunkt ist die Unterzeichnung eines Rückübernahmeabkommens mit der EU.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Fahrerlose Taxis in Hessen: Chinesische Technik, deutscher Pilotbetrieb
01.06.2025

In Deutschland startet das erste Pilotprojekt für autonome Taxis: Ohne Fahrer, aber mit Überwachung aus der Ferne. Ein Modell mit...

DWN
Technologie
Technologie Goldrausch 2.0: Wie Google KI neu definiert – und Europa zuschaut
01.06.2025

Google I/O 2025 bietet einen tiefen Einblick in die nächste Ära der Künstlichen Intelligenz – von echten 3D-Videocalls bis hin zu...

DWN
Panorama
Panorama Nur noch fünf Minuten: Schlummertaste in Deutschland beliebt
01.06.2025

Mit der Schlummertaste kann man das Aufstehen verzögern. Ärzte raten davon ab, aber die Praxis ist gerade in Deutschland gängig....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Gesundheitscheck vor der Einstellung: Rechte und Grenzen für Bewerber
01.06.2025

Ein Vorstellungsgespräch ist erfolgreich verlaufen, doch bevor der Arbeitsvertrag unterschrieben wird, fordert der potenzielle Arbeitgeber...

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...