Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Neulich wurde auf einem US-Flughafen ein Designer verhaftet, der eine verrückte Uhr trug. Die Begründung: Terror-Verdacht! Sie die Amerikaner paranoid geworden?
Armin Krishnan: Die Transport Security Administration (TSA) ist für die Sicherheit auf Flughäfen zuständig. Leider sind die TSA Mitarbeiter unterbezahlt und nicht gut geschult. Vorfälle wie dieser sind keineswegs ungewöhnlich. Seit der Einführung der TSA wird die Behörde von Beschwerden durch Reisende geradezu überhäuft. Bekannt ist ein Fall, in dem ein TSA Mitarbeiter zwei ‚verdächtige‘ Pfeifen von einem Reisenden konfisziert hatte, die dann am Checkpunkt liegenblieben, bis sie Stunden später von einem anderen TSA Mitarbeiter aufgefunden wurden. Dieser benachrichtigte dann das Bombenkommando, um die ‚verdächtigen‘ Objekte zu entfernen. Trotzdem wurde der Flughafen nicht evakuiert und es wurden auch keine weiteren Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Dieser und ähnliche Vorfälle illustrieren, dass die Flughafensicherheit in den USA ein einziges Sicherheitstheater ist, das vor allem dazu dient, den Anschein von Sicherheit zu erwecken. Manchmal geht das Theater zu weit, und es kommt zu solch unsinnigen Entscheidungen, dass Reisende wegen dem Besitz von ‚verdächtigen‘ Gegenständen nicht an Bord gelassen werden.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Amerika hat den „Krieg gegen den Terror“ seit nun mehr einigen Jahren zum obersten Staats-Ziel erklärt. Dazu werden die Bürgerechte immer stärker eingeschränkt. Besteht eigentlich wirklich eine Terrorgefahr in den USA?
Armin Krishnan: Nüchtern betrachtet ist die Terrorgefahr in den USA nicht allzu groß. Der interne Sicherheitsapparat ist seit 2001 so stark ausgebaut worden, dass ausländische Terroristen kaum eine Chance haben, unbemerkt einzureisen oder hier größere Terroranschläge zu planen. 2011 starben nur 17 amerikanische Privatpersonen weltweit durch Terroranschläge und keiner davon innerhalb der USA. Das Magazin The Atlantic spottete sogar, dass es für Amerikaner wahrscheinlicher ist, durch die eigenen Möbel zu Tode zu kommen als durch Terroristen.
Al Qaida gelang schon seit Jahren kein erfolgreicher Terroranschlag in den USA. Trotzdem behauptet die Regierung, dass es durchaus eine reale Terrorbedrohung gebe, die aber nun verstärkt von rechtsextremen Einzeltätern oder ‚einsamen Wolf‘-Terroristen ausginge. Das ist durchaus plausibel, da es eine Reihe von Fällen gab, in denen Einzeltäter einfach wahllos in Menschenmengen geschossen haben bzw. Amok gelaufen sind, wie z.B. zuletzt im Juli in einem Kino in Denver. Solche Fälle werden nun ebenfalls oft als Terroranschläge charakterisiert.
Andererseits machen dann die gezielte Tötungen im Ausland noch weniger Sinn. Die Terrorismusgefahr innerhalb der USA kann durch die gezielten Tötungen in Afghanistan, Pakistan, Jemen und Somalia jedenfalls nicht verringert werden.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Der besagte Designer wurde mehr als 24 Stunden im Gefängnis festgehalten. Welche Legitimation hat die Einschränkung der Bürgerrechte? Immerhin gibt es in den USA ja eine Verfassung…
Armin Krishnan: Der Kongress verabschiedete einige Wochen nach dem 11. September 2001 den sogenannten PATRIOT Act, der die verfassungsmäßig garantierten Bürgerrechte in vielerlei Hinsicht deutlich einschränkt. Zum Beispiel dürfen Polizeibehörden auch ohne Gerichtsbeschluss Terrorverdächtige abhören oder ohne deren Wissen deren Häuser durchsuchen (‚sneak and peek‘). Es ist ebenfalls zulässig Terrorverdächtige in den USA bis zu 48 Stunden ohne Anklage festzuhalten. Ausländer können bis zu sieben Tage in Sicherheitsverwahrung genommen werden.
Allerdings ist das immer noch besser als in Großbritannien, der Wiege der parlamentarischen Demokratie, wo Terrorverdächtige ganze 14 Tage lang ohne Anklage festgehalten werden dürfen. Leider ist seit dem 1. Januar 2012 die NDAA 2012 in Kraft, was der US-Regierung ganz erhebliche zusätzliche rechtliche Befugnisse einräumt. Das Gesetz des US- Kongresses erlaubt es dem US-Militär, Kombattanten bzw. Terroristen weltweit auf unbegrenzte Zeit in Sicherheitsverwahrung zu nehmen, theoretisch auch in den USA (Sektion 1021). Hochgradig problematisch an diesem Gesetz ist, dass die Regierung allein auf den Verdacht, dass eine Person ein Terrorist ist, handeln kann ohne jemals einem Gericht dafür Beweise vorlegen zu müssen. Präsident Obama hat zum Anlass der Unterzeichnung des Gesetzes versprochen, in den USA von der Regelung keinen Gebrauch zu machen, aber rein rechtlich gesehen bedeutet das relativ wenig.
Bereits lange vor der NDAA 2012 hatte der Rechtsberater der Bush-Regierung, John Yoo, die Ansicht vertreten, dass die ganze Welt ein Schlachtfeld im Krieg gegen den Terror ist, also das Kriegsrecht auch in den USA gültig sein könnte. In der Tat wurden Fälle bekannt, in denen das Militär amerikanische Bürger ohne Anklage und Rechtsbeistand in Militärgefängnissen festgehalten hat bzw. festhält.
Die amerikanische Bürgerrechtsorganisation ACLU fand im Jahr 2008 heraus, dass Yaser Hamdi, Jose Padilla and Ali al-Marri in Militärgefängnissen in Virginia und Süd Carolina verhört und verwahrt werden gemäß den Regeln, die für Guantanamo Bay-Gefangene gelten. Ein berühmterer Fall ist der des WikiLeaks-Informanten Bradley Manning, der Depeschen des US-Außenministeriums illegal weitergegeben hat und sich nun seit 2010 ohne Anklage in einem Militärgefängnis in Quantico in Virginia befindet. Der UN-Beauftragte für Menschenrechte, Juan Ernesto Mendez, hat unlängst erklärt, dass Mannings „exzessive und ausgedehnte Isolationshaft eine grausame, unmenschliche und entwürdigende Behandlung“ darstellt. Es ist anzunehmen, dass die unbegrenzte Sicherheitsverwahrung für Amerikaner sich immer noch auf wenige Einzelfälle beschränkt. Sobald aber eine Rechtsgrundlage dafür geschaffen ist, kann kein Gericht die Regierung daran hindern, irgendwann in der Zukunft in größerem Umfang davon Gebrauch zu machen.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wer profitiert am meisten vom ewigen „Kampf gegen den Terror“?
Armin Krishnan: Der ‚globale Krieg den Terror‘ hat den ‚Kalten Krieg‘ als politisch-militärisches Paradigma abgelöst. Dies bedeutet, dass nach Ende des globalen Konflikts mit der Sowjetunion es nun einen globalen Konflikt gegen ‚Terroristen‘ aller Art - nicht nur al Qaida - sowie gegen Staaten gibt, die den Terrorismus fördern. Das ermöglicht es der amerikanischen Regierung, sowohl außenpolitische als auch innenpolitische Ziele zu verfolgen. Außenpolitisch behauptet die US-Regierung das Recht zu besitzen, in jedem Staat der Welt Terroristen gefangen zu nehmen oder töten zu dürfen oder Staaten anzugreifen, die Terroristen beschützen, etwa in Afghanistan. Das ist effektiv ein unbeschränktes Interventionsrecht, da man Terroristen überall finden kann.
Damit können die USA ihre Interessen im Nahen Osten verfolgen, der wegen der immensen Ölreserven auf lange Zeit von geostrategischer Bedeutung bleiben wird. Die USA können auch Öl und andere Rohstoffe in anderen Teilen der Welt sichern, wie etwa in Afrika und Asien. So wurde ein neues Militärkommando für Afrika geschaffen (Africom), das für den Einsatz amerikanischer Truppen in Afrika zuständig ist.
Innenpolitisch profitiert die US-Regierung vom Krieg gegen den Terrorismus dadurch, dass traditionelle verfassungsmäßige Beschränkungen ausgehebelt werden können und eine sehr viel stärkere politische Kontrolle und Steuerung der amerikanischen Bevölkerung möglich wird.
Der frühere amerikanische Nationale Sicherheitsberater und Mentor Präsident Obamas, Zbigniew Brzezinski, spricht von dem Beginn einem neuen ‚technotronischen Zeitalter‘, in dem eine nie dagewesene politische Überwachung und Kontrolle von Individuen möglich ist. Genau das scheint sich seit dem 11. September 2001 immer mehr abzuzeichnen. In meinem Buch geht es in erster Linie um gezielte Tötungen, aber der größere Zusammenhang ist die politische und sozialtechnische Umwandlung von modernen demokratischen Gesellschaften in technokratisch und autoritär regierte post-politische Gesellschaften, in denen individuelle Freiheit und Rechte nicht mehr existieren. Dies ist ein weltweiter Trend und nicht einfach auf die USA beschränkt. Selbstverständlich ist der ‚Krieg gegen den Terrorismus‘ auch überaus lukrativ für Firmen in der Rüstungs- und Sicherheitsbranche, welche in der Zäsur der 1990er Jahre unter gewaltigen Haushaltskürzungen litt, und die sich seit 2001 eines bemerkenswerten Aufschwungs erfreut.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wie viel Geld der Steuerzahler fließt in den militärisch-industriellen Komplex?
Armin Krishnan: Nach SIPRI-Daten entsprechen die Militärausgaben der USA etwa 41 Prozent der weltweiten Militärausgaben. Das wären 711 Milliarden Dollar für 2012. Nicht eingerechnet sind 100 Milliarden Dollar für die laufenden Kriege und 22 Milliarden Dollar für Atomwaffen vom Energieministerium. Die nächstgrößten Militärmächte China, Russland, Großbritannien und Frankreich geben dagegen zusammengenommen im Jahr 2012 nur etwa 340 Milliarden Dollar aus, was weniger ist als die Hälfte amerikanischer Ausgaben.
Der US-Haushalt beträgt für 2012 insgesamt 3,729 Billionen Dollar, der Rüstungsanteil entspricht also etwa 19 Prozent. Zum Vergleich: Im deutschen Bundeshaushalt sind nur etwa 10 Prozent für Verteidigung vorgesehen. Hinzu kommen 46 Milliarden Dollar für das Heimatschutzministerium (DHS), sowie 2,9 Milliarden Dollar für die Terrorbekämpfung des FBI, sowie eine unbekannte Summe, die andere Teile der US-Regierung für die Terrorbekämpfung ausgeben.
Insgesamt liegen die Ausgaben der US-Regierung für nationale Sicherheit bei etwa einer Billion Dollar. Fast jeder vierte von der Regierung ausgegebene Dollar fließt in die nationale Sicherheit. Für die Rüstungsindustrie, private Sicherheitsfirmen und individuelle Sicherheitsdienstleister ist das eine regelrechte Bonanza. Große Bereiche der Verteidigung und des Heimatschutzes sind stark privatisiert. Rüstungsfirmen stellen nicht nur die Waffen und Munition her, sondern sind zunehmend direkt an militärischen Operationen beteiligt, in dem sie Kampfflugzeuge und anderes Gerät in den Einsatzgebieten warten und reparieren, oder auch Militärsatelliten ins All schießen und bedienen.
Privatfirmen sind groß im Nachrichtendienstgeschäft und arbeiten an der technischen Beschaffung, Verarbeitung und Auswertung von geheimen Daten. Ganz zu schweigen von privaten Sicherheitsdienstleistern oder Söldnern, die militärische Anlagen und diplomatische Vertretungen weltweit beschützen und andere Spezialaufgaben ausführen.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Kann man sagen, dass die hohen Staatsausgaben eine Art Wirtschaftsförderungs-Programm für eine ganz besondere Dienstleistungs-Branche sind? Die Dienstleistung, die da gefördert wird, ist dann eben das Töten von Menschen…
Armin Krishnan: Der existierende militärisch-industrielle Komplex wurde während des Zweiten Weltkrieges aufgebaut. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs war das US-Militär mit 175,000 Soldaten viel kleiner als die Militärapparate anderer Großmächte. 1945 besaß die USA mit 10 Millionen Soldaten die größte Kriegsmaschine, die die Welt je gesehen hat.
Der 1947 beginnende Kalte Krieg hat dafür gesorgt, dass die amerikanische Wirtschaft sich zunehmend darauf ausgerichtet hat, den nationalen Sicherheitsapparat zu beliefern und zu unterstützen. Das US-Militär hat etwa 1,4 Millionen Soldaten. Hinzu kommen 700.000 zivile Regierungsangestellte im Bereich nationaler Sicherheit, sowie etwa 480.000 Angestellte im Bereich der Luft-Raumfahrt und Rüstungsindustrie. Es hängen ziemlich viele Jobs direkt von der nationalen Sicherheit ab.
Es sieht nicht so aus, als ob sich unter Präsident Obama allzu viel ändern wird. Selbst die zu erwartenden Kürzungen werden in dem Bereich nationaler Sicherheit nicht allzu gravierend ausfallen. Ganz klar ist, dass die nationale Sicherheit eine Arbeitsbeschaffungsmaschine ist und dazu verwendet wird, um die US-Wirtschaft in Krisenzeiten künstlich anzukurbeln, wenn der Rest der Wirtschaft schwächelt. Langfristig geht das natürlich schief, da sich ein jährliches Defizit von derzeit 1,5 Billionen Dollar nicht mehr lange durchhalten lässt. Entweder gibt es ganz massive Kürzungen, die politisch nicht durchsetzbar sind, oder irgendwann kommt halt der Währungszusammenbruch.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Die Linken in den USA waren ganz aufgeregt vor Freude, als Obama an die Macht kam. Eigentlich kann das organisierte Töten ja kein linkes Thema sein. Ist der Rüstungs-Komplex unter Obama geschrumpft oder ist es weiter die wichtigste Branche in den USA?
Armin Krishnan: Es gibt in der Tat sehr paradoxe Entwicklungen unter Obama. Natürlich ist bekannt, dass Obama seine Präsidentschaft mit dem Vorhaben begann, mehr Verantwortlichkeit und Transparenz in der Regierung zu verwirklichen. Er wollte auch den ausufernden nationalen Sicherheitssektor schrumpfen.
Aus vielerlei Gründen hat Obama die meisten seiner Versprechen nicht eingehalten, was viele seiner früheren Fans als enttäuschend ansehen. Im Bereich Außenpolitik und nationale Sicherheit gibt es eine klare Kontinuität von Präsident George W. Bush zu Präsident Obama. Unter Obama gab es zum Beispiel eine Verlängerung des PATRIOT Acts, einen leichten Anstieg der Verteidigungsausgaben, eine 30 Milliarden Dollar Waffenlieferung an das autoritäre Königreich Saudi Arabien, eine Fortsetzung der Besetzung des Irak selbst nach dem erklärten Ende des Krieges 2010, eine Eskalation im Krieg gegen den Terror - im Kriegstheater Afghanistan und Pakistan - und eine steigende Anzahl von geheimen und nicht so geheimen Interventionen in Libyen, Uganda, Somalia, Iran, Jemen, Syrien, Mexiko, Guatemala und vielen anderen Ländern.
Wo sich Obama radikal von seinem Vorgänger unterscheidet, ist der systematische Ausbau der CIA/JSOC Drohnenprogramme. In den Jahren 2009 und 2010 gab es einen dramatischen Anstieg der Drohnenangriffe in Pakistan. Das Drohnenprogramm und die gezielten Tötungen sind nun fest institutionalisiert und wird sich nun auf viele Jahre fortsetzen. Das alles ist nicht die Schuld Obamas, liegt aber vielmehr an dem gigantischen und verdeckten Einfluss des militärisch-industriellen Komplexes auf die U.S.-Regierung und den US-Kongress. Das sind Realitäten, an denen kein Präsident vorbeikommt.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Damit es für die „Dienstleistung Töten“ auch eine Nachfrage gibt, müssen Kriege geführt werden. Haben die USA ein Interesse an möglichst vielen Kriegen auf der Welt, damit es einen prosperierenden Markt gibt?
Armin Krishnan: Das ist viel zu vereinfacht ausgedrückt. Traditionelle Kriege gibt es ja kaum noch, und momentan sieht es nicht danach aus als, ob die USA willens und in der Lage wäre einen weiteren Krieg wie den Irak-Krieg zu führen. Die Kriege im Irak und Afghanistan haben nach Rechnung des Wirtschafts-Nobelpreisträgers Joseph Stiglitz bereits 3 Billionen Dollar verschlungen. Das ist auf absehbare Zeit nicht mehr finanzierbar.
Also gibt es eine Zunahme von verdeckten Interventionen und geheimen Kriegen, die erheblich billiger sind, aber teuer genug, um den militärisch-industriellen Komplex am Laufen zu halten. Langfristig sehe ich aber einen weiteren Ausbau des Polizeistaates und des Sicherheitsapparates im Inland. Im Heimatschutz, der Terror- und Verbrechensbekämpfung liegt wahrscheinlich die Zukunft der Rüstungs- und Sicherheitsindustrien. Bis 2020 plant die amerikanische Luftfahrbehörde FAA, 30.000 inländische Drohnen zu genehmigen. Damit haben zumindest die Drohnenhersteller auf absehbare Zeit volle Auftragsbücher, egal ob es weiter Drohnenangriffe in Entwicklungsstaaten gibt. Da müssen keine neuen Kriege angezettelt werden. Begrenzte Militäreinsätze in Entwicklungsstaaten wird es trotzdem weiter geben.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wie stellt sich die Lage im Inneren Amerikas dar? Ist die These zutreffend, dass bei den meisten geplanten Terror-Angriffen das FBI eine Rolle spielt? Und wenn ja, welche?
Armin Krishnan: In einem bahnbrechenden Artikel hat das renommierte Magazin Mother Jones im vergangenen Jahr (Ausgabe September/Oktober 2011) die Rolle des FBI in den vereitelten Terroranschlägen der letzten Jahre enthüllt. Es verhält sich demnach folgendermaßen: Das FBI beschäftigt über 15.000 Informanten in den USA, deren Aufgabe es ist islamische Gruppierungen zu unterwandern und Terroranschläge aufzudecken. Soweit, so gut.
Allerdings bezahlt das FBI manchen Informanten an die 100.000 Dollar jährlich, was diese dadurch rechtfertigen, dass sie regelmäßig erfolgreich Terroranschläge aufdecken. Am einfachsten ist das natürlich, wenn die Informanten naive Personen selbst zu den Terroranschlägen anstiften. Das FBI liefert dann das benötigte Material - Waffen, Sprengstoff und andere Ausrüstung -, wobei die Angestifteten streng überwacht werden und das Material einfach nur Requisiten sind.
Wenn die unterwanderten Möchtegern-Terroristen dann zur Tat schreiten, werden sie prompt vom FBI verhaftet und wegen Terrorismus angeklagt. Das lässt das FBI gut aussehen und vermittelt der Öffentlichkeit den Eindruck, dass es eine echte Terrorgefahr gibt. Bei wenigstens der Hälfte aller vom FBI vereitelten Terroranschläge spielen Informanten eine Rolle. Auf der Mother Jones-Webseite gibt es eine Übersicht der sechs Top-FBI Terrorplots.
Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass die US-Regierung einige spektakuläre al Qaida Anschläge in den USA zugelassen hat, um sie in letzter Minute zu vereiteln. Besonders verdächtig in dieser Hinsicht ist der ‚Unterhosen-Bomber‘-Fall vom Dezember 2009, in dem es dem nigerianischen Terroristen Omar Fahrouk Abdulmutallab gelang, eine Bombe in ein Flugzeug nach Detroit zu schmuggeln. Nicht nur gab es einen verlässlichen Augenzeugen, den Anwalt Kurt Haskell, der berichtete, dass der Terrorist ohne Sicherheitskontrolle und ohne Kontrolle des Visums und des Reisepasses in Amsterdam ins Flugzeug gelassen wurde.
Es gab zudem eine Anhörung im Kongress, bei der herauskam, dass eine US-Sicherheitsbehörde - mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit die CIA - beim US-Außenministerium die Ausstellung eines Visums befürwortet hat, obwohl Abdulmutallabs Name ganz klar auf einer Terrorliste stand.
Armin Krishnan ist Visiting Assistant Professor for Security Studies
Intelligence and National Security Studies Program an der Universität of Texas in El Paso. Sein neues Buch „Gezielte Tötung. Die Zukunft des Krieges“ ist im Berliner Verlag Matthes & Seitz erschienen.