Wirtschaft

Fetter Profit in Sicht – oder frisst Trump Novo Nordisk auf?

Novo Nordisk träumt von einer Gewinnverdopplung mit Abnehmspritzen – doch Billigkopien, Trump-Zölle und eine wacklige Pipeline könnten alles zunichtemachen.
30.05.2025 19:11
Lesezeit: 3 min
Fetter Profit in Sicht – oder frisst Trump Novo Nordisk auf?
Das wichtigste Produkt von Novo Nordisk – und gleichzeitig größte Unsicherheitsfaktor – ist das Adipositas-Medikament Wegovy. (Foto: dpa | Steffen Trumpf) Foto: Steffen Trumpf

Milliardenverlust und ein abruptes Ende für den CEO

Hunderte Milliarden Euro an Börsenwert hat Novo Nordisk seit dem Aktienhoch im Sommer 2024 verloren – und mit ihnen die Erwartungen der Anleger. Jetzt zeigt sich, wie der dänische Pharmakonzern seinen Gewinn dennoch verdoppeln will. Doch Donald Trump könnte dem Plan gefährlich werden. Hinzu kommt eine schwer zu quantifizierende dritte Kraft auf dem US-Markt, die bisher wenig beachtet wurde.

Die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hatte die Wirkstoffe in den Adipositas-Präparaten Semaglutid und Tirzepatid zwischenzeitlich als Mangelware eingestuft. Das öffnete Tür und Tor für alternative Hersteller, die günstigere Nachahmerprodukte anboten – sogenannte „compounded semaglutide“. Doch am 22. Mai zog die FDA die Reißleine und untersagte deren Produktion, da kein Mangel mehr bestehe.

Seit dem Höhepunkt im Sommer 2024 hat Novo Nordisk – Börsenticker NOVO B – über 3.700 Milliarden schwedische Kronen an Marktwert eingebüßt – das entspricht rund 329 Milliarden Euro. Für den Großaktionär, die Novo Nordisk-Stiftung, war das Maß voll: Vorstandschef Lars Fruergaard Jørgensen wurde entlassen.

Doch wie geht es jetzt weiter? Ein kurzfristiges Risiko ist US-Präsident Donald Trump. Zwar dürften seine Dekrete zur Senkung der Arzneimittelpreise weitgehend wirkungslos bleiben, doch Sonderzölle – insbesondere für die Pharmaindustrie – sind nicht ausgeschlossen. Trump fokussiert sich auf das US-Handelsdefizit gegenüber der EU, und Medikamente spielen hierbei eine Schlüsselrolle. Von Novo Nordisk kam bislang wenig Beruhigendes.

Wegovy: Chance und Unsicherheit zugleich

Das wichtigste Produkt von Novo Nordisk – und gleichzeitig größte Unsicherheitsfaktor – ist das Adipositas-Medikament Wegovy. Zuletzt verlor der Konzern in den USA Marktanteile an Eli Lillys Konkurrenzprodukt Zepbound. Doch die nun verbotenen „Billigvarianten“ könnten einen Boom für Wegovy auslösen: Laut Schätzungen dürften rund eine Million Amerikaner bisher zu den inoffiziellen Präparaten gegriffen haben – etwa genauso viele wie aktuell Wegovy einnehmen.

Insgesamt gelten über 170 Millionen erwachsene Amerikaner als übergewichtig oder fettleibig – das Marktpotenzial ist also enorm. Umfragen deuten zwar darauf hin, dass bereits 15–20 Prozent der Bevölkerung entsprechende Medikamente getestet haben, doch hohe Kosten und Nebenwirkungen führen oft zum Therapieabbruch.

Gewinnprognose: Verdopplung bis 2031 möglich

Auf Grundlage konservativer Annahmen rechnet die Wirtschaftspublikation Dagens Industri mit einer durchschnittlichen Jahresumsatzrendite pro US-Wegovy-Patient von 46.420 dänischen Kronen – also rund 6.035 Euro – und 10.244 Kronen (etwa 1.332 Euro) im Rest der Welt. Wird der Preis jährlich um 8 Prozent in den USA und 10 Prozent international gesenkt und steigt die Patientenzahl jährlich um 1,5 Millionen, ergibt sich für 2031 ein Vorsteuergewinn von 254,7 Milliarden Kronen, was rund 33,1 Milliarden Euro entspricht – eine Verdopplung gegenüber 2024 und ein erwartetes KGV von etwa 8.

18,3 Millionen Patienten weltweit würden dann Wegovy einnehmen. Doch es bleibt bei Prognosen mit erheblichen Unsicherheiten.

Zwei zusätzliche Risikofaktoren

Cagrisema – ein Kombinationspräparat, das 2023 in Studien enttäuschte und zu Kursverlusten führte. Analysten haben die Erwartungen drastisch zurückgeschraubt. Di rechnet für 2031 dennoch mit Einnahmen von 112 Milliarden dänischen Kronen – das sind etwa 14,6 Milliarden Euro.

Das Adipositas-Pille-Projekt – bislang setzte Novo Nordisk auf Injektionen. Nun liegt eine Zulassungsanfrage für ein orales Präparat vor. Doch Eli Lilly ist in diesem Segment deutlich voraus. Novo Nordisk zahlte kürzlich 200 Millionen US-Dollar (rund 184 Millionen Euro) an das Unternehmen Septerna für die gemeinsame Entwicklung eines neuen Präparats – bei Erreichen aller Meilensteine kann die Summe auf 2,2 Milliarden Dollar steigen, das entspricht etwa 2,03 Milliarden Euro.

Hoffnung auf neue Anwendungen

Optimisten setzen auf eine Erweiterung des Einsatzgebiets von Semaglutid – etwa gegen Leberkrankheiten, wofür ein Zulassungsantrag bereits gestellt wurde. Auch eine Anwendung bei Alzheimer wird diskutiert, wenngleich die Erwartungen gedämpft sind. Positive Studienergebnisse könnten hier jedoch einen Kursaufschwung auslösen.

Fazit: Potenzial vorhanden, aber Risiko Trump bleibt

Mit vorsichtigen Schätzungen lässt sich der Weg zu einer Verdopplung der Gewinne skizzieren. Doch die politische Großwetterlage – allen voran mögliche Zollmaßnahmen durch Donald Trump – könnte den Plan durchkreuzen. Der neue CEO eines schwer angeschlagenen Konzerns wird jedenfalls alle Hände voll zu tun haben.

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