Politik

Trumps Arznei-Schock: USA wollen Europas Medikamentenpreise diktieren

US-Präsident Donald Trump kündigt einen Preissturz bei Arzneimitteln um bis zu 90 Prozent an – doch der Widerstand wächst, auch aus den eigenen Reihen.
14.05.2025 16:50
Aktualisiert: 14.05.2025 18:33
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Dekret mit Signalwirkung – aber wenig Substanz

Donald Trump will die Preise für Medikamente in den USA massiv senken – mit bis zu 90 Prozent, wie er in dieser Woche betonte. Doch Experten bezweifeln, dass diese Ankündigung mehr als populistische Rhetorik ist. Analysten warnen vor juristischen, politischen und wirtschaftlichen Hürden, die den Kurs des ehemaligen Präsidenten und Präsidentschaftskandidaten entscheidend behindern könnten.

Trump hatte zu Wochenbeginn ein Dekret unterzeichnet, das die Medikamentenpreise auf ein internationales Mindestmaß senken soll. "Die Preise werden um 60, 70, 80 oder 90 Prozent fallen", verkündete er auf einer Pressekonferenz – und brachte damit globale Pharmakonzerne in Bedrängnis.

Zu den unmittelbaren Verlierern zählte der dänische Konzern Novo Nordisk, Hersteller des Diabetesmittels Ozempic und der Abnehmspritze Wegovy. Das Unternehmen erzielt 56 Prozent seines Umsatzes in den USA. Die Aktie stürzte am Montag nach Handelsbeginn um über 7 Prozent ab – bevor sie sich am gleichen Tag wieder weitgehend erholte. Bis Dienstagmittag war der Kurs erneut im Aufwind.

Hintergrund dieser Entspannung: Trump lenkte in einem weiteren Statement von den Herstellern auf sogenannte Pharmacy Benefit Manager (PBMs) um – Zwischenhändler, die als Preistreiber gelten. Diese würden künftig ausgeschaltet, so Trump: „Wir werden die Zwischenhändler eliminieren und den Direktverkauf von Medikamenten fördern.“

Analysten: Politische Realität bremst radikale Reformen

Trotz aggressiver Rhetorik sehen Analysten kaum Spielraum für echte Reformen. Eric Potoker von UBS schreibt in einer aktuellen Analyse: „Der Weg zu einer aggressiven Preisregulierung bleibt extrem eng.“ Auch J.P. Morgan zweifelt: Ein Dekret allein reicht nicht aus. Für tiefgreifende Änderungen ist ein Gesetz notwendig – doch im Kongress fehlt die Unterstützung.

Insbesondere republikanische Abgeordnete, die viele Wahlkreise mit engen Verbindungen zur Pharmabranche vertreten, stehen umfassenden Preisreformen skeptisch gegenüber. „Die Wahrscheinlichkeit einer Most-Favored-Nation-Gesetzgebung ist gering“, erklärt Potoker, „weil viele Republikaner traditionell die pharmazeutische Industrie und deren Preisfreiheit unterstützen.“

Das MFN-Prinzip: Exportierte Preispolitik

Trump will künftig das sogenannte Most Favored Nation-Prinzip (MFN) anwenden: Die USA sollen für Medikamente nicht mehr bezahlen als das Land, das den niedrigsten Preis verlangt. Konkret heißt das: Wenn Deutschland oder Spanien ein Präparat für 50 Euro erhält, soll der Preis in den USA entsprechend angepasst werden.

Dazu plant Washington einen ungewöhnlichen Schritt: Es will die Medikamentenpreise im Ausland anheben, um die eigenen senken zu können. Länder wie Deutschland oder Frankreich sollen gezwungen werden, ihre Einkaufskonditionen zu verschlechtern – notfalls durch Strafzölle. Analysten wie UBS halten dieses Vorgehen jedoch für realitätsfern: „Es ist schwer vorstellbar, dass andere Staaten dem freiwillig zustimmen.“

Die Rolle der Zwischenhändler – der wahre Preistreiber?

Trump identifizierte auf seiner Pressekonferenz klar die PBMs als Preistreiber. Diese agieren als Mittler zwischen Herstellern, Apotheken, Versicherungen und Arbeitgebern – mit dem Ziel, Rabatte auszuhandeln. Kritiker bemängeln jedoch seit Jahren, dass diese Strukturen die Endpreise für Konsumenten kaum senken und eher die Margen der Zwischenhändler stärken.

Trump kündigte an, dieses Modell durch ein direktes Vertriebssystem ersetzen zu wollen. Novo Nordisk etwa plant mit „Novo Care“ ein eigenes Online-Apothekenmodell, das Medikamente wie Wegovy für 499 Dollar pro Monat direkt an Verbraucher verkaufen soll – weit unterhalb der aktuellen Listenpreise von 1349 Dollar.

Auch Eli Lilly hat mit „Lilly Direct“ eine ähnliche Plattform angekündigt.

Pharmariesen ruhig – Zwischenhändler unter Druck

Die Märkte reagierten differenziert: Während Pharmakonzerne wie Novo Nordisk nach einem kurzen Kurssturz schnell wieder an Wert gewannen, mussten die Aktien großer PBMs Verluste hinnehmen. „Trump richtete seinen Hauptangriff gegen die Struktur – nicht gegen die Hersteller“, so Henrik Hallengreen Laustsen von Jyske Bank. Das habe die Märkte beruhigt.

Experten: Symbolpolitik statt Strukturwandel

Auch die Sydbank sieht in Trumps Maßnahmen weniger ein realpolitisches Reformprogramm als vielmehr ein politisches Signal. In einer aktuellen Analyse heißt es: „Das Dekret ist harmloser als befürchtet und könnte Pharmaunternehmen kurzfristig Luft verschaffen, um in Gespräche über nachhaltige Lösungen einzutreten.“

Trumps Handelsminister erhielt bereits grünes Licht, um notfalls mit Zöllen auf ausländische Medikamente zu reagieren – ein außenpolitischer Hebel mit begrenzter Erfolgsaussicht.

Branche signalisiert Gesprächsbereitschaft

Novo Nordisk veröffentlichte im Anschluss an Trumps Ankündigung ein offizielles Statement:

„Wir teilen die Auffassung, dass Amerikaner besseren Zugang zu erschwinglichen Medikamenten benötigen. Wir werden weiterhin mit Entscheidungsträgern zusammenarbeiten, um effektive Lösungen für das US-Gesundheitssystem zu entwickeln.“

Fazit: Wahlkampfrhetorik trifft Wirklichkeit

Die Pharmapreise in den USA sind strukturell hoch – das steht außer Frage. Doch Trumps radikale Lösungsvorschläge stoßen auf die politische und wirtschaftliche Realität: Ein Präsident kann keine Preise per Dekret diktieren. Ohne Kongressmehrheit und ohne internationale Zustimmung bleibt es wohl bei markigen Worten – mit begrenztem Effekt für Patienten, Unternehmen und Märkte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rüstungsindustrie: Maschinenbauer Trumpf will vom Rüstungsboom profitieren
20.08.2025

Auch der schwäbische Maschinenbauer Trumpf steht vorm Einstieg in das Rüstungsgeschäft: Der Laserspezialist gibt bekannt, seine...

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie im Rückwärtsgang: Zwischen Rekordbewertung, China-Risiken und neuen Chip-Plänen
20.08.2025

Die Nvidia-Aktie bewegt sich zwischen einer Rekordbewertung und wachsender Skepsis. Starke Umsätze, politische Risiken und neue...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Unser neues Magazin ist da: Energie im Umbruch – zwischen teurem Kraftakt und politischem Kursverlust
20.08.2025

Die Energienutzung in Deutschland war einst selbstverständlich. Heute ist sie Streitfall, Risiko und Chance zugleich. Der Wandel im...

DWN
Politik
Politik Wird der Fed-Chef mit seiner Rede die Märkte begeistern oder enttäuschen?
20.08.2025

Alle Augen richten sich auf Jackson Hole: Fed-Chef Jerome Powell steht zwischen Trumps politischem Druck, schwachen US-Arbeitsmarktdaten...

DWN
Politik
Politik Treffen in Budapest? Ukraine-Gipfel könnte bei Ungarns Regierungschef Orban stattfinden
20.08.2025

Trump könnte sich vorstellen, dass Ungarn Gastgeber für das besprochene Treffen zwischen Selenskyj und dem russischen Präsidenten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steigende Zusatzbeiträge: Arbeitgeberverbände fordern eine Neuauflage der Praxisgebühr
20.08.2025

Nicht nur wegen des bürokratischen Aufwands stand die frühere Praxisgebühr in der Kritik. Aus Sicht der Arbeitgeber wäre jetzt aber...

DWN
Immobilien
Immobilien Luxusvillen: Linke für Sondersteuer auf teure Immobilien
20.08.2025

Anstatt Maßnahmen gegen die Wohnungsnot vorzuschlagen, setzt die Linke auf Neidpolitik: Einige wohnen üppig, andere finden keine Bleibe...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Stihl lagert aus: Entwicklung und Produktion der Mähroboter geht nach China
20.08.2025

Der Industriestandort Deutschland verliert weiter an Relevanz: Kettensägenhersteller Stihl zieht sich mit dem gesamten Geschäftsbereich...