Der Fall Zyperns hat gezeigt: Der Zugriff des Staates auf die Bank-Konten der Bürger kann über Nacht erfolgen.
Das Wissen über die Kontostände der Deutschen hat der Staat auch hierzulande schon lange. Und er macht von diesem Wissen regen Gebrauch.
Seit 2005 darf der Staat Auskünfte über die Bankkonten seiner Bürger einholen. Datenschützer beklagen, dass dies in den vergangen Jahren zu einer explosionsartigen Steigerung von staatlichen Kontoabrufen geführt hat – von 9.000 im Jahr 2005 auf 63.000 in 2011.
Der Staat begründet diese Eingriffe mit dem Kampf gegen Steuerhinterziehung und den Missbrauch von Sozialleistungen. Auch Wirtschaftskriminalität und Schwarzarbeit sollen damit eingedämmt werden. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar kritisiert jedoch das zügellose Vorgehen der Behörden. „Eine Maßnahme, die laut Bundesverfassungsgericht eigentlich als Ausnahme gedacht war, hat sich fast zu einer Routine entwickelt“, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Seit 2005 sind Finanz- und Sozialämter sowie Arbeitsagenturen und Bafög-Stellen berechtigt, Konten von Bürgern abzufragen. Vor allem Finanzämter nutzen ihr Recht, zum Beispiel um herauszufinden, ob jemand Vermögen vor dem Fiskus versteckt. Alle Banken und Sparkassen sind in Deutschland verpflichtet, die Stammdaten aller Konten in einen Datenpool einzuspeisen. Stammdaten sind Nummer des Kontos, Tag der Errichtung, Name und Geburtsdatum des Inhabers sowie alle Verfügungs- und wirtschaftlich Berechtigten eines Kontos.
Kontostand und Kontobewegungen dürfen nicht abgefragt werden. Das Gesetz gilt für alle Spar-, Bauspar- und Girokonten sowie Wertpapierdepots. Der Datenpool ist nicht bei den Banken eingerichtet. Deswegen erfahren die Geldinstitute auch nicht, wenn auf die Konten zugegriffen wird.
Hürden bei der Abfrage gibt es kaum. Die Behörden müssen zwar ein Gesuch an das Bundeszentralamt für Steuern stellen. Eine Kontoabfrage ist aber schon berechtigt wenn es einen „konkreten Anhaltspunkt“ für Fehlverhalten gibt oder sie aufgrund „allgemeiner Erfahrungen“ erforderlich ist, so das Bundeszentralamt für Steuern. Vor allem der letzte Punkt ist aus datenschutzrechtlicher Sicht bedenklich. „Was ein Finanzbeamter unter allgemeiner Erfahrung versteht, liegt letztendlich in seinem eigenen Ermessen. Sein Spielraum ist relativ groß“, sagte Ingo Heuel, Rechtsanwalt und Steuerberater bei der Kanzlei Konlus dem Focus. Ein Beamter könnte schon misstrauisch werden, wenn jemand ein hohes Einkommen hat, aber kaum Geld mit diesem Kapital verdient, wie etwa durch Verzinsung des Vermögens.
Die Bürger erfahren erst im Nachhinein von der Kontoabfrage. Eine Behörde weißt den Kontobesitzer allgemein darauf hin, dass es eine Abfrage geben könnte und er die Gelegenheit hat, den Verdacht von selbst zu entkräften. Allerdings gibt es diesen Hinweis meist nur in amtlichen Vordrucken oder Merkblättern. Wenn die Behörde der Meinung ist, dass der Kontoinhaber nicht gewillt ist zu kooperieren, kann sie eine Abfrage durchführen ohne den Betroffenen zu informieren.
Wenn die Behörden eine Kontoabfrage durchführen wollen, hat der Bürger keine Möglichkeit sich zu wehren. 2007 erklärte das Bundesverfassungsgericht das Gesetz zur Abfrage von Konten weitgehend für verfassungskonform. Es gilt also weiterhin das Motto des Staates: „Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten.“
Dieses Motto gilt allerdings nur in eine Richtung. Der Staat ist zu keiner Auskunft verpflichtet. Er muss keine Begründung abgeben, warum er abfragt.
Mittlerweile ist der Staat bestrebt, die Einsicht mit technischen Systemen so zu verknüpfen, dass die Einsicht auf Knopfdruck zentral geschehen kann - PIN und PUK inklusive (mehr dazu hier).
Noch ist es nur die Einsicht der Konten. Doch die Wege zum Zugriff werden immer kürzer, wie man in Zypern eindrucksvoll gesehen hat.