Die EZB besteht im Vorfeld des Stresstests auf einer Banken-Eigenkapitalquote von 6 Prozent, um zu zeigen, dass das Kapital 6 Prozent des gesamten Vermögens in den Bilanzen nicht unterschreitet. Dies sagten zwei mit der Materie befasste Beamte.
Für Experten ist dies zu wenig (hier). Sie kritisieren, dass das Eigenkapital nicht der für die Gefährlichkeit entscheidende Faktor sei. Die EZB müsste die Banken zwingen, bei der Risiko-Gewichtung die Karten auf den Tisch zu legen. Aktuell operieren sie mit dem sogenannten Fair Value und nicht mit dem niedrigstmöglichen Verkaufspreis von Asstes, wie es zum Beispiel im HGB vorgeschrieben ist. Damit können die Banken ihre wahren Schwächen kaschieren, ihre Bilanzen nach Belieben frisieren und vor allem die Werte andauernd korrigieren - womit sie sich im Grund jedem ernstzunehmenden Stresstest entziehen.
Die Diskussion der EZB über die 6 Prozent sei Mikro-Management einer Krise, deren wirkliche Ursachen in anderen Bereichen - nämlich dem Risiko oder den verschiedenden Special Purpose Vehicles oder Schattenbanken liegen. Die EZB verzettle sich und laufe Gefahr, den nächsten Crash nicht rechtzeitig zu lokalisieren.
Auf die Gefahren bei der unzureichenden Bankenaufsicht hatte der kürzlich verstorbene Wirtschaftswissenschaftler Wilhelm Hankel immer wieder aufmerksam gemacht (hier bei einem sehr aufschlussreichen Vortrag in Tübringen, Video).
Eine Mehrheit der politischen Entscheidungsträger und technischen Beamten erreichten demnach einen Konsens über die Standards für die kommenden Banken-Stresstests der EZB. Die Sachverständigen erklärten demnach, dass Fragen hierzu „nicht identifiziert“ werden, da die Beratungen nicht öffentlich sind. Der Schwellenwert muss noch mit der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) abgestimmt werden, die die Stresstests koordiniert.
Eine kleine Zahl von Ländern möchte offenbar einen niedrigeren Bewertungsmaßstab für die Eigenkapitalquote erreichen bzw. einen einfacheren Vergleichsindex von weniger als 6 Prozent – nämlich 5 Prozent – durchsetzen, berichtet Bloomberg. Ein Orientierungswert von 6 Prozent wäre härter als die möglicherweise noch in Rede stehenden 5 Prozent.
Im Jahr 2011 hatte die EBA bei einem Stresstest 5 Prozent als Maßstab hinsichtlich der Eigenkapitalquoten unterlegt, um Mängel bei der Kapitalausstattung der Banken aufzudecken, insbesondere im Kontext mit einem „wirtschaftlich negativen Szenario“, in dem sich vor allem Staaten in Südeuropa damals befanden – und immer noch befinden.
Beim vergangenen Stresstest erwies sich das allerdings als zu wenig. Denn im Verlauf des Jahres 2012 brachen etliche Banken in Spanien und Zypern zusammen. Die Staaten mussten daraufhin die Banken mit ESM-Krediten unterstützen.
Spanien erhielt zur Bankenrettung einen ESM-Kredit von 41,4 Milliarden Euro, Zypern 9 Milliarden Euro. Deutschland ist am ESM mit 27,1 Prozent als Gläubiger beteiligt.
EZB-Präsident Mario Draghi hatte kürzlich erklärt, er sei entschlossen, Investoren davon zu überzeugen, der Banken-Stresstest werde gründlich und glaubwürdig verlaufen. Der Stresstest soll die Bilanzen von 130 großen Banken im Euroraum überprüfen, von der französischen BNP Paribas SA (BNP) bis zur Bank of Valletta Plc in Malta.
„Auf den ersten Blick sieht das 6-Prozent-Ziel überschaubar und weniger ehrgeizig aus, als die Leute erwartet haben“, sagte Antonio Guglielmi, Leiter der Aktienanalysten der Mediobanca SpA (MB) in London. „Gemessen daran, dass Mario Draghi erklärte, der Belastungstest solle glaubwürdig ablaufen, könnte dies auch bedeuten, dass die Kriterien der negativen Szenarien strenger ausfallen, als dies beim letzten Stresstest der EBA der Fall war.“
Eine EZB-Sprecherin betonte, eine endgültige Entscheidung hinsichtlich der Eigenkapitalquoten sei noch nicht getroffen worden.