Der angekündigten Aufkauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) wird von deutschen Geldhäusern und Versicherungen scharf kritisiert. „Der Schritt der EZB ist eine Zumutung“, sagte Alexander Erdland, Präsident des Versicherungsverbands GDV, am Donnerstag. Es sei ungewiss, ob das Programm wie von der Europäischen Zentralbank (EZB) erhofft zu mehr Investitionen und steigenden Preisen führe. „Sicher ist hingegen, dass weiterer Schaden für die Sparkultur in Deutschland angerichtet wird“, erklärte Erdland. „Denn das Ankaufprogramm verstärkt den Druck auf festverzinsliche Wertpapiere, die eine Säule der privaten Altersvorsorge sind.“
Die großen deutschen Bankenverbände halten das EZB-Vorgehen für übertrieben. „Ich kann auf breiter Front keine wirklichen Deflationsgefahren erkennen, die es zu bekämpfen gilt“, sagte Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon. Durch den Aufkauf von Staatsanleihen setze sich die Notenbank zudem immer mehr der Gefahr aus, neben der Geldpolitik auch Fiskalpoltik zu betreiben. „Damit setzt sie ihre Unabhängigkeit aufs Spiel.“ Fahrenschon fürchtet wie andere Politiker und Banker in Deutschland, dass durch das Vorgehen der EZB der Druck auf schwächelnde südeuropäische Länder sinkt, ihre Wettbewerbsfähigkeit durch Reformen zu stärken.
Die Banken leiden vor allem unter den rekordniedrigen Zinsen, die durch das Anleihenkaufprogramm zementiert werden. Die Institute müssten sich nun sowohl im Einlagengeschäft als auch im Handel auf zusätzlichen Druck einstellen, wie Deutsche-Bank -Co-Chef Anshu Jain bereits am Mittwoch gewarnt hat. Außerdem verdienen die Finanzinstitute weniger, wenn sie ihr Geld in Staatanleihen anlegen, da diese wegen des EZB-Programms noch weniger abwerfen werden.
Statt in Staatsanleihen könnten Investoren die steigende Liquidität künftig in riskantere Anlageformen stecken, fürchtet Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Privatbankenverbandes BdB. „Dann steigt spürbar die Gefahr von Vermögenspreisblasen, von falschen Risikobewertungen und fehlgelenkten Investitionen.“ Auch das Risiko von Währungsturbulenzen und Abwertungswettläufen nehme zu, was erfahrungsgemäß zu weniger Investitionen führe.
„Mit dieser aktionistischen Politik trägt die EZB zur Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger bei“, sagte Uwe Fröhlich, der Präsident des Genossenschaftsverbands BVR. Die Notenbank müsse sich nun in ruhigeres Fahrwasser bewegen und auf weitere Liquiditätsspritzen verzichten. „Der Euroraum braucht eine geldpolitische Pause.“ Zudem forderte Fröhlich die EZB auf, die negativen Zinsen abzuschaffen, die Banken derzeit auf Einlagen bei der Notenbank bezahlen müssen. „Ein Ende des geldpolitischen Experiments mit negativen Zinssätzen wäre für die Sparer in Europa ein positives Signal, das deren Verunsicherung entgegenwirken würde.“