Politik

Kiew: Maskierte stürmen neues Protest-Lager auf dem Maidan

Eine anonyme Gruppe von Maskierten hat ein Protest-Lager auf dem Maidan gestürmt. Die Polizei hat offenbar nicht eingegriffen. Die Demonstranten protestieren gegen die Erhörung der Energiepreise und die Senkung der Renten. Beide Maßnahmen waren vom IWF als Bedingung für neue Kredite gefordert worden.
08.06.2015 11:54
Lesezeit: 1 min

Dutzende Maskierte haben im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt Kiew ein neues Protestlager mit Zelten von Regierungsgegnern gestürmt und mit Gewalt geräumt. Ein Teil der etwa 30 Demonstranten auf dem Maidan - dem Unabhängigkeitsplatz - sei festgenommen worden, berichteten die russische TASS und die dpa. Einer der Anführer des Protests, Rustam Tashbaev, wurde verhaftet. Video-Aufnahmen des russischen Staatssender RT sollen zeigen, dass die Polizei der Gewalt untätig zugesehen hat. Es sollen Schreie aus den Zelten gehört worden sein. Die Echtheit dieser Informationen lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen.

Die Protestierenden hatten am Vorabend das Zeltlager aufgebaut und unter anderem den Rücktritt von Präsident Petro Poroschenko und Regierungschef Arseni Jazenjuk gefordert. Sie verlangten die Rücknahme von Energiepreiserhöhungen sowie einen Inflationsausgleich für Renten und Mindestlöhne.

In Kiew kommt es immer wieder zu Protesten vor allem mit sozialen Forderungen. Die prowestliche Führung, die nach gewaltsamen Massenprotesten auf dem Maidan im vergangenen Jahr an die Macht gekommen war, wirft den Demonstranten vor, von russischen Geheimdiensten gesteuert und bezahlt zu sein. Auf Flugblättern war von einem «Maidan 3.0» die Rede - nach den beiden Massenprotesten 2004/2005 und 2013/2014.

Bereits am Samstag war es bei einer Homosexuellen-Demo zu gewalttätigen Übergriffen von rechtsextremen gekommen.

Ultranationalisten hatten in Kiew fünf Polizisten verletzt. Ein Uniformierter habe eine schwere Halsverletzung erlitten, als er den Angriff Rechtsextremer auf den «Marsch der Gleichheit» von Schwulen und Lesben abwehren wollte, wie das Innenministerium in Kiew am Samstag mitteilte. Es gab demnach etwa 25 Festnahmen. Etwa 200 Menschen hatten trotz Bedrohungen aus der rechten Szene unter starkem Polizeischutz und weit entfernt vom Stadtzentrum für die Rechte von Schwulen und Lesben demonstriert.

Die teils Vermummten versuchten, die Kundgebung mit Knallkörpern und Knüppeln aufzulösen.

An dem geheim organisierten Demonstrationszug mit Regenbogenfahnen und Trommelwirbel nahmen ukrainische Parlamentsabgeordnete und Menschenrechtler teil. Auch eine deutsche Delegation der Partnerstadt München mit Stadträtin Lydia Dietrich und die EU-Abgeordnete Terry Reintke waren unter den Teilnehmern.

Im Vorfeld hatte Bürgermeister Vitali Klitschko die Organisatoren nach Gewaltdrohungen noch aufgefordert, die Veranstaltung abzusagen. Präsident Petro Poroschenko hatte die Demonstration allerdings als «verfassungsmäßiges Bürgerrecht» verteidigt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ukraine-Krieg: Frieden zwischen Ukraine und Russland kann neue Aktienrallye in Europa auslösen
20.04.2025

Deutschland als größte Volkswirtschaft Europas leidet in besonderem Maße unter den wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs. Hohe...

DWN
Politik
Politik Was sich im Mai ändert: Neue Namensregeln, schärferer Biomüll-Kurs und Abschied von Skype
20.04.2025

Im Mai 2025 kommen wichtige Änderungen auf Bürger zu: Neue Nachnamensregeln für Familien, strengere Biomüll-Kontrollen, digitale...

DWN
Finanzen
Finanzen Ride Them Out: Den richtigen Moment in der Börsen-Blasen-Strategie finden
20.04.2025

Die Finanzwelt steht immer wieder vor der Frage, wie man in turbulenten Zeiten richtig handelt. Dieser Artikel beleuchtet, warum es oft...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Abschottung statt Gastfreundschaft: Trumps zweite Amtszeit trifft Amerikas Tourismusindustrie
20.04.2025

Internationale Reisende meiden die USA – Fälle willkürlicher Festnahmen an den Grenzen häufen sich. Europas Touristen ziehen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Shell: Asien als Haupttreiber des LNG-Wachstums bis 2040
20.04.2025

Shell prognostiziert einen Anstieg des globalen LNG-Verbrauchs um 60 Prozent bis 2040, vor allem getrieben durch die steigende Nachfrage in...

DWN
Politik
Politik Asien-Investor: „Jetzt beginnt Trumps Schicksalsvierteljahr“
20.04.2025

Ein schwedischer Analyst in Vietnam sieht das Weiße Haus vor einem Finanzbeben – und erkennt zugleich geopolitische Chancen für...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlands Brücken sind marode – reicht eine Finanzspritze aus?
20.04.2025

Deutschlands Brücken sind in einem kritischen Zustand – ein aktuelles Beispiel ist die A100-Brücke in Berlin. Die sogenannte...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft De-minimis-Ausnahme: Trump hat europäischen Unternehmen bisher ein Geschenk im Wert von 800 Dollar hinterlassen
19.04.2025

Trumps Zollpolitik ermöglicht es europäischen Unternehmen, Waren bis 800 Dollar zollfrei in die USA zu versenden. Doch Experten warnen,...