Politik

Ungarn: Hunderte Flüchtlinge brechen aus Aufnahme-Lager aus

Etwa 300 Flüchtlinge sind am Freitag aus einem Aufnahme-Lager in Ungarn ausgebrochen. Zahlreiche Flüchtlinge sind derzeit zu Fuß auf dem Weg in Richtung Österreich. Auf der griechischen Insel Lesbos ist es so schweren Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Flüchtlingen gekommen. Die Flüchtlinge hatten versucht, auf einer Fähre Platz zu finden.
04.09.2015 17:55
Lesezeit: 2 min

Etwa 300 Menschen sind aus dem Erstregistrierungslager Röszke an der ungarisch-serbischen Grenze ausgebrochen. Die Polizei bestätigte entsprechende Berichte ungarischer Medien. Die Flüchtlinge waren aufgebracht über die langen Wartezeiten in der eingezäunten Einrichtung. Viele liefen auf die Autobahn, die nach Budapest führt. Einige Dutzend von ihnen habe die Polizei später wieder aufgegriffen in das Lager zurückgebracht, hieß es laut dpa.

Hunderte Flüchtlinge haben sich in Ungarn zu Fuß auf den Weg gemacht, um ihre Reise nach Westeuropa fortzusetzen. Mit Händen und Füßen wehren sie sich gegen eine Registrierung in Ungarn, weil sie befürchteten, in diesem Fall in dem Land festgehalten zu werden, das wegen seiner Flüchtlingspolitik international am Pranger steht. Viele Migranten wollen sich weiter nach Deutschland durchschlagen.

Allein am Ostbahnhof von Budapest brachen am Freitag mehrere hundert Menschen auf, um über Ungarns Autobahn 1 nach Österreich zu marschieren. Bis zur Landesgrenze sind es etwa 170 Kilometer. Sicherheitskräfte hatten mehrere Züge Richtung Westgrenze gestoppt, um Flüchtlinge an der Weiterreise zu hindern.

Illegaler Grenzübertritt gilt in Ungarn vom 15. September an nicht mehr nur als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat. Das beschloss das Parlament am Freitag im Eilverfahren auf Initiative des rechtskonservativen Innenministers Sandor Pinter. Schlepper sollen mit bis zu 20 Jahren Haft bestraft werden.

Das zehnteilige Gesetzespaket zur Verhinderung der illegalen Einwanderung beinhaltet auch die Einrichtung von Transitzonen für Flüchtlinge direkt an der Grenze. Sie sollen zur serbischen Seite hin offen sein, auf der ungarischen geschlossen. Die Transitzonen sind als größere Flächen geplant, auf denen sich Flüchtlinge bis zum Ende ihres Asylverfahrens aufhalten dürfen.

Auf der Autobahn Richtung Wien marschierten am Freitagabend etwa 600 Menschen, wie Augenzeugen berichteten. Die Polizei ließ die Flüchtlinge gewähren. Zwischendurch ließen sie sich immer wieder am Grünstreifen zu einer kurzen Rast nieder. Freiwillige Helfer brachten mit Autos Wasser und Kekse für die Marschierenden. Die Polizei stoppte zwischenzeitlich den Verkehr.

In der Stadt Bicske - knapp 40 Kilometer westlich von Budapest - verbrachten etwa 500 protestierende Flüchtlinge die Nacht zum Freitag in einer Bahn. Sie wehrten sich gegen ihren geplanten Transport in ein Flüchtlingslager.

Rund 300 von ihnen brachen am Freitag auf, um entlang der Schienen Richtung Österreich zu laufen. Bis zur ungarisch-österreichischen Grenze sind es von dort etwa 200 Kilometer. Weitere 50 Menschen seien auf dem Weg zurück in Richtung Budapest, berichtete die staatliche ungarische Nachrichtenagentur MTI. Die Polizei habe sie nicht aufhalten können. Mehrere Dutzend Menschen blieben zunächst im Zug.

Ein zweiter Zug mit Flüchtlingen wurde am Donnerstag im Dorf Nagyszentjanos gestoppt. Alle 120 Reisenden wurden in Flüchtlingslager gebracht. Augenzeugen berichteten auch von weiteren Durchsuchungen von Zügen.

Auf der griechischen Insel Lesbos sind Flüchtlinge und die Polizei aufeinander losgegangen. Rund 200 noch nicht registrierte Migranten hätten im Hafen versucht, auf eine Fähre zu kommen, sagte ein Sprecher der Küstenwache am Freitag. Sie seien von der Polizei und der Küstenwache zurückgedrängt worden. Auf Fernsehbildern sind Flüchtlinge zu sehen, die Steine auf die Polizisten werfen. Diese setzten demnach Tränengas ein.

Über griechische Inseln kommen derzeit Tausende Flüchtlinge aus der Türkei, von denen die meisten dann über die sogenannte Balkanroute nach Deutschland und Schweden weiterreisen. Anders als auf der Insel Kos war die Lage auf Lesbos die vergangenen Monaten aber ruhig geblieben. Die Flüchtlinge wurden in Aufnahmezentren nahe der Inselhauptstadt Mytilene registriert und reisten dann weiter. Der Bürgermeister von Mytilene bat die Regierung in Athen nun dringend um Hilfe. "Seit vier Monaten sage ich, dass ich eine Bombe in den Händen halte und die Zündschnur langsam herunterbrennt", sagte Spyros Galinos im staatlichen Fernsehsender ERT. Er habe bereits am Mittwoch beantragt, auf den Notstand ausrufen zu dürfen.

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