Die FPÖ hat nach der offiziellen Anfechtung der Wahl erhebliche Details zu Pannen bei der Bundespräsidentenwahl in Österreich präsentiert. Nach Darstellung der des FPÖ-Rechtsbeistands, des früheren Justizministers Böhmdorfer, wurde der äußere der beiden Umschläge der Briefwahlstimmen gesetzwidrig in 120.000 Fällen bereits am Wahltag geöffnet. Dann seien die durch diesen Vorgang eigentlich ungültigen Stimmen am Folgetag aber ausgezählt worden, sagte der FPÖ-Rechtsbeistand Dieter Böhmdorfer am Mittwochabend in der ORF-Nachrichtensendung «ZiB2». Die Auszählung der Briefwahlstimmen ist erst ab 9 Uhr des Folgetags erlaubt. Die Gesetzeslage ist hier eindeutig: Geöffnte Kuverts machen die Stimmen nichtig, weshalb sie nicht mitgezählt werden dürfen. Sollte der Verfassungsgerichtshof diese Auffassung teilen, muss die Wahl wiederholt werden.
In 94 von insgesamt 117 Bezirkswahlbehörden wurden von der FPÖ Gesetzeswidrigkeiten dokumentiert. In 82 Bezirkswahlbehörden waren die Briefwahlkarten vor Eintreffen der Wahlkommission vorsortiert in miteinzubeziehende und nicht miteinzubeziehende Wahlkarten. Dies betrifft 573.275 eingelangte Wahlkarten, davon wurden 31.814 als nichtig vorsortiert.
In 11 Bezirkswahlbehörden waren die Briefwahlkarten vor Beginn der Auszählung bereits geöffnet und in einigen war der Stimmzettel bereits sogar aus den Stimmkuverts entnommen. Davon betroffen sind 80.953 eingelangte Wahlkarten. In 4 Bezirkswahlbehörden waren zu Beginn der Sitzung die Wahlkartenstimmen bereits ausgezählt. Davon betroffen sind 30.295 eingelangte Wahlkarten. In 7 Bezirkswahlbehörden erfolgte die Auszählung nicht durch die Bezirkswahlbehörde, sondern durch nicht zuständige Personen. Davon betroffen sind 58.374 eingelangte Wahlkarten.
Der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer war in der Stichwahl am 22. Mai dem von den Grünen unterstützten Bewerber Alexander Van der Bellen nur um knapp 31.000 Stimmen unterlegen. Wegen der Unregelmäßigkeiten hat die FPÖ am Mittwoch die Wahl vor dem Verfassungsgerichtshof in Wien angefochten. Das Höchstgericht muss binnen vier Wochen entscheiden, ob die Wahl ganz, in Teilen oder gar nicht wiederholt werden muss.
Auch der juristische Berater Van der Bellens spricht von einem echten Skandal - und hält die Anfechtung durch die FPÖ für richtig. Der Verfassungs-Jurist Heinz Mayer bezeichnete die Vorgänge als «unfassbare Schlamperei». Er sieht angesichts der Fülle der Vorwürfe kaum eine Chance zur Einhaltung der Vier-Wochen-Frist. «Das scheint mir nicht möglich», sagte Mayer in der «ZiB2». Der neue Präsident soll am 8. Juli vereidigt werden. Im Notfall würde das Präsidium des Nationalrats die Geschäfte des Staatsoberhaupts kommissarisch übernehmen.
Böhmdorfer sagte im ORF, dass die FPÖ den Spruch des Höchstgerichts in jedem Fall akzeptieren werde. Er glaubt nicht, dass die Überprüfung mehr als vier Wochen dauern muss - weil seiner Ansicht nach die Verstöße derart offensichtlich sind, dass eine Grundlage für eine Entscheidung auch in kurzer Zeit gegeben sei.