Der britische Außenminister Boris Johnson hat sich bei einem Besuch in Italien dafür ausgesprochen, Flüchtlingsboote auf dem Mittelmeer nach Libyen zurückzudrängen. Angesichts der hohen Zahl von Flüchtlingen, die Italien ansteuern, sei die britische Regierung entschlossen, "Italien zu helfen", sagte Johnson am Donnerstag bei einer Pressekonferenz mit seinem italienischen Kollegen Paolo Gentiloni in Florenz.
Hinter der Forderung steht eine rechtliche Überlegung: Wenn Flüchtlinge von EU-Hilfskräften aus Seenot gerettet werden, können sie nicht mehr als illegal Einreisende eingestuft werden. Diese Bedenken hat auch die EU-Kommission, wie die Deutschen Wirtschafts Nachrichten aus dem Umfeld der Kommission erfuhren. Demnach hätte sich bei den Schleppern bereits herumgesprochen, dass die Rettung aus dem Mittelmeer eine Abschiebung faktisch unmöglich mache: Es gehöre daher mittlerweile zum Geschäftsmodell der Schlepper, die Flüchtlinge und Migranten gezielt in brüchige Boote zu setzen, die im Grund keine Chance haben, das Meer unbeschadet zu überqueren.
"Wir wissen um unseren Anteil der Arbeit", sagte Johnson unter Hinweis auf die britischen Kriegsschiffe "HMS Diamond" und "HMS Enterprise", die an der europäischen Marinemission "Sophia" im Mittelmeer beteiligt sind. Durch das Zurückdrängen von Schiffen könne eine "abschreckende Wirkung" erzielt werden. Gentiloni sagte, die italienische Regierung betrachte die Fluchtbewegung über das Mittelmeer nicht als ein italienisches, sondern als ein europäisches Problem.
Seit 2014 trafen an den italienischen Küsten mehr als 450.000 Flüchtlinge ein. Der UN-Sondergesandte für Libyen, Martin Kobler, sagte am Donnerstag, in Libyen warteten derzeit 235.000 Flüchtlinge auf eine Überfahrt nach Italien.