Politik

Türkei warnt: Ein Krieg mit Syrien ist „nicht fern“

Der türkische Premier Recep Tayyip Erdoğan hat am Freitag verdeutlicht, wie ernst die Lage zwischen der Türkei und seinem einst befreundeten Nachbarn Syrien ist. Man sei „nicht fern“ von einem Krieg, sagte Erdogan. Die Gefahr, dass sich der Aufstand gegen Syriens Machthaber Bashar al-Assad doch noch zu einem Flächenbrand ausbreiten könnte, ist noch nicht gebannt.
06.10.2012 11:32
Lesezeit: 2 min

In einer kämpferischen Rede in Istanbul warnte der türkische Premier Erdoğan das Regime Assad, dass es einen fatalen Fehler begehe, wenn es sich auf einen Kampf mit der Türkei einlassen würde. „Wir sind nicht an einem Krieg interessiert, aber wir sind auch nicht weit davon entfernt“, zitiert ihn die Nachrichtenagentur Reuters. Diejenigen, die die Kapazitäten der Türkei, ihre Entschlossenheit und ihre Abschreckungswirkung auf die Probe stellen wollten, würden einen schwerwiegenden Fehler machen.

Vorfall in Akçakale war der bisher schwerste in dem seit 19 Monaten andauernden Konflikt

Der UN-Sicherheitsrat verurteilte den syrischen Granatenangriff vom vergangenen Mittwoch und forderte Syrien auf, solche Verletzungen des Völkerrechts sofort zu unterlassen. Quasi umgehend sicherten die Vereinigten Staaten zu, hinter ihrem NATO-Verbündeten und dessen Recht auf Selbstverteidigung gegen Angriffe aus Syrien zu stehen. Die Türkei, so die Ansicht in den USA, habe angemessen reagiert.

Der jüngste grenzüberschreitende Vorfall in Akçakale war der bisher schwerste in dem seit 19 Monaten andauernden Konflikt und verdeutlichte noch einmal, wie schnell die gesamte Region von den innersyrischen Unruhen ergriffen werden könnte. Mittlerweile ist die Gewalt bereits in andere Nachbarstaaten geschwappt. Davon zeugen etwa die jüngsten Massenentführungen im Libanon vor einigen Wochen.

Insgesamt, so fasst die Nachrichtenagentur Reuters zusammen, seien bereits mehr als 30.000 Menschen im Zuge der Aufstände gegen Machthaber Assad gestorben. Eine Revolte, die einst mit friedlichen Straßenprotesten begann und sich nun zu einem ausgewachsenen Bürgerkrieg entwickelt hat. Allein am vergangenen Donnerstag seien landesweit mehr als 180 Todesfälle verzeichnet worden, darunter auch 48 Soldaten des syrischen Regimes.

Türkei lässt Kriegsschiffe ins Mittelmeer auslaufen

Von Seiten Syriens gibt es bisher noch keine formelle Entschuldigung ob der Vorfälle vom vergangenen Mittwoch. Zwar versicherte Syriens Verbündeter Russland, dass man aus Damaskus das Versprechen habe, dass der jüngste Granatenbeschuss ein tragischer Unfall gewesen wäre. Der türkische Premier glaubt nicht an politische Unfälle. Das Land habe mittlerweile deutlich gemacht, dass man weitere Vergeltungsschläge starten werde, wenn es noch einmal zu einem Überschwappen der Gewalt auf das eigene Territorium kommt. Gleichzeitig erfolgte jedoch die Zusicherung im Rahmen des internationalen Völkerrechts und in Abstimmung mit anderen ausländischen Mächten zu handeln.

Nach der Parlamentsabstimmung am vergangenen Donnerstag hatte der türkische Premier betont, dass es sich bei der Entscheidung keinesfalls um ein Kriegsmandat handle. Das Gesetz solle abschreckende Wirkung haben, an einem Krieg sei man nicht interessiert. Doch tatsächlich scheint das Säbelrasseln erneut zu beginnen. Wie ebenfalls am Freitag bekannt wurde, sind bereits türkische Kriegsschiffe in See gestochen, um Präsenz im Mittelmeer zu zeigen.

Auf einen weiteren Granatenbeschuss am Samstag reagierte die Türkei demonstrativ gelassen (hier).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Bundeswehr: Rüstung auf dem Papier – Defizite auf dem Feld
29.06.2025

Die Bundeswehr bleibt trotz 100-Milliarden-Sondervermögen kaum einsatzfähig. Es fehlt an Ausrüstung, Personal und Struktur. Ist das...

DWN
Politik
Politik Experte fürchtet politischen Schock in Europa: „Es ist tatsächlich beängstigend“
28.06.2025

Europa taumelt: Rechte Parteien sind auf dem Vormarsch, Frankreich droht der Machtwechsel. Experte Rahman warnt: Das „Trump-Moment“...

DWN
Technologie
Technologie Neue Technologien am Körper: Gehirnimplantate, künstliche Intelligenz, elektronische Tattoos
28.06.2025

Hightech greift immer direkter in den menschlichen Körper ein. Ob Gehirnimplantate, elektronische Tattoos oder künstliche Intelligenz...

DWN
Politik
Politik Machtverlust oder Wendepunkt? Irans Zukunft nach dem Konflikt
28.06.2025

Nach dem militärischen Schlagabtausch mit Israel steht der Iran politisch und gesellschaftlich unter Druck. Zwischen Machtkonsolidierung,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen So gelingt der Einstieg: KI im Personalwesen mit System etablieren
28.06.2025

Künstliche Intelligenz erobert Schritt für Schritt das Personalwesen. Deutschland liegt im europäischen Vergleich weit vorne – doch...

DWN
Politik
Politik Familienkonzern Trump: Wie der Präsidenten-Clan Milliarden scheffelt
28.06.2025

Die Trump-Familie vermischt Politik und Profit wie nie: Während Donald Trump das Weiße Haus beherrscht, expandieren seine Söhne mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Börsenausblick 2025: Drohen jetzt heftige Kursbeben?
28.06.2025

Die Sommermonate bringen traditionell Unruhe an den Finanzmärkten. Mit Trump im Weißen Haus steigen die Risiken zusätzlich. Erfahren Sie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden für heiße Luft: Ex-OpenAI-Chefin kassiert ohne Produkt
28.06.2025

Ein Start-up ohne Produkt, eine Gründerin mit OpenAI-Vergangenheit – und Investoren, die Milliarden hinterherwerfen. Der KI-Hype kennt...