Nun kommt es raus: SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat zwei Vorträge zunächst nicht ordnungsgemäß offengelegt. Er bezeichnete das von dem von ihm beauftragten Wirtschaftsprüfer herausgefundene Versäumnis als „eine Nachlässigkeit von mir“. Wie das passieren konnte? Steibrück: „Ich hab es einfach verschwitzt.“
Steinbrück hatte zwei Vorträge vom Oktober 2011 „nach Aktenlage nicht entsprechend den Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages angezeigt“. Die beiden Reden wurden dem im Internet veröffentlichten Prüfbericht zufolge bei der Kerkhoff Consulting GmbH und der Südwestbank AG gehalten.
Steinbrück beklagte nach dem Bekanntwerden der verschwiegenen Vorträge, dass man ihm einen „einen Stein an den Kopf werfen“ wolle, weil er ein Sozialdemokrat sei. Bei anderen werde nicht so akribisch nachgefragt.
Steinbrücks Wehleidigkeit ist unangebracht: Mit bemerkenswerter Arroganz hat er stets versucht, Fragen oder Nachfragen zu seinen Nebentätigkeiten abzubügeln. Er hat den Eindruck erweckt, dass die Frager lästige Fliegen sind, die nichts anderes im Sinne haben, als ihm hinterrücks zu schaden - und zwar angestiftet vom politischen Feind. Dass nun sein Reinwaschungsversuch ein ebensolcher Rohrkrepierer wird wie seinerzeit die legendäre, die den Dopingverdacht des Fußballtrainers Christoph Daum erst bestätigt hat, mag für ihn ärgerlich sein.
Steinbrück beweist mit seiner störrischen Selbstgefälligkeit ein ordentliches Maß an Realitätsverlust: Es ist von Interesse, wo er als ehemaliger Finanzminister und großer Freund der Banken auftritt. Es ist von noch größerem Interesse, was er dafür kassiert.
Steinbrück scheint allerdings vor allem den politischen Instinkt verloren zu haben - und erinnert in diesem Punkt mit jedem Tag mehr an Christian Wulff: Auch dieser hatte sich hinter seiner Verschwörungstheorie verschanzt und immer wieder beteuert, er habe nichts anderes getan als andere Politiker auch.
Dasselbe Muster verfolgt Steinbrück jetzt auch. Und man kann ihn - menschlich - verstehen: Jeder Sozialdemokrat muss sich ärgern, wenn er sieht, wie Gerhard Schröder bei der Gazprom abkassiert - und natürlich hat Schröder in seiner politischen Ära mit einem Auge auf seine wirtschaftlichen Optionen im Leben nach der Politik geschielt.
Das ist ärgerlich - aber Schröder ist heute ein Privatmann, der nur einen Teil seines Lebensunterhalts von der steuerfinanzierten Pension bezahlt.
Steinbrück aber ist in die politische Arena zurückgekehrt. Damit gelten für ihn dieselben Gesetze wie für alle Politiker. Und die Fragen nach Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit sind nicht mehr seine Privatsache. Er muss damit rechnen, dass er an seinen Worten gemessen wird. Er kann doch in einer essentiellen Sache, wo er stets getönt hat: Habe alles und jedes gemeldet! - nun doch nicht einfach zurückrudern, und behaupten: Ach was, das ist ein Lappalie - haben wir eben verschwitzt!
Steinbrück irrt, wenn er er glaubt, dass er seine Kritiker durch Überheblichkeit wegblaffen kann. Er täuscht sich, wenn er meint, nach dem Prinzip handeln zu können: Je schärfer der Ton gegenüber meinen Kritikern, desto höher meine Glaubwürdigkeit.
Steinbrück ist dabei, in eine fatale Falle zu laufen. Auf dem Schild dorthin steht: Wer einmal lügt verschwitzt, dem glaubt man nicht...