Politik

Nato und USA warnen Russland wegen Krim

Lesezeit: 3 min
27.02.2014 21:28
Der Westen warnt Russland vor einer Militäraktion auf der Krim. Das nach Russland orientierte Parlament beschloss am Donnerstag eine Volksbefragung über den Verbleib in der Ukraine.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Westen warnt Russland als Reaktion auf die militärischen Muskelspiele vor einer Intervention in der Ukraine. Die russischen Manöver an der Grenze zwischen beiden Ländern würden genau beobachtet, erklärte US-Verteidigungsminister Chuck Hagel am Donnerstag in Brüssel nach einer Konferenz der Nato-Verteidigungsminister. Russland versetzte nach der Armee auch Teile der Luftwaffe in Alarmbereitschaft und kündigte an, die Rechte seiner Landsleute auf der Halbinsel Krim "stark und kompromisslos" zu verteidigen. In Simferopol - die Hauptstadt der Krim - besetzten Demonstranten das Regionalparlament und hissten die russische Flagge. In Kiew stellte die frisch gewählte Übergangsregierung unterdessen die Weichen für dringend benötigte Finanzhilfen.

Das Außenministerium in Moskau erklärte, in der Ukraine gebe es in großem Stil Menschenrechtsverletzungen, Angriffe und Vandalismus. Der Übergangsregierung in Kiew sprach Russland das Recht ab, im Namen aller Ukrainer zu handeln. Es sei eine Regierung der "Gewinner". Die dem gestürzten Präsidenten Wiktor Janukowitsch zugesagte Bildung einer Regierung der nationalen Einheit sei ausgeblieben, kritisierte das Ministerium. Den per Haftbefehl gesuchten Janukowitsch stellte Russland unter persönlichen Schutz. Dieser will nach einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur RIA am Freitag eine Pressekonferenz in der russischen Stadt Rostow am Don abhalten. In einer Erklärung bezeichnete Janukowitsch die neuen Machthaber in Kiew als "Extremisten", die vom "Mob" gewählt worden seien. Er sei immer noch das legitime Staatsoberhaupt, erklärte Janukowitsch und forderte die Rückkehr des Landes "auf den Boden der Verfassung".

Im Westen löste das russische Vorgehen große Sorgen aus. "Ich glaube, es sollte keinen Zweifel daran geben, dass jede Art militärischer Intervention, die die Hoheit und territoriale Einigkeit der Ukraine verletzt, einen großen und schweren Fehler darstellt", sagte in Washington US-Außenminister John Kerry. Eine Intervention werde zudem sehr teuer bezahlt werden. Es reiche nicht, den Menschen in der Ukraine für deren Mut und Überzeugungen zu applaudieren und dann nichts zu tun. "Ich denke, das wäre unmoralisch", sagte Kerry. In Brüssel forderte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen Russland auf, alles zu unterlassen, was zur Eskalation der Lage oder zu Missverständnissen führen könnte.

Das von Milizen besetzte Regionalparlament in der Hauptstadt Simferopol hat am Donnerstag die Regionalregierung kurzerhand entmachtet und eine Volksbefragung über die Zukunft der mehrheitlich russischsprachigen Region beschlossen. Sie ist für den 25. Mai angesetzt - also zeitgleich mit den Präsidentenwahlen in der Ukraine.

Auf beiden Seiten gab es aber auch versöhnliche Töne. Ein Sprecher des russischen Außenministeriums sagte, Russland sei bereit, mit dem Westen bei der Lösung der Krise in der Ukraine zusammenzuarbeiten. Voraussetzung sei, dass ein Kompromiss im Interesse aller Ukrainer gefunden werde. Hochrangige Nato-Militärs erklärten, es gebe keinerlei Pläne auf eine eventuelle Intervention Russlands zu reagieren. Der georgische Verteidigungsminister Irakli Alasania bezeichnete einen Militäreinsatz Russlands im Reuters-Interview als äußerst unwahrscheinlich.

In der Ukraine verlagerte sich der Brennpunkt der Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern von Janukowitsch und den neuen Machthabern auf die Krim. Während in Kiew eine Übergangsregierung bis zur Präsidentenwahl am 25. Mai gewählt wurde, schafften in der Krim-Hauptstadt Simferopol pro-russische Demonstranten mit den Besetzungsaktionen neue Fakten. Der Chef der Regionalregierung erklärte, er habe mit den Männern telefoniert. Sie hätten keine Forderungen gestellt und nicht erklärt, warum sie die Gebäude besetzt hätten. Zeugen erklärten, die Männer in Uniformen ohne Abzeichen sprächen Russisch.

Der amtierende ukrainische Präsident Olexander Turtschinow rief angesichts der angespannten Lage zur Ruhe auf. Russland warnte er, Truppenbewegungen außerhalb des Militärhafens der russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol würden von der Ukraine "als aggressiver Akt" bewertet. In Sewastopol ist die russische Schwarzmeerflotte stationiert. Die Krim war lange Zeit Teil des russischen Reiches und wurde erst 1954 Teil der Ukraine. Im Osten der Ukraine und auf der Krim leben viele ethnische Russen.

In Kiew erklärte der frisch gewählte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk, für die Ukraine seien internationale Finanzspritzen überlebenswichtig. "Wir müssen sofort einen Vertrag mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) unterzeichnen", kündigte er an. Der IWF teilte mit, kommende Woche werde ein Expertenteam in die Ukraine reisen. Als Reaktion auf die Ereignisse auf der Krim fiel der Wechselkurs der ukrainischen Währung Hrywnia auf ein neues Rekordtief zum Dollar. Den neuen Regierung in Kiew hat kaum Geld, um weiter Löhne und Gehälter zahlen zu können. Kerry erklärte, die USA würden einen Sofortkredit in Höhe von einer Milliarde Dollar erwägen, um die Zahlungsunfähigkeit des Staates abzuwenden.

Jazenjuk erhob schwere Vorwürfe gegen Janukowitsch. Es seien 37 Milliarden Dollar verschwunden, die die gestürzte Regierung als Kredit erhalten hatte. In den vergangenen drei Jahren seien insgesamt rund 70 Milliarden Dollar außer Landes geflossen, sagte Jazenjuk im Parlament in Kiew.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Kommt die Wegzugsbesteuerung für deutsche Fondsanleger? Neues Hindernis gegen die Abwanderung ins Ausland beschlossen
23.11.2024

Eine geplante Wegzugsbesteuerung bei Investmentfonds soll zunehmende Abwanderung von Geld und Fachkräften aus Deutschland stoppen! Wie die...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
23.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenz von HH2E: Rückschlag für Habecks Energiewende - Wasserstoffprojekte in Sachsen in Gefahr
23.11.2024

Der Wasserstoff-Spezialist HH2E hat Insolvenz angemeldet, die Finanzierung durch ein britisches Private-Equity-Unternehmen ist gestoppt....

DWN
Panorama
Panorama 2050: Was erwartet Kinder in der Zukunft?
23.11.2024

Klimawandel, technologische Entwicklungen und demografische Veränderungen werden das Aufwachsen von Kindern in der Zukunft prägen, so die...

DWN
Technologie
Technologie Elektrifizierung: Wind und Solar boomen, doch Kohle bleibt der weltweit bedeutendste Energieträger
23.11.2024

Der Ausbau emissionsfreier Energieerzeugungskapazitäten schreitet in Rekordtempo voran. Doch auch die Nutzung von Kohle zur Stromerzeugung...

DWN
Panorama
Panorama Plastikmüll bekämpfen: UN-Abkommen soll globale Umweltverschmutzung eindämmen
23.11.2024

Plastikmüll ist eine wachsende Gefahr für Umwelt und Meere. Forschende aus den USA zeigen, wie vier Maßnahmen den falsch entsorgten...

DWN
Politik
Politik Deutschland prüft Vorgehen nach Haftbefehl für Netanjahu
23.11.2024

Die Bundesregierung steht nach dem Haftbefehl gegen Israels Regierungschef vor einem Dilemma. Noch ist offen, wie sie sich positioniert....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft US-Regierung: Google muss Chrome-Browser verkaufen
23.11.2024

Die US-Regierung will vor Gericht durchsetzen, dass Google sich vom weltweit meistbenutzten Webbrowser Chrome trennen muss. Das...