Politik

Britischer Boulevard schießt sich auf Angela Merkel ein

Die Kolumnistin der Daily Mail rechnet mit der Willkommenskultur ab. Die Autorin des Massenblatts macht Angela Merkel für den Terror von Brüssel mitverantwortlich. In den USA wird die Diskussion differenzierter geführt. Während Donald Trump weiter gegen die Muslime wettert, beobachtet die New York Times einen Kampf der Ideen in Europa.
24.03.2016 01:02
Lesezeit: 2 min

Die Kolumnistin von The Daily Mail, Katie Hopkins, kritisiert Merkels Flüchtlingspolitik und die EU scharf. Die ehemalige unabhängige Kandidatin für das EU-Parlament twittert: „Jeder von euch, der gesagt hat, Flüchtlinge sind willkommen – wenn ihr gesagt habt, ,lasst sie rein‘: Ihr seid verantwortlich für Brüssel.“

In einer weiteren Twitter-Nachricht schreibt sie: „Wie kann man den Menschen von der Politik trennen. Merkel und ihresgleichen haben Brüssel zur Explosion gebracht.“

Die neokonservative US-Denkfabrik American Enterprise Institute (AEI) berichtete im Januar, dass zumindest die vorübergehende Aussetzung des Schengen-Abkommens eine „weise Entscheidung“ wäre. Schließlich bedrohe der IS alle EU-Staaten. Die Brüsseler Anschläge werden Merkel, so das AEI, weiter schwächen, weil die Europäer die Flüchtlings-Krise als Auslöser der Anschläge von Paris und Brüssel sehen. „Die Terror-Attacken könnten das Ende von Merkels Kanzlerschaft einleiten und deshalb auch die EU schwächen“, so das AEI.

Peter O'Brien von der Trinity University in Texas schreibt in einem Artikel der New York Times, dass viele Staaten in Europa die Politik der „offenen Tür“ von Bundeskanzlerin Angela Merkel entschieden ablehnen. Dazu gehören unter anderem die Slowakei, Polen, Ungarn und die Tschechische Republik, die allesamt keine Flüchtlinge aufnehmen wollen. Ungarn, Slowenien und Mazedonien sind sogar so weit gegangen und haben Grenzzäune aufgestellt, um den Zustrom von Flüchtlingen zu unterbinden. Frankreich ist bereit bis zum Jahr etwa 24.000 Flüchtlinge aufzunehmen und Großbritannien will bis 2020 lediglich 20.000 Flüchtlinge aufnehmen. Sogar Schweden und Österreich haben Aufnahmequoten angesetzt.

Im Verlauf dieser Debatte sei zu erkennen, dass in Europa auch ein Kampf der Ideen stattfinde. Die Liberalen wollen Flüchtlingen Zuflucht bieten, solange es nötig ist. Die Nationalisten sind Verfechter einer kulturell und ethnisch homogenen Gesellschaft. Flüchtlinge oder Einwanderer werden als existenzielle Bedrohungen wahrgenommen. Die dritte Idee ist der Postmodernismus, die objektive Wahrheiten kritisch betrachtet. Den Vertretern des Postmodernismus zufolge gibt es keine absolute Wahrheit und nichts ist vollkommen. Wähler hingegen können sehr leicht hinters Licht geführt und manipuliert werden.

„Europas Anti-Islam-Rhetorik ist ein perfektes Beispiel für diese postmoderne Strategie. Es wird gesagt, dass Muslime Europa überrennen und islamisieren, obwohl sie nur vier Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen. Muslime werden als Menschen dargestellt, die eine größere Neigung zur Gewalt, vor allem Terrorismus, haben, obwohl  Europol berichtet, dass Angriffe islamischer Extremisten jährlich weniger als drei Prozent der Urheber von gescheiterten, vereitelten oder abgeschlossen terroristischen Handlungen ausmachen“, so die New York Times.

Donald Trump sieht das anders. Für ihn steht fest, dass die Flüchtlinge Schuld an der Terror-Misere sind und Merkel die Entwicklung befördert hat. Am Mittwoch sagte er im Gespräch mit Fox News: „Wir wissen nicht, woher sie kommen. Wir wissen nicht, wer sie sind (…) Wenn es sich um Muslime handelt, müssen diese Menschen sehr, sehr gründlich überprüft werden. Sie könnten mit dem IS in Verbindung stehen.“

Über Angela Merkel sagte er: „Diese Frau hat Millionen von Menschen ins Land gelassen, deren Integration sehr, sehr schwierig und in manchen Fällen sogar unmöglich ist.“

Für einige britische Medien sind die Anschläge von Brüssel ein Argument, aus der EU auszutreten. Auch US-Politiker sehen in der Tatsache, dass die Terroristen von Brüssel offenbar belgische Staatsbürger waren, ein sicherheitspolitisches Problem. 

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