Politik

Kehrtwende: Türkei orientiert sich in Syrien an Russland

Die Abwehr des Putschs in der Türkei hat offenbar maßgeblich zur Wende des Kriegs in Syrien beigetragen: Die Türkei hat die Grenze geschlossen. Die bis dahin unterstützten Söldner haben kaum noch eine Chance gegen Präsident Assad. Der Grund: Die Türkei hat sich in dem Konflikt auf die Seite Russlands geschlagen.
30.07.2016 02:15
Lesezeit: 3 min

+++ WERBUNG +++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Economist berichtet, dass die aktuelle Entlassungswelle beim türkischen Militär vor allem die Anti-Assad-Milizen in Syrien geschwächt habe. Die Regierung in Ankara hat den Grenzübergang Bab al-Hawa nach dem Putschversuch am 15. Juli schließen lassen, die von Mitgliedern der Freien Syrischen Armee (FSA) genutzt wurde, um von der Türkei aus nach Syrien einzureisen. „Wir haben alles darauf gesetzt, dass das Regime fällt. Stattdessen hat sich alles verändert, außer das Regime selbst“, zitiert das Blatt einen Sprecher der Freien Syrischen Armee (FSA). Ein Söldner sagt dem Economist: "Das Spiel ist verloren."

Hintergrund ist eine Kehrtwende in Ankara: Präsident Erdogan will offenbar ein Arrangement mit dem syrischen Präsidenten Assad. Der türkische Premier Binali Yldirim sagte Mitte Juli, dass das „größte Ziel“ der Türkei die Wiederherstellung von guten Beziehungen zu Syrien sei, berichtet The Middle East Eye. Yildirim sagte: „Es ist unser größtes und unabänderliches Ziel: Die Entwicklung guter Beziehungen zu Syrien und zum Irak und all unseren Nachbarn rund um das Mittelmeer und das Schwarze Meer“.

„Im Gegensatz dazu, gibt spricht sehr vieles dafür, warum sich die Beziehungen verbessern sollten“, zitiert Haberturk den Premier.

Der Journalist Faik Bulut sagt, dass sich Regierungsvertreter aus Syrien und der Türkei in den vergangenen Monaten sieben bis acht Mal getroffen hätten. „Es hat nicht nur ein oder zwei Treffen gegeben. Die türkische Regierung setzt Russland und den Iran als Vermittler ein“, zitiert IMCTV Bulut.

Der türkische Abgeordnete Erhan Usta sagt, dass die Syrien-Politik der Türkei von Anfang an falsch gewesen sei, berichtet Haber Gazetesi.

Die neue Strategie der Türkei hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Söldner in Aleppo keine Chance haben, den syrischen und russischen Vorstößen zu entkommen. Unmittelbar vor dem Putsch hatte sich Präsident Erdogan überraschend mit Russland und Israel ausgesöhnt. Ob diese Kehrtwende einer der Gründe war, dass es zu dem Putsch gekommen ist, ist unklar.

Nach der Einrichtung von russisch-syrischen Fluchtkorridoren in Aleppo haben nach Angaben von Aktivisten nur wenige der eingeschlossenen Einwohner die umkämpfte Stadt verlassen können. Nur einem Dutzend an Zivilisten sei die Flucht aus einem der von den Söldnern kontrollierten Vierteln gelungen. Die islamistischen Söldner hätten ihre Kontrollen verstärkt, um die Menschen an der Flucht zu hindern, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Freitag. Die Berichterstattung dieser Quelle ist interessant: Sie warnt nun nicht mehr vor Russen und Syrern, sondern geht auffallend deutlich auf Distanz zu den Söldnern - und kritisiert die US-Einsätze - ein eher seltene Praxis in den vergangenen Monaten.

Bei Luftangriffen der Anti-IS-Koalition in Syrien sind mindestens 41 Menschen getötet worden, darunter mindestens 28 Zivilisten. Unter den Opfern der Luftangriffe der US-geführten Militärkoalition auf die von der Terror-Miliz ISIS kontrollierte Stadt Al-Ghandura nördlich von Aleppo seien auch sieben Kinder, so die Beobachtungsstelle.

Zuvor hatte Russland verkündet, den Bewohnern sowie Kämpfern, die ihre Waffen niederlegen, einen Weg aus der belagerten Großstadt zu ermöglichen. Zusammen mit den syrischen Regierungstruppen sollten dafür insgesamt vier Fluchtkorridore eingerichtet worden. Die UN unterstützen diese Initiative Russlands und haben ihre Mitwirkung angeboten. US-Präsident Obama und Russlands Präsident Putin kooperieren eng in Syrien.

Am Freitag ist eines der entwickeltesten russischen Spionage-Flugzeuge in Syrien angekommen. Das Flugzeug der Klasse Tupolev Tu-214R flig den Luftstützpunkt Hmeymim in Latakia an. Das Spionage-Flugzeug soll vor allem Truppenbewegungen der islamistischen Söldner im gesamten Land beobachten.

Das Magazin Aviationist berichtet: „Das Flugzeug ist bekannt dafür, Sensor-Pakete für die elektronische Aufklärung (ELINT) und Signal-Aufklärung (SIGINT) durchzuführen. Die Antennen der Tu-214R können die Signale, die von den feindlichen Systemen (Radare, Flugzeuge, Radios, Kampffahrzeuge, Handys usw.), abfangen.“ Damit könne die gegnerische Ausrüstung  ausgespäht und die nächsten Schritte des Feindes erfasst werden.

Die Russen wollen offenbar beim Kampf gegen die Söldner so präzise wie möglich vorgehen. Diese versuchen unterdessen, mit taktischen Finten aus der Falle zu entrinnen. So teilte die al-Nusra Front in pathetischen Worten mit, sich von der al-Kaida losgesagt zu haben und möchte fortan als legitime syrische Oppositionsgruppe betrachtet werden. Das russische Außenministerium quittierte die Ankündigung mit einer klaren Botschaft an die al-Nusra: Man halte die Ankündigung für eine durchsichtige Finte und werde die Söldner bis zum Ende bekämpfen, berichtet die TASS.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie ChatGPT-5: So verwenden Sie das neue ChatGPT-Modell
08.08.2025

Open AI erlaubt erstmals tiefe Einblicke in die Denkweise von ChatGPT. Wer die neue Erweiterung nutzt, kontrolliert nicht nur Daten –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kreditprogramme für den Mittelstand: Neue KfW-Digitalförderung für KMU, Kritik an „Made for Germany“
08.08.2025

Zwei neue KfW-Kreditprogramme unterstützen KMU seit Juli gezielt bei Digitalisierung und Innovation. Unterdessen sorgt die fehlende...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt "Aufstehen, hingehen, machen": Thomas Hintsche verkauft seit 30 Jahren gegrillte Würstchen auf dem Markt
08.08.2025

Seit 30 Jahren verkauft Thomas Hintsche Bratwurst, Steak, Buletten und mehr auf dem Markt. Seine Grillskills hat er perfektioniert, kennt...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis bleibt stabil: USA verhängen Zölle auf Goldimporte – Schweiz im Fokus
08.08.2025

US-Zölle auf Goldimporte versetzen den Markt in Aufruhr. Besonders die Schweiz könnte hart getroffen werden. Während der Goldpreis in...

DWN
Finanzen
Finanzen Munich Re-Aktie fällt: Rückversicherer spürt Preisdruck trotz Rekordgewinn
08.08.2025

Die Munich Re-Aktie erlebt nach einem Rekordgewinn überraschend Gegenwind. Trotz starker Halbjahreszahlen dämpfen sinkende Preise und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verhandeln lernen: Mit Strategie zum Erfolg – jeder kann es mit den richtigen Methoden
08.08.2025

Erfolgreich verhandeln kann jeder – mit den richtigen Methoden. Erfahren Sie, wie Sie mit Strategie, Künstlicher Intelligenz und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bechtle-Aktie hebt ab: Starker Quartalsverlauf beflügelt Anleger
08.08.2025

Die Bechtle-Aktie überrascht Anleger im Börsenhandel am Freitag mit einem kräftigen Kurssprung. Nach Monaten der Flaute deutet vieles...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo: Auftragsmangel hemmt deutsche Wirtschaft weiterhin
08.08.2025

Das Ifo-Institut meldet: Der Auftragsmangel bleibt eine Bremse für die deutsche Wirtschaft. Trotz vereinzelter Lichtblicke in einigen...