Amerikanische Banken werden London eher in Richtung New York verlassen, als ihre Präsenz in Europa nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU weiter zu verstärken. Dies berichtet die Financial Times unter Bezugnahme auf Stellungnahmen, welche die Chefs der beiden Großbanken JPMorgan und Morgan Stanley auf einer Konferenz in Washington abgegeben haben.
Morgan Stanley prüft derzeit offenbar, ob es ein neues Hauptquartier in der Eurozone braucht, oder ob nur einige Verwaltungseinheiten in die EU verlagert werden sollen. „Finden Sie die benötigte Infrastruktur an einem dieser Orte? Ich denke, dass New York der große Profiteur sein wird. Ich denke, dass wird eine der großen Konsequenzen sein“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Bank, James Gorman.
Der Austritt werde zu „Jahren der Unsicherheit führen“, sagte JPMorgan-Chef Jamie Dimon. JPMorgan müsse entscheiden, „wie wir darauf reagieren und ob wir abwandern. Wir warten noch, um einen größeren Überblick über die Situation zu erhalten.“ Vor dem Brexit-Referendum sagte Dimon, dass etwa 4.000 der 16.000 in Großbritannien Beschäftigten abgezogen werden könnten (Video am Anfang des Artikels).
Ein wichtiger Grund für den möglichen Rückzug der Amerikaner nach New York dürfte in den pessimistischen Prognosen zur Entwicklung Großbritanniens und der EU nach der Trennung liegen. So geht aus den Aussagen der beiden Vorstandsvorsitzenden hervor, dass sie einen Zusammenbruch der EU nicht ausschließen. Gorman sprach von „umfangreichen, langfristigen Konsequenzen“ des britischen Referendums.
JPMorgan-Chef Jamie Dimon drückte sich drastischer aus: „Beim Brexit geht es darum, ob die EU überleben wird. Diese war ein phänomenaler gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und militärischer Erfolg. Aber dies ist in den gegenwärtigen Diskussionen irgendwie verloren gegangen. Und diese Diskussionen werden in Spanien, Italien und in der ganzen EU geführt. Die Chance, dass die EU in den kommenden zehn Jahren auseinanderbreche, habe sich durch den Austritt Großbritanniens verfünffacht, so Dimon.