Unternehmen

Großkonzerne stellen die Mehrheit der offiziellen EU-Berater

Ein Großteil der Beratungsgremien der EU-Kommission wird von Großunternehmen dominiert. Vertreter aus Mittelstand, Wissenschaft oder Nichtregierungsorganisationen sind unterrepräsentiert. So können die Großunternehmen einen sehr großen Einfluss auf die EU-Kommission ausüben.
15.07.2012 01:31
Lesezeit: 1 min

Die EU-Kommission wird bei Gesetzesvorhaben von so genannten Expertengruppen beraten, die dadurch einen entsprechenden Einfluss auf die EU-Politik ausüben können. Wie eine neue Studie des europäischen Netzwerks Allianz für Lobby-Transparaenz und ethische Regeln (ALTER-EU) zeigt, bilden jedoch Großunternehmen die überwiegende Mehrheit in den Expertengruppen und können dadurch ihre Lobby-Arbeit entsprechend verstärken.

Die ALTER-EU-Studie hat 83 Expertengruppen der Generaldirektion Unternehmen und Industrie, die Bereiche wie Lebensmittel, Gesundheit und Automobile beinhaltet, untersucht. 34 Expertengruppen sind den nationalen Regierungen und Behörden sowie der EU-Kommission vorbehalten. In 49 dieser Gruppen sind Vertreter aus Unternehmen, Wissenschaft oder Nichtregierungsorganisationen beteiligt. Wie die Studie zeigt, verfügen aber in 32 der 49 Gruppen besonders die Großunternehmen oder ihre Verbände über die Mehrheit der Sitze, die nicht Regierungsvertretern zugeschrieben sind: also in zwei Drittel dieser Expertengruppen.

So nehmen in diesen Expertengruppen insgesamt 482 Berater aus Großunternehmen einen immens großen Einfluss auf die EU-Politik. Dem stehen aber lediglich 255 Berater aus kleinen und mittleren Unternehmen (44), Wissenschaft und Forschung (124), Nichtregierungsorganisationen (66) und Gewerkschaften (11) gegenüber. Entsprechend deutlich geringer ist ihre Möglichkeit zur Einflussnahme auf die EU-Politik.

Im Oktober 2011 das EU-Parlament hatte aus dieser Problematik heraus Teile des Kommissions-Budgets für die Expertengruppen eingefroren, um neue Regeln für die Zusammensetzung der Expertengruppen zu erreichen. EU-Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier hat in den vergangenen Jahren bereits mehrere dieser unverhältnismäßig besetzten Expertengruppen aufgelöst. Aber noch immer sind die Zustände äußerst fragwürdig. Zwar verstoße die Kommission bereits jetzt mit dieser unausgewogenen Besetzung der Expertengruppen gegen geltende Regeln, so ALTER-EU, diese „sind allerdings äußerst weich gehalten“.

„Es darf nicht sei, dass durch die unausgewogene Besetzung derart wichtiger Gremien den Interessen von Unternehmen eine größere Priorität eingeräumt wird als dem öffentlichen Interesse“, schlussfolgert ALTER-EU in ihrer Studie. „Die Generaldirektion

Unternehmen und Industrie macht sich damit zum Anführer in der Zusammenarbeit mit den Großkonzernen“, so der Autor der Studie, Yiorgos Vassalos. „Das Ergebnis ist eine reale Gefahr, dass Unternehmenslobbyisten ganze Bereiche der Politikgestaltung auf europäischer Ebene dominieren, zu Lasten des Rests der Gesellschaft."

 

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rüstungskonzern KNDS übernimmt Alstom-Werk in Görlitz und sichert Arbeitsplätze
05.02.2025

Der Rüstungskonzern KNDS übernimmt das Alstom-Werk in Görlitz. In einer feierlichen Zeremonie unterzeichneten die Unternehmen eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Investments 2025: „Gold ist der beste Maßstab für den Wert von Bitcoin, den wir haben“
05.02.2025

Bitcoin-ETFs, politische Entscheidungen und die Goldkorrelation bestimmen die Spielregeln für Bitcoin 2025. Was das für Anleger bedeutet,...

DWN
Immobilien
Immobilien Mehr KfW-Fördermilliarden - auch durch Heizungsgesetz
05.02.2025

Bei der politisch umstrittenen Förderung klimafreundlicher Heizungen verzeichnet die staatliche KfW seit Jahresende 2024 einen merklichen...

DWN
Panorama
Panorama Elf Tote in Schweden: Was ist passiert?
05.02.2025

Nach einer Schießerei an einer Erwachsenenbildungseinrichtung in Schweden bleiben viele Fragen offen. Mindestens elf Menschen starben,...

DWN
Politik
Politik Viererrunde bei RTL: Scholz, Merz, Weidel und Habeck im TV-Schlagabtausch
05.02.2025

Die klassische TV-Schlacht zwischen zwei Kanzlerkandidaten gerät in die Kritik. RTL reagiert und lädt Scholz, Merz, Weidel und Habeck zu...

DWN
Panorama
Panorama USA wollen Gazastreifen übernehmen
05.02.2025

Donald Trump will den Gazastreifen übernehmen und wirtschaftlich entwickeln. Dafür soll das vom Krieg gezeichnete Gebiet erst geräumt...

DWN
Politik
Politik Wagenknecht knüpft politische Zukunft an Wahlerfolg
05.02.2025

BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht kämpft um den Einzug in den Bundestag – und knüpft daran ihre politische Zukunft. Mit einem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Firmen verstärken Investitionen in Mittel- und Osteuropa
05.02.2025

Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass immer mehr deutsche Unternehmen überlegen, ihre Produktion nach Mittel- und Osteuropa zu verlagern....