Zollkonflikt schwächt Konjunkturprognose für Deutschland
Schwächelnde Ausfuhren und eine rückläufige Industrieproduktion: Der anhaltende Zollstreit mit den Vereinigten Staaten hat den erhofften Aufschwung in Deutschland zum Beginn des zweiten Quartals erheblich gebremst. Die Konjunkturprognose bleibt eingetrübt – auch die Bundesbank senkte ihre Erwartungen und rechnet für die größte Volkswirtschaft Europas 2025 mit dem dritten Jahr in Folge ohne Wachstum. Einige Ökonomen erkennen dennoch erste Signale für eine mögliche Erholung.
Im April mussten deutsche Exporteure vor allem im Handel mit dem wichtigsten Partner USA starke Einbußen hinnehmen. Laut vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes gingen trotz der Ankündigung neuer Zölle durch US-Präsident Donald Trump auch in diesem Monat die meisten Ausfuhren in die Vereinigten Staaten. Mit 13 Milliarden Euro wurde allerdings der niedrigste Wert seit Oktober erreicht. Im Vergleich zum April 2024 sank der Wert kalender- und saisonbereinigt um 6,3 Prozent.
Wirtschaft fordert Lösung im Zollstreit
"Nun spüren wir konkret die Folgen der US-Handelspolitik. Die Exporte in die USA brechen weg", erklärte Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). "Die EU muss jetzt in einen ernsthaften Dialog mit unserem wichtigsten Handelspartner treten. Ohne die USA geht es nicht."
Kurz zuvor hatte Washington die Lage erneut verschärft: Trump ordnete eine Verdopplung der Zölle auf Stahl und Aluminium auf 50 Prozent an – ein Rückschlag für die Konjunkturprognose Deutschlands.
Exportzahlen sinken spürbar
Im April exportierten deutsche Firmen Waren im Gesamtwert von 131,1 Milliarden Euro ins Ausland – 1,7 Prozent weniger als im März und 2,1 Prozent unter dem Vorjahreswert. Die Einfuhren erreichten 116,5 Milliarden Euro, was einem Anstieg von 3,9 Prozent zum Vormonat und 3,8 Prozent gegenüber April 2024 entspricht.
Noch im ersten Quartal hatte der Export zugelegt: Unternehmen hatten ihre Lieferungen vorgezogen, um drohenden US-Zöllen zuvorzukommen. Für den Zeitraum Januar bis April ergibt sich so laut den Wiesbadener Statistikern ein kleines Exportplus von 0,2 Prozent.
Industrieproduktion leidet unter US-Zöllen
Auch die Industrieproduktion in Deutschland schrumpfte im April – um 1,4 Prozent im Vergleich zum März. Der Anstieg im März hatte sich zudem als weniger dynamisch herausgestellt als zunächst gedacht: 2,3 Prozent statt der vorherigen Schätzung. Trotz der Rückgänge sieht Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung, keine dramatische Entwicklung: "Insgesamt signalisieren die Daten, dass sich die Industrie allmählich stabilisiert. Möglicherweise stehen wir kurz vor einem Wendepunkt."
Analyst Ralph Solveen von der Commerzbank erkennt ebenfalls Hoffnungsschimmer für die Konjunkturprognose: Höhere Auftragseingänge und ein verbessertes Ifo-Geschäftsklima sprechen seiner Meinung nach dafür, dass die deutsche Wirtschaft in den nächsten Quartalen wieder wachsen dürfte – auch wenn ein starker Aufschwung in Deutschland durch strukturelle Probleme und US-Zölle gedämpft wird.
Bundesbank revidiert Konjunkturausblick
Das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal fiel mit 0,4 Prozent zum Vorquartal doppelt so stark aus wie zunächst angenommen. Die positive Entwicklung war jedoch nur von kurzer Dauer: Die Bundesbank geht davon aus, dass der Aufschwung in Deutschland 2025 ausbleiben wird.
"Die neuen US-Zölle und die ungewisse Ausrichtung der amerikanischen Handelspolitik belasten die wirtschaftliche Entwicklung", sagte Bundesbankpräsident Joachim Nagel. "Dies geschieht in einer Phase, in der sich die Industrie gerade zu stabilisieren begann."
Deutsche Exporteure unter Druck
Gerade die exportorientierte Wirtschaft in Deutschland steht vor herausfordernden Zeiten: Die Bundesbank erwartet aufgrund der Handelspolitik der USA einen Rückgang der Ausfuhren für das laufende Jahr und rechnet auch 2026 kaum mit einer Besserung. Zudem wertete der Euro gegenüber dem Dollar deutlich auf – eine Folge der sprunghaften US-Politik. Dies verschlechtert die Wettbewerbsposition deutscher Unternehmen auf dem Weltmarkt, was die Konjunkturprognose zusätzlich belastet. Produkte aus dem Euroraum verteuern sich in Dollar, während der Wettbewerb aus China wächst.
Volker Treier vom DIHK bestätigt: "Deutsche Unternehmen im Ausland haben in fast allen Regionen der Welt mit verschlechterten Bedingungen und wachsender Unsicherheit zu kämpfen."
Investitionen als Hoffnungsträger
Eine spürbare wirtschaftliche Erholung wird laut Bundesbank erst in den kommenden Jahren eintreten, wenn staatliche Milliardenpakete in Infrastruktur und Verteidigung greifen. Für 2026 rechnet man mit einem realen BIP-Wachstum von 0,7 Prozent, 2027 mit 1,2 Prozent. Größtes Risiko für jede Konjunkturprognose bleibt weiterhin der unvorhersehbare Kurs von US-Präsident Trump.