Unternehmensporträt

Verteidigung der Zukunft: Hensoldt rüstet Europa mit Hightech auf

Kaum ein Rüstungsunternehmen in Europa hat sich in den vergangenen Jahren so grundlegend gewandelt wie Hensoldt. Aus einer ehemaligen Sensorsparte von Airbus hervorgegangen, hat sich der Konzern mit Sitz in Taufkirchen bei München zum strategischen Schlüsselakteur für Europas Verteidigung entwickelt und überzeugt Anleger mit stabiler Profitabilität.
06.06.2025 16:45
Aktualisiert: 07.06.2025 05:51
Lesezeit: 6 min
Verteidigung der Zukunft: Hensoldt rüstet Europa mit Hightech auf
Die Hensoldt Aktie profitiert von Europas Rüstungswende (Foto: hensoldt.net).

Bis vor wenigen Jahren zählte Hensoldt mit Sitz in Taufkirchen bei München zu den eher unbekannten Adressen der deutschen Rüstungsindustrie. Heute prägt das Unternehmen die neue sicherheitspolitische Realität Europas mit. Seit der „Zeitenwende“ infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine hat sich Hensoldt von einem spezialisierten Sensorhersteller zum strategischen Partner von Bundeswehr, NATO und EU gewandelt.

Ob im Weltraum, unter Wasser oder im Gefecht, Hensoldt-Systeme erfassen, analysieren und bewerten Bedrohungen in Echtzeit. „Wir schaffen Transparenz im Chaos“, sagte CEO Oliver Dörre in einem Gespräch mit dem Handelsblatt. „Und wir sorgen dafür, dass unsere Partner schneller und sicherer entscheiden können.“

Aus der Optikgeschichte zur Milliardenbewertung

Die Geschichte von Hensoldt beginnt offiziell im Jahr 2017 mit der Ausgliederung aus der Verteidigungssparte von Airbus. Tatsächlich reicht das technologische Erbe des Unternehmens viel weiter zurück.

Der Name geht auf Moritz Carl Hensoldt zurück, einen Pionier der optischen Präzision, der 1892 mit dem Dachkantprisma neue Maßstäbe in der Fernoptik setzte. Über Jahrzehnte hinweg wurden Technologien und Kompetenzen von Traditionsunternehmen wie Zeiss, Dornier, Telefunken und EADS zusammengeführt. Daraus entstand ein Portfolio, das heute Sensorlösungen für U-Boote, Kampfflugzeuge, Drohnen, Fregatten und Satelliten umfasst.

Was einst als spezialisierter Sensorspezialist begann, hat sich zu einem hochentwickelten Systemanbieter mit Ausrichtung auf Wahrnehmung, Informationsüberlegenheit und Entscheidungsfähigkeit entwickelt. Sensoren erfassen Daten, Optronik liefert Bilder, während Software daraus operative Erkenntnisse strukturiert.

Einen wesentlichen Schritt in der strategischen Weiterentwicklung markierte die Übernahme der ESG Elektroniksystem- und Logistik-GmbH mit Sitz im bayerischen Fürstenfeldbruck im Jahr 2024. Damit liefert Hensoldt nicht nur Sensorik, sondern auch ganzheitliche Lösungen: adaptive Lagebilder, digitale Zwillinge, missionskritische Steuerungsarchitekturen. Zudem rückt Hensoldt mit dem Kauf noch stärker in die Rolle eines Systemarchitekten.

Breite Technologieplattform mit Mehrwert für Anleger

Hensoldt bespielt seine technologische Martführerschaft in fünf strategischen Dimensionen: Land, Luft, See, Cyber und Weltraum. Damit demonstriert das Unternehmen ein bemerkenswert breites Innovationsspektrum in sicherheitsrelevanten Schlüsseltechnologien und setzt auf ein Portfolio, das nicht nur militärisch, sondern auch wirtschaftlich überzeugt. Ein Überblick.

Land

Im Bereich Land kombiniert Hensoldt modernste Sensorik mit aktiver Gefahrenabwehr. Systeme wie ASUL zur Drohnenabwehr, das elektronische Störsystem GMJ9500 und das auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende Aufklärungssystem CERETRON ermöglichen Echtzeit-Überwachung und gezielte Gegenmaßnahmen auf dem Gefechtsfeld.

Luft

In der Luft setzt Hensoldt auf hochintegrierte Systemlösungen. Das TRML-4D-Radar bildet das Rückgrat des bekannten bodengestützten Luftverteidigungssystems IRIS-T, das unter anderem in der Ukraine eingesetzt wird. Gemeinsam mit der optischen Aufklärungseinheit ARGOS II und der digitalen Lagebildplattform MissionGrid entsteht so ein Luftüberwachungskomplex der nächsten Generation.

See

Auf See liefert Hensoldt bewährte maritime Lösungen, darunter die SERO-Periskope, Optronikmaste der OMS-Serie und SIGINT-Systeme für U-Boote und Fregatten. Ergänzt wird das Portfolio durch unbemannte Systeme wie die Aufklärungsdrohne Larus. Zu den Kunden zählen die Bundeswehr, NATO-Staaten sowie internationale Exportpartner.

Cyber

Im Bereich Cyber entwickelt Hensoldt robuste IT-Architekturen, verschlüsselte Kommunikationssysteme und KI-gestützte Analysewerkzeuge, wie sie beispielsweise im europäischen Verteidigungsprojekt STORE zum Einsatz kommen. Der wachsende Bedarf an digitaler Resilienz und vernetzter Gefechtsfeldanalyse verleiht diesem Segment hohe Skalierungspotenziale, insbesondere durch Software-as-a-Service-Modelle.

Weltraum

Auch im Weltraum ist Hensoldt mit Sensoren für Erdbeobachtung, Weltraumlageerfassung, Trümmerdetektion und wissenschaftliche Missionen präsent. Als Partner von ESA, DLR und NASA trägt das Unternehmen dazu bei, sicherheitskritische und wissenschaftliche Anwendungen im Orbit zuverlässig zu ermöglichen. Vor allem der Bereich Space entwickelt sich für Hensoldt mehr und mehr zum strategischen Zukunftsfeld.

Digitale Verteidigung mit Software Defined Defence

Das breite Technologieportfolio bildet zwar die Grundlage des Erlösmodells, doch der strategische Fokus liegt längst auf der nächsten Evolutionsstufe: der gesamten Digitalisierung der Verteidigung.

Hensoldt verfolgt dabei das Prinzip der Software Defined Defence. Sensoren, Radare und Module lassen sich künftig per Software aufrüsten. Statt Hardwaretausch ermöglichen Updates in Echtzeit. Das reduziert Kosten, erhöht Agilität und sorgt für dauerhafte Systemmodernität. CERETRON und MissionGrid sind konkrete Beispiele dafür.

Mittlerweile sind die Produktlösungen der Bayern auf über 100 Plattformen im Einsatz: Vom Leopard-2-Kampfpanzer bei Rheinmetall in Düsseldorf bis zur neuen Fregatte F126, die seit März 2024 von Damen Naval im niedersächsischen Wilhelmshaven gebaut wird. Die Datenfusion erfolgt dabei zunehmend systemübergreifend. Ein Zielbild, das Hensoldt mit dem Begriff „Verbundfähigkeit“ beschreibt: Sensoren auf dem Gefechtsfeld, in der Luft, im Orbit, verbunden in einem digitalen Nervensystem.

Hensoldt verfolgt diesen Ansatz über die Modularisierung der Verteidigungstechnik. Statt schwerfälliger Hardware-Updates im Zehn-Jahres-Takt ermöglichen KI-gestützte Plattformen eine kontinuierliche Anpassung an neue Einsatzanforderungen. In der Tagesschau beschrieb CEO Oliver Dörre diesen Paradigmenwechsel als „Wirksamkeit per Software“. Die Systeme seien lernfähig, vernetzt und auf operative Agilität ausgelegt. „Verteidigung beginnt nicht mehr mit einem Schuss, sondern mit einem Signal.“

Rekordjahr 2024: Hensoldt-Umsatz wächst auf 2,26 Milliarden Euro bei 19,4 Prozent Marge

2024 war für Hensoldt sowohl operativ als auch finanziell das erfolgreichste Jahr seit dem Börsengang 2020. Der Konzern stigerte seinen Umsatz auf 2,26 Milliarden Euro, der Auftragseingang belief sich auf 2,9 Milliarden Euro. Der Auftragsbestand indes erreichte zum Jahresende den historischen Höchstwert von 6,6 Milliarden Euro. Die bereinigte Ebitda-Marge kletterte auf 19,4 Prozent, ein neuer Spitzenwert seit dem Listing 2020. Der Free Cashflow lag bei 249 Millionen Euro.

Ein wesentlicher Treiber für die Zahlen ist die Serienfertigung des TRML-4D-Radars, die innerhalb weniger Monate von drei auf 15 Einheiten pro Jahr hochgefahren wurde.

Parallel schreitet die Umsetzung der unternehmenseigenen Zukunftsstrategie North Star voran. Ziel ist ein Umsatzwachstum auf rund fünf Milliarden Euro bis 2030.

Ein zweiter, und oft unterschätzter Treiber des Erfolgs liegt im Inneren des Unternehmens. Weltweit beschäftigt Hensoldt rund 7.000 Mitarbeitende, davon ein gutes Drittel im Softwarebereich, Tendenz steigend. Neueinstellungen erfolgen dabei gezielt aus der IT- und Automobilindustrie, also aus Branchen, in denen Systemintegration, Echtzeitdatenverarbeitung und digitale Plattformlogik längst Alltag sind.

Für CEO Oliver Dörre sind diese Entwicklungen Teil einer zentralen Führungsaufgabe. „Technologie ist nichts ohne Menschen, die sie verstehen und verantwortungsvoll einsetzen“, so Dörre im Handelsblatt. Die kulturelle Weiterentwicklung sei deshalb explizit Teil der Unternehmensstrategie, mit Werten wie Integrität, Innovationswille und Resilienz als Leitplanken für Wachstum in einem sicherheitssensiblen Markt.

Börsenerfolg auch dank politischem Rückenwind

Auch an der Börse spiegelt sich das Wachstum wider. Seit der „Zeitenwende“-Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz im Februar 2022 hat sich der Kurs der Hensoldt-Aktie von rund 12 Euro auf über 81 Euro (Stand: 26. Mai 2025) vervielfacht. Das enstpricht einem Plus von über 580 Prozent.

Kein anderer europäischer Verteidigungswert konnte in diesem Zeitraum eine vergleichbare Performance vorweisen: Die Aktie des Düsseldorfer Rüstungskonzerns Rheinmetall legte um rund 400 Prozent zu, während die Papiere des Augsburger Antriebsherstellers Renk um 120 Prozent zulegten. Lediglich der Kölner Motorenbauer Deutz blieb weitgehend stabil.

Das Muster ist klar: Wer derzeit auf digitale Aufklärung statt schwere Mechanik setzt, wird vom Markt und der Politik belohnt. Analysten loben vor allem die hohe Marge, die strategische Rolle in der europäischen Sicherheitsarchitektur und die langfristige Planbarkeit der Auftragseingänge. „Hensoldt kombiniert politische Sichtbarkeit mit technologischer Tiefe“, urteilt Warburg Research.

Dafür setzt das Unternehmen auf Partnerschaften mit Technologiekonzernen, Plattformherstellern und staatlichen Institutionen. Zu den wichtigsten Kooperationspartnern zählen Thales (Frankreich), SAAB (Schweden) und Lockheed Martin (USA) sowie das Joint-Venture RIYADH-HENSOLDT im Rahmen der saudischen Rüstungsstrategie Vision 2030.

Im Rahmen europäischer Verteidigungsinitiativen wie STORE oder FCAS arbeitet Hensoldt eng mit Forschungseinrichtungen sowie mit Airbus zusammen. Im Fokus steht dabei stets der Plattformgedanke: Multi-Domain Integration, also die vernetzte Einsatzfähigkeit über Land, Luft, See, Cyber und Weltraum hinweg. „Keiner kann das allein“, unterstrich CEO Dörre in der Tagesschau. „Wir brauchen ein neues Miteinander.“

Wachstum mit Systemlogik und Joint Ventures

Die Auftragslage bei Hensoldt ist nicht nur hoch, sondern langfristig solide strukturiert. Neben Rahmenverträgen der NATO und nationalen Schlüsselprojekten wie NNbS (bodengebundene Luftverteidigung) und PEGASUS (luftgestützte Aufklärung) stammen immer mehr Bestellungen aus multinationalen Programmen. Hensoldt liefert seine Technologie in über 50 Staaten weltweit, ein Großteil der Systeme bleibt allerdings in Deutschland oder bei europäischen Partnern im Einsatz.

Mit dem neu geschaffenen Bereich Multi-Domain Solutions positioniert sich Hensoldt inzwischen als herstellerunabhängiger Integrator und Systemarchitekt. Das Geschäftsmodell reicht von Hardwareentwicklung über Plattformintegration bis hin zu operativer Einsatzunterstützung.

Möglich wird das durch gezielte Zukäufe, umfassende Softwarekompetenz und eine enge Verzahnung mit Forschung und Anwendern, beispielsweise im Kontext des Future Combat Air System (FCAS), des europäischen Luftverteidigungssystems der nächsten Generation, das ab 2040 in Dienst gestellt werden soll.

Für Analysten zählt Hensoldt damit zu den strukturellen Gewinnern einer langfristig datengetriebenen Verteidigungspolitik. Warburg Research etwa hatte im Frühjahr 2025 noch ein Kursziel von 71 Euro ausgerufen, das längst übertroffen wurde. Der aktuelle Kurs von über 81 Euro (Stand: 26. Mai 2025) unterstreicht operative Resilienz und strategische Bedeutung des Unternehmens im europäischen Verteidigungsgefüge.

Hensoldt AG

Die Hensoldt AG mit Sitz in Taufkirchen bei München zählt zu den führenden europäischen Anbietern von Sensorik- und Verteidigungstechnologien. Das Unternehmen wurde 2017 durch die Ausgliederung aus dem Geschäftsbereich „Airbus Defence and Space“ gegründet. Nach dem Börsengang 2020 stieg Hensoldt im März 2023 in den MDAX auf. Im Geschäftsjahr 2024 erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von rund 2,4 Milliarden Euro und beschäftigte weltweit etwa 7.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Geleitet wird das Unternehmen seit 2024 von CEO Oliver Dörre.

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