Die US-Investment Bank Morgan Stanley gibt Beobachtern Rätsel auf. Einem Reuters-Bericht zufolge wollen mindestens 40 Top-Banker ("advisers") die Bank verlassen. Allein vier von ihnen verwalten Assets im Wert von 47 Milliarden Dollar. Die Banker haben einen Brief an CEO James Gorman entworfen, in dem sie scharfe Kritik an den Zuständen bei der Bank äußern. Die neue Technologie mache das Arbeiten unmöglich, auch von Buchhaltungs-Tricks soll in dem Brief die Rede sein. Reuters hat den Brief nicht im Original gesehen, beruft sich jedoch auf Quellen, die den Brief gelesen haben.
Die Begründung, dass die „Technik“ der Auslöser für solch einen gravierenden Schritt sein soll, mutet seltsam an. In diesem Zusammenhang sind Informationen von Interesse, die von einigen unabhängigen, auf Edelmetalle spezialisierten Analysten lanciert wurden. So soll es nach Informationen von Jim Willie und Rick Wiles ein viel ernsteres Problem bei Morgan Stanley geben. Angeblich, so schreiben die Analysten in ihren Newslettern, habe Morgan Stanley ein gefährliches Zins Swap Geschäft laufen – welches die Bank in Existenzgefahr bringen könnte. Morgan Stanley soll im Frühjahr 2011 auf sinkende Zinssätze für US-Treasuries gewettet haben. Die Summe könnte sich auf etwa 7 Billionen US-Dollar belaufen. Dank dieser Derivate sei der im Januar 2011 ansteigende Zinssatz für US-Staatsanleihen innerhalb weniger Monate gedrückt worden, allerdings ohne, dass es tatsächlich reale Kapitalzuflüsse gegeben habe. Nun, da die US vor der Refinanzierung von Billionen an Schulden stehen, könnte die Blase platzen und Morgan Stanley in den Abgrund reißen. Betroffen wären etwa 300.000 private Depots.
Die Analysten glauben, dass eine Implosion von Morgan Stanley auch die Deutsche Bank und die französische Credit Agricole gefährden könnte, weil diese drei Banken besonders vernetzt sind (mehr zu der gefährlichen Vernetzung der Banken – hier).
Den Berichten zufolge hätten zahlreiche altgediente Morgan Stanley Mitarbeiter ihre Aktien an der Bank verkauft und bereiten sich auf ein Leben nach MS vor.
Vor diesem Hintergrund erhält der geplante Abgang der Top-Manager eine besondere Brisanz. Sprecher von Morgan Stanley äußerten sich zum möglichen Exodus hinhaltend: Man arbeite stets an der Verbesserung der Technik, viele Manager kämen mit den neuen elektronischen Systemen gut zurecht. Zu den Swaps liegen keine Stellungnahmen der Bank vor. Diese Derivate sind nicht reguliert. Außer beim Office of the Comptroller werden sie nirgends registriert, eine genaue Aufstellung oder gar Risiko-Bewertung existieren nicht. Zuletzt hatte der „Wal von London“ mit riskanten Derivaten-Geschäften der Investment Bank JP Morgan Verluste in Milliardenhöhe beschert (mehr dazu - hier).
Ungeachtet der offenbar kritischen Lage schmückt sich Morgan Stanley immer noch gerne mit großen Namen: Die Bank war zuletzt in die Schlagzeilen geraten, weil sie dem ehemaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy eine Gage von 250.000 Euro für einen Vortrag und ein Fotoshooting bezahlt (mehr dazu - hier).