Novo Nordisk-Aktie: Ein Chefwechsel mit Signalwirkung?
Mike Doustdars Amtsantritt bei Novo Nordisk fiel mit einem positiven Kurseffekt zusammen – begünstigt durch enttäuschende Studiendaten eines Konkurrenten. Doch Analysten warnen: Das genügt nicht. Der neue CEO muss mehr liefern, um das Vertrauen in die Novo Nordisk-Aktie nachhaltig zu stärken. „Die Art, wie ich anders bin als Lars, ist die halbe Lösung“, sagt Doustdar mit Blick auf seinen Vorgänger Lars Fruergaard Jørgensen. „Meine Herangehensweise ist schlicht eine andere.“ Der Manager bringt langjährige Erfahrung aus über 100 Märkten mit – und will vor allem eines: Leistung und Umsetzungsgeschwindigkeit steigern. Novo Nordisk sei immer dann am stärksten gewesen, wenn man sich auf wenige Dinge konzentriert und diese zur Perfektion gebracht habe: „Historisch war das Insulin. Dann wurde es Diabetes insgesamt. Und jetzt natürlich Diabetes und Adipositas.“
Für das Unternehmen und die Anleger steht viel auf dem Spiel: Die Novo Nordisk-Aktie ist seit Monaten im Rückwärtsgang. In 12 Monaten, seit dem Novo Nordisk-Allzeithoch bei 154,80 Euro im August 2024, hat das Papier des dänischen Pharmakonzerns mehr als 70 Prozent seines Wertes verloren. Allein im Juli 2025 brach der Novo Nordisk-Aktienkurs rund ein Drittel ein. Doch eine gute Nachricht gibt es für Anleger: Seit dem Rücktritt von Ex-CEO Lars Fruergaard konnte sich die Aktie des Pharmariesen stabilisieren. Wie also geht es weiter? Was sagen die Aktienexperten? Ist der Kursrückgang die Chance zum Einstieg, sollten Anleger jetzt die Novo Nordisk-Aktie kaufen?
Drei Fehleinschätzungen in den USA und rechtlicher Feldzug gegen Nachahmer
Die jüngste Prognosesenkung offenbart: Novo Nordisk verfehlt regelmäßig die Markteinschätzung in den USA – mit Kursverlusten als Folge. „Es ist gut, aus der Vergangenheit zu lernen“, so Doustdar. Schon 2016 sei die Kernstruktur des Unternehmens solide gewesen. Heute will er interne Effizienzpotenziale identifizieren – mit Blick auf Investitionen in Wachstumsmärkte wie Diabetes und Fettleibigkeit. „In den USA leben 100 Millionen Menschen mit Adipositas. 55 Millionen davon sind versichert. Trotzdem kämpfen wir – und auch unsere Konkurrenten – um lediglich zwei Millionen Patienten“, so Doustdar. „Aus Patientensicht ist das absurd.“ Dass die Novo Nordisk-Aktie bei Anlegern dennoch unter Beobachtung steht, liegt auch an wiederholten Versorgungsengpässen bei Wegovy – einem der wichtigsten Wachstumsprodukte.
Nach Produktionsproblemen konnten sogenannte Compounder – Apotheken, die Arzneimittel nachmischen – den Markt mit Wegovy-Kopien fluten. Obwohl Novo Nordisk die Versorgung inzwischen gesichert hat, sind die Nachahmer weiterhin aktiv. „Was diese Compounder tun, ist aus meiner Sicht illegal und unmoralisch“, sagt Doustdar. Novo Nordisk führt juristische Verfahren und erhöht den Druck auf US-Behörden. Eine Prognose über das Ende der Nachahmer will Doustdar nicht abgeben: „Das wäre ein Versprechen, das ich vielleicht um ein oder zwei Tage verfehlen würde – und das könnte die Aktie beeinflussen.“
Novo Nordisk: Wachstumsstrategie mit Skalpell – ist der Fokus zu eng?
Für das künftige Wachstum braucht Doustdar finanziellen Spielraum – und diesen will er durch gezielte Einsparungen schaffen. „Wenn wir sagen, wir fokussieren uns auf Diabetes und Adipositas, dann müssen wir auch in diese Bereiche am meisten investieren – von der Forschung bis zu den Vertriebsstrukturen.“ Es gehe um eine präzise, chirurgische Analyse: „In einer Organisation, die in den letzten fünf Jahren Hyperwachstum erlebt hat, bleiben zwangsläufig Lücken. Die aktuelle Krise der Novo Nordisk-Aktie ist eine Chance, innezuhalten und zu prüfen, ob wir das Geld wirklich dort einsetzen, wo es Wirkung entfaltet.“
Analysten befürchten, dass die Konzentration auf GLP-1-Medikamente Novo Nordisk verwundbar mache – insbesondere gegenüber Eli Lilly, das stärker diversifiziert sei. Doustdar widerspricht: „Unsere Pipeline kann und muss wachsen. Aber ehrlich gesagt – wer wird als Erster ein orales GLP-1-Medikament gegen Adipositas liefern? Wir. Wer hat derzeit bessere Daten als alle derzeit eingesetzten Produkte? Wir.“ Dennoch wolle man die Entwicklung neuer Wirkstoffe beschleunigen – nicht nur wegen des Wettbewerbs, sondern auch, weil Patienten darauf warteten.
Die Novo Nordisk-Aktie braucht jetzt Ergebnisse
„Die Welt dort draußen bietet enorme Möglichkeiten“, so Doustdar. „Eineinhalb Milliarden potenzielle Kunden – das ist eine riesige Verantwortung. Aber es ist einfacher, das zu sagen, als es in ein Geschäftsmodell zu überführen.“ Dabei will er auch auf das nötige Kapital nicht verzichten: „Manchmal braucht man Geld, nicht nur gute Ideen. Ich brauche Finanzierung, damit mein Plan Realität wird.“ Wie viel Sparpotenzial er dafür anvisiert? „Heute ist mein erster Tag. Meine Aufgabe ist es nicht, eine Zahl zu nennen, sondern die Richtung vorzugeben.“ Die Novo Nordisk-Aktie bleibt volatil. Anleger fordern Klarheit. „Trotz aller Bemühungen um eine neue Story geht es jetzt vor allem um die Umsetzung – um Taten statt Worte“, kommentiert Evan Seigerman, Analyst bei BMO Capital. Für Mike Doustdar beginnt jetzt die eigentliche Arbeit – und für die Novo Nordisk-Aktie die Bewährungsprobe.
Die jüngsten Analystenkommentare zur Novo Nordisk-Aktie zeichnen ein gemischtes Bild: Zwischen Kaufempfehlungen und vorsichtiger Zurückhaltung spiegeln sie unterschiedliche Einschätzungen zu Wettbewerbslage, Unternehmenszahlen und langfristigen Chancen wider.
Am 07. August bestätigte Bernstein Research die Einstufung für die Novo Nordisk-Aktie mit „Market-Perform“ und einem Kursziel von 620 dänischen Kronen. Analyst Florent Cespedes verwies auf eine enttäuschend aufgenommene Studie zur Abnehmpille Orforglipron von Eli Lilly, betonte jedoch, dass diese nicht direkt mit den Semaglutid-basierten Präparaten von Novo Nordisk vergleichbar sei. Die Abnehmpillen des Unternehmens blieben eine attraktive Option, und Cespedes rechnet mit einer FDA-Genehmigung gegen Jahresende. Am selben Tag bestätigte JPMorgan die Einstufung „Overweight“ mit einem Kursziel von 500 Kronen. Analyst Richard Vosser sah in den schwächeren Ergebnissen der Eli-Lilly-Studie ein sinkendes Wettbewerbsrisiko für Novo Nordisk. Die Deutsche Bank Research senkte am 07. August das Novo Nordisk-Kursziel von 750 auf 600 Kronen, beließ die Einstufung jedoch auf „Buy“. Emmanuel Papadakis wies darauf hin, dass die finalen Quartalszahlen nur geringfügig von den vorläufigen abwichen, der Aktienkurs jedoch deutlich nachgegeben habe – was er als günstige Einstiegschance wertete. Bereits einen Tag vorher bestätigte Jefferies die Einstufung „Underperform“ mit einem Kursziel von 415 Kronen. Analyst Benjamin Jackson hob hervor, dass die Ergebnisse weitgehend den Erwartungen entsprachen und die Prognosesenkung wohl auf ein schwächeres zweites Halbjahr zurückzuführen sei. Auffällig sei eine größere Kürzung der F&E-Ausgaben, deren Hintergrund unklar bleibe.
Insgesamt zeigen die Analystenmeinungen zur Novo Nordisk-Aktie eine Spannbreite von klaren Kaufempfehlungen bis hin zu vorsichtiger Skepsis – getrieben von der Wettbewerbssituation und der jüngsten Zahlenentwicklung.