Von Weltmarktführer zu Getriebenem – wie Kopien und Rivalen Novo Nordisk ins Wanken bringen
Die Novo Nordisk-Aktie war ein Star: Doch die einstige Erfolgsgeschichte ist ins Wanken geraten – zwei Gewinnwarnungen und ein Kurssturz um 66 Prozent binnen eines Jahres. Grund ist die aggressive Konkurrenz durch billige Nachahmungen der eigenen Medikamente, die sich auf dem weltweit größten Abnehm-Markt, den USA, rasant verbreiten. Laut US-Chef David Moore haben diese Kopien inzwischen 30 Prozent Marktanteil (Volumen) erobert. Das Unternehmen kämpft mit allen Mitteln, um Boden gutzumachen. Das berichtet das Wirtschaftsportal Børsen.
Rückblickend wird klar, dass das Unternehmen die Nachfrage nach seiner Abnehm-Medizin massiv unterschätzt hat. 2019 lag das Ziel für 2025 bei umgerechnet nur 1,53 Milliarden Euro. 2024 setzte Novo Nordisk jedoch bereits 8,74 Milliarden Euro um – ohne die Verkäufe von Ozempic, das offiziell als Diabetesmittel läuft. Analyst Søren Løntoft Hansen (Sydbank) erklärt: „Damals gab es schlicht keinen etablierten Markt, die Nachfrage war schwer abzuschätzen.“ Auch der damalige Kommerzvorstand Camilla Sylvest räumte ein: „Niemand lag richtig – wir auch nicht.“
Produktionsengpässe als Wendepunkt
Der Boom, befeuert durch die US-Zulassung von Wegovy im Juni 2021, ließ die Produktionskapazitäten kollabieren. Schon im August 2021 entschuldigte sich das Management öffentlich bei Patienten. Der damalige CEO Lars Fruergaard Jørgensen gestand: „Wenn man nicht genug liefern kann, ist das ein riesiges Problem.“ Die Engpässe hielten bis 2024 an – ein Luxusproblem, das Nachahmern Tür und Tor öffnete. Im März 2022 erklärte die FDA Novo Nordisks Medikamente für „nicht lieferbar“. Das löste ein Notfallgesetz aus, das anderen Anbietern die Herstellung sogenannter „compounded“ Medikamente erlaubt. Plattformen wie Hims & Hers nutzten dies, um günstige Nachahmungen – teils mit Marketingtricks wie Vitamin-B12-Zusatz und Abo-Modell – zu vertreiben.
Bereits im Mai 2024 lag deren Marktanteil bei 20 Prozent, heute bei 30 Prozent. Novo Nordisk investierte Milliarden, darunter umgerechnet 10,04 Milliarden Euro für drei Catalent-Fabriken, und beendete im Februar 2025 die Lieferengpässe. Ab 22. Mai war der Vertrieb von Kopien verboten – dennoch floriert der Graumarkt weiter. Das Unternehmen spricht von „klarem Rechtsbruch“ und fordert schärferes Eingreifen der Behörden. Langfristig steht Novo Nordisk-Aktie auch unter Druck durch den Rivalen Eli Lilly, der gemessen an Rezeptzahlen die Führung im US-Abnehmmittelmarkt übernommen hat. Enttäuschende Studiendaten zum Hoffnungsträger Cagrisema ließen die Aktie im Dezember 2024 um 20,7 Prozent abstürzen.
Novo Nordisk-Aktie: Kritik an Fehleinschätzungen
Analysten wie Carsten Lønborg Madsen (Danske Bank) bemängeln gravierende Fehleinschätzungen, etwa beim Start von Wegovy. Reuters zitierte Insider, die warnten, die Produktionskapazitäten seien offensichtlich zu knapp – eine Darstellung, die Novo Nordisk zurückweist. Kurzfristig muss das Unternehmen Marktanteile zurückgewinnen und den Graumarkt eindämmen. Die Wachstumsprognose liegt bei 8 bis 14 Prozent Umsatzplus (2024: 38,9 Mrd. Euro) und 10–16 Prozent EBIT-Zuwachs (2024: 17,17 Mrd. Euro). Doch die Börsenerwartungen bleiben hoch – jede Prognosekorrektur kann die Novo Nordisk-Aktie erneut Milliarden kosten.