Sieben von zehn befragten Unternehmen gaben an, dass Europa seine Wettbewerbsfähigkeit verlieren wird. Dabei kommt die Konkurrenz nicht nur aus Asien. Auch nord- und südamerikanische Unternehmen werden die europäischen Mitstreiter in den kommenden Jahren einholen, lautet das Ergebnis der internationalen Restrukturierungsstudie 2013 „Europe's competitiveness" von Roland Berger Strategy Consultants.
Die Bemühungen für die Errichtung einer Freihandelszone (hier) mit den USA sowie Handelsabkommen mit Canada (hier) und China wird den Wettbewerb noch verschärfen. Ein Handelskrieg mit dem Reich der Mitte konnte die EU nach langen diplomatischen Verhandlungen über die Vermarktung von Solarzellen in Europa nicht ohne Gesichtsverlust abwenden: Strafzölle für EU-Produkte in China hätten fatalere Auswirkungen als eine Blockade von chinesischen Solarzellen in der EU (hier).
Die europäische Wirtschaft entwickelt sich nur schleppend. Der gemeinsame Binnenmarkt ist für viele Firmen zu dem wichtigsten Absatzmarkt geworden. Wenn es nicht gelingt, die Binnennachfrage zu stärken, müssen europäische Mittelständler mit Umsatzeinbußen rechnen. Die Konkurrenten aus Asien können mit den Produktionspreisen aus Europa mithalten oder diese gar unterbieten.
Chinas außenpolitische Wirtschaftsstrategie ist darauf ausgelegt, den Export nach Europa zu steigern. Die eigene Währung wird durch eine exzessive Geldpolitik niedrig gehalten (mehr zur Rekord-Inflation – hier). Die Unternehmen bekommen massive staatliche Unterstützung in Form von Subventionen. Das versetzt exportorientierte Firmen in China in die Lage, den europäischen Markt für sich zu erobern.
„Um den Anschluss zu anderen Volkswirtschaften nicht komplett zu verlieren, sollten die europäischen Länder verstärkt in wettbewerbsfördernde Faktoren wie Infrastruktur, Innovationskraft und Bildungssystem investieren“, sagte Max Falkenberg, Partner von Roland Berger Strategy Consultants.
Die Regierungen Europas sollten an dem Abbau der Staatsverschuldung weiterarbeiten sowie wirtschaftlich und politisch noch stärker zusammenwachsen. „Doch bei den Unternehmen herrscht hier Skepsis: Über 60 Prozent der Befragten bezweifeln, dass die aktuellen politischen Maßnahmen in den einzelnen Ländern das Vertrauen in Europa stärken können, heißt es in der Restrukturierungsstudie.
Prozent der Unternehmen gehen von sinkenden oder stagnierenden Umsätzen aus. Als Wachstumsgarant gelten Investitionen in Europa und Asien. Jedes zweite Unternehmen bemängelt die fehlende Verfügbarkeit von Fachkräften. Neben der schwachen europäischen Binnennachfrage (48%) ist die schwindende Risikobereitschaft für 38 Prozent der Unternehmen die größte Wachstumsbremse.
Da sich Firmenchefs mit Investitionen und Risiken in wirtschaftlich unsicheren Zeiten zurückhalten, verschiebt sich der Fokus bei 70 Prozent aller Unternehmen auf interne Restrukturierung. „Dabei stehen Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen (77%), Wachstumsinitiativen (76%) sowie Anpassungen der Strategie und Geschäftsmodelle (69%) ganz oben auf der Agenda“, so die Studie.
Um sich vor Finanzierungsrisiken zu schützen, sind Bankkredite immer noch das beliebteste Mittel. Die Zinsen sind niedrig und die Banken buhlen um die Gunst des Mittelstands. Trotzdem greifen Unternehmen derzeit lieber auf die eigenen Rücklagen zurück – in der Hoffnung darauf, dass die Wirtschaft im nächsten Jahr wieder anzieht.