Unternehmen

Heidelberger Druckmaschinen: Einstieg in Rüstungsindustrie mit Vincorion

Heidelberger Druckmaschinen steigt mit einem Großauftrag in die Rüstungsindustrie ein – ein Schritt, der an der Börse für Euphorie sorgt. Hinter dem Deal mit Vincorion steht ein strategischer Wandel, der den Traditionskonzern neu positionieren könnte. Doch nicht alle Folgen sind absehbar.
29.07.2025 12:01
Lesezeit: 3 min

Heidelberger Druckmaschinen: Einstieg in die Rüstungsindustrie

Der Maschinenbauer Heidelberger Druckmaschinen (Heidelberg) <DE0007314007> steigt im Zuge einer strategischen Partnerschaft mit Vincorion Advanced Systems in das Geschäft mit der Rüstungsindustrie ein. Für die ehemalige Militärtechniksparte des ostdeutschen Technologiekonzerns Jenoptik <DE000A2NB601> soll Heidelberger Druckmaschinen Regelungstechnik und Energieverteilungssysteme fertigen, wie der SDax <DE0009653386>-Konzern am Dienstag mitteilte. Beide Unternehmen haben im Rahmen einer Absichtserklärung eine mehrjährige Kooperation vereinbart – mit der Perspektive, diese auszubauen.

Börsenerfolg nach Bekanntgabe

An der Börse kam die Nachricht gut an – die Aktie schnellte am Vormittag bis auf 1,984 Euro nach oben. Damit erreichte sie den höchsten Stand seit Februar 2023. Zuletzt führte Heideldruck den SDax mit einem Plus von fast einem Viertel auf 1,962 Euro an. Seit dem Jahreswechsel hat sich der Wert des Papiers mehr als verdoppelt. Damit zählt es im SDax zu den Favoriten.

Erstes Rüstungsprojekt nimmt Gestalt an

"Es ist das erste konkrete Projekt aus der Rüstungsindustrie, das wir vermelden können", sagte Unternehmenschef Jürgen Otto der Nachrichtenagentur dpa-AFX. Das Management sei bereits seit vielen Monaten unterwegs, um die Projekte mit den Partnern abzustimmen. "Sobald die formellen Entscheidungen gefällt sind, gehen wir davon aus, dass wir die Beauftragung bekommen, wenn der Bundeshaushalt und der Verteidigungsausschuss die Aufträge vergeben."

Milliardenmarkt mit Wachstumsperspektive

Die europäische und deutsche Politik wollen Hunderte Milliarden Euro für die Verteidigung mobilisieren. Der russische Angriff auf die Ukraine und weitere geopolitische Spannungsfelder wie der Nahostkonflikt haben die staatlichen Rüstungsprogramme beschleunigt.

"Der Rüstungsmarkt ist ein großer Markt, er ist viele, viele Milliarden Euro schwer, mit der Tendenz wachsend", sagte der langjährige Automanager Otto. Das Unternehmen sei hervorragend für den Markt qualifiziert, um dort eine Rolle zu spielen. Heidelberger Druckmaschinen werde in den nächsten drei Jahren im gesamten Industriesegment, zu dem das Rüstungsgeschäft zählt, mindestens 100 Millionen Euro erwirtschaften, zeigte sich der Manager zuversichtlich.

Technologiestärke statt Panzerbau

"Wir sagen nicht, dass wir bessere Panzer bauen können als die bewährten Hersteller", stellte er klar. Aber das, was in einem Panzer an Technologie enthalten sei, beherrsche das Unternehmen und könne dabei helfen, es zu skalieren. Heidelberger Druckmaschinen entwickle und fertige von der Gießerei, mechanischen Bearbeitung über Mechatronik, Pneumatik bis hin zu Software, Elektronik und Elektrik alles im eigenen Haus.

Partner Vincorion bringt Energiekompetenz ein

Der Partner Vincorion sei auf Energieversorgungsanlagen für die Rüstungsindustrie spezialisiert und produziere unter anderem Stromgeneratoren, sagte Michael Wellenzohn, Leiter der Sparte Industry. Ein Stromgenerator bestehe aus den Elementen Motor, Generator und Steuerschrank. "Wir bauen das Herzstück, den Steuerschrank." Dieser reguliere das System und liefere elektrische Energie in der gewünschten Spannung und Frequenz. Kerntechnologie sei die Leistungselektronik, auf die Heidelberg spezialisiert sei.

Transformation mit Signalwirkung

Die ersten finanziellen Beiträge durch den Deal dürften nach Einschätzung von Thomas Wissler von MWB Research zwar nur moderat ausfallen. Die langfristigen Vorteile und die Signalwirkung für Heidelbergs Transformationsprozess seien jedoch erheblich. Die Partnerschaft mit Vincorion sei für Heidelberg ein strategisch sinnvoller Schritt zur Diversifizierung. Das Umsetzungsrisiko sei begrenzt, da das Unternehmen bereits über entsprechende Kapazitäten verfüge. Strategisch orientiere sich Heidelberger Druck damit stärker auf sicherheitskritische Technologien, wodurch die Geschäfte langfristig robuster und werthaltiger würden.

Keine Folgen durch Zollkompromiss

Derweil hat der Kompromiss im Zollkonflikt zwischen der EU und den USA keine Auswirkungen für das Unternehmen. "Es gibt für uns keine neue Situation", sagte Unternehmenschef Otto. Egal, wie hoch die Zölle ausfielen, Heidelberger Druck werde die entstehenden höheren Kosten an die Kunden weitergeben. Das Unternehmen genießt laut dem Vorstandschef den Vorteil, dass es keinen Wettbewerber in den USA gibt, der Offsetdruckmaschinen herstellt.

Hoffnung auf Planungssicherheit

Das Management hoffe jedoch, dass nun Planungssicherheit einkehre – sowohl für die Kunden als auch für das Unternehmen. Heidelberger Druckmaschinen arbeite in über 170 Ländern der Welt und sei somit sehr global aufgestellt, fügte der Vorstandschef hinzu.

Die EU und die USA hatten sich darauf geeinigt, dass der Zollsatz auf die meisten Importe bei 15 Prozent liegen soll. Das soll auch für Autos, Halbleiter und Pharmaprodukte gelten. Für bestimmte Güter wie Aluminium und Stahl sollen die Zölle unverändert 50 Prozent betragen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Kryptowährungsmarkt im Fokus: ETFs, XRP und Moon Hash – Weihnachtsbonusverträge beflügeln Cloud-Computing-Trends

Zum Jahresende erlebt der Kryptowährungsmarkt einen neuen Aufschwung. Kryptowährungs-ETFs und XRP ziehen zunehmend Gelder traditioneller...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

 

X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Finanzen
Finanzen Jetzt Tesla-Aktie kaufen? Welche Erwartungen Investoren an Elon Musk haben
21.12.2025

Visionäre Unternehmer haben an den Kapitalmärkten immer wieder ganze Branchen neu geordnet. Ob Tesla-Aktien weiterhin von technologischem...

DWN
Panorama
Panorama Gaudís Sagrada Família: Der höchste Kirchturm der Welt
21.12.2025

Barcelona feiert 2026 die Architektur – und ein Turm der Sagrada Família soll Geschichte schreiben. Doch hinter dem Rekord stecken Geld,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Leadership-Coach Lars Krimpenfort: „Klopp ist ein gutes Beispiel für klare Führung unter Druck“
21.12.2025

Im Mittelstand steigen die Belastungen gefühlt täglich. Wie gelingt es Führungskräften dennoch, unter Druck richtig zu entscheiden?...

DWN
Politik
Politik EU-Kapitalmarktunion: Warum kleine Staaten um ihre Finanzmacht kämpfen
21.12.2025

Die EU will ihren Kapitalmarkt neu ordnen und zentrale Aufsichtsrechte nach Paris verlagern, während kleinere Staaten den Verlust ihrer...

DWN
Panorama
Panorama DWN-Wochenrückblick KW 51: Die wichtigsten Analysen der Woche
21.12.2025

Im DWN Wochenrückblick KW 51 fassen wir die zentralen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Woche zusammen....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mittelstand vor existenziellen Problemen: Keine Aufträge und schlechte Rahmenbedingungen
21.12.2025

Wie eine aktuelle Umfrage des ifo-Instituts ergab, sehen sich 8,1 Prozent der befragten Firmen direkt in ihrer wirtschaftlichen Existenz...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Zölle auf Kleinsendungen: Neue Abgabe trifft Online-Bestellungen aus Drittstaaten
21.12.2025

Der Online-Handel mit günstigen Waren aus Drittstaaten wächst rasant und stellt den europäischen Binnenmarkt vor strukturelle...

DWN
Finanzen
Finanzen Topanalyst enthüllt: Das sind die attraktivsten Rüstungsaktien
21.12.2025

Die globale Sicherheitslage wandelt sich rasant, und die Verteidigungsindustrie gewinnt an Bedeutung für Regierungen und Kapitalmärkte....