Heidelberger Druckmaschinen: Einstieg in die Rüstungsindustrie
Der Maschinenbauer Heidelberger Druckmaschinen (Heidelberg) <DE0007314007> steigt im Zuge einer strategischen Partnerschaft mit Vincorion Advanced Systems in das Geschäft mit der Rüstungsindustrie ein. Für die ehemalige Militärtechniksparte des ostdeutschen Technologiekonzerns Jenoptik <DE000A2NB601> soll Heidelberger Druckmaschinen Regelungstechnik und Energieverteilungssysteme fertigen, wie der SDax <DE0009653386>-Konzern am Dienstag mitteilte. Beide Unternehmen haben im Rahmen einer Absichtserklärung eine mehrjährige Kooperation vereinbart – mit der Perspektive, diese auszubauen.
Börsenerfolg nach Bekanntgabe
An der Börse kam die Nachricht gut an – die Aktie schnellte am Vormittag bis auf 1,984 Euro nach oben. Damit erreichte sie den höchsten Stand seit Februar 2023. Zuletzt führte Heideldruck den SDax mit einem Plus von fast einem Viertel auf 1,962 Euro an. Seit dem Jahreswechsel hat sich der Wert des Papiers mehr als verdoppelt. Damit zählt es im SDax zu den Favoriten.
Erstes Rüstungsprojekt nimmt Gestalt an
"Es ist das erste konkrete Projekt aus der Rüstungsindustrie, das wir vermelden können", sagte Unternehmenschef Jürgen Otto der Nachrichtenagentur dpa-AFX. Das Management sei bereits seit vielen Monaten unterwegs, um die Projekte mit den Partnern abzustimmen. "Sobald die formellen Entscheidungen gefällt sind, gehen wir davon aus, dass wir die Beauftragung bekommen, wenn der Bundeshaushalt und der Verteidigungsausschuss die Aufträge vergeben."
Milliardenmarkt mit Wachstumsperspektive
Die europäische und deutsche Politik wollen Hunderte Milliarden Euro für die Verteidigung mobilisieren. Der russische Angriff auf die Ukraine und weitere geopolitische Spannungsfelder wie der Nahostkonflikt haben die staatlichen Rüstungsprogramme beschleunigt.
"Der Rüstungsmarkt ist ein großer Markt, er ist viele, viele Milliarden Euro schwer, mit der Tendenz wachsend", sagte der langjährige Automanager Otto. Das Unternehmen sei hervorragend für den Markt qualifiziert, um dort eine Rolle zu spielen. Heidelberger Druckmaschinen werde in den nächsten drei Jahren im gesamten Industriesegment, zu dem das Rüstungsgeschäft zählt, mindestens 100 Millionen Euro erwirtschaften, zeigte sich der Manager zuversichtlich.
Technologiestärke statt Panzerbau
"Wir sagen nicht, dass wir bessere Panzer bauen können als die bewährten Hersteller", stellte er klar. Aber das, was in einem Panzer an Technologie enthalten sei, beherrsche das Unternehmen und könne dabei helfen, es zu skalieren. Heidelberger Druckmaschinen entwickle und fertige von der Gießerei, mechanischen Bearbeitung über Mechatronik, Pneumatik bis hin zu Software, Elektronik und Elektrik alles im eigenen Haus.
Partner Vincorion bringt Energiekompetenz ein
Der Partner Vincorion sei auf Energieversorgungsanlagen für die Rüstungsindustrie spezialisiert und produziere unter anderem Stromgeneratoren, sagte Michael Wellenzohn, Leiter der Sparte Industry. Ein Stromgenerator bestehe aus den Elementen Motor, Generator und Steuerschrank. "Wir bauen das Herzstück, den Steuerschrank." Dieser reguliere das System und liefere elektrische Energie in der gewünschten Spannung und Frequenz. Kerntechnologie sei die Leistungselektronik, auf die Heidelberg spezialisiert sei.
Transformation mit Signalwirkung
Die ersten finanziellen Beiträge durch den Deal dürften nach Einschätzung von Thomas Wissler von MWB Research zwar nur moderat ausfallen. Die langfristigen Vorteile und die Signalwirkung für Heidelbergs Transformationsprozess seien jedoch erheblich. Die Partnerschaft mit Vincorion sei für Heidelberg ein strategisch sinnvoller Schritt zur Diversifizierung. Das Umsetzungsrisiko sei begrenzt, da das Unternehmen bereits über entsprechende Kapazitäten verfüge. Strategisch orientiere sich Heidelberger Druck damit stärker auf sicherheitskritische Technologien, wodurch die Geschäfte langfristig robuster und werthaltiger würden.
Keine Folgen durch Zollkompromiss
Derweil hat der Kompromiss im Zollkonflikt zwischen der EU und den USA keine Auswirkungen für das Unternehmen. "Es gibt für uns keine neue Situation", sagte Unternehmenschef Otto. Egal, wie hoch die Zölle ausfielen, Heidelberger Druck werde die entstehenden höheren Kosten an die Kunden weitergeben. Das Unternehmen genießt laut dem Vorstandschef den Vorteil, dass es keinen Wettbewerber in den USA gibt, der Offsetdruckmaschinen herstellt.
Hoffnung auf Planungssicherheit
Das Management hoffe jedoch, dass nun Planungssicherheit einkehre – sowohl für die Kunden als auch für das Unternehmen. Heidelberger Druckmaschinen arbeite in über 170 Ländern der Welt und sei somit sehr global aufgestellt, fügte der Vorstandschef hinzu.
Die EU und die USA hatten sich darauf geeinigt, dass der Zollsatz auf die meisten Importe bei 15 Prozent liegen soll. Das soll auch für Autos, Halbleiter und Pharmaprodukte gelten. Für bestimmte Güter wie Aluminium und Stahl sollen die Zölle unverändert 50 Prozent betragen.