In der Schweiz wird es auch weiter keinen gesetzlichen Mindestlohn geben. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund scheiterte am Sonntag deutlich mit seinem Vorschlag, eine Lohnuntergrenze von 22 Franken pro Stunde per Volksabstimmung durchzusetzen. Mehr als drei Viertel der Wähler sprachen sich gegen die Volksinitiative „Für den Schutz fairer Löhne“ aus. Der Vorstoß fand zudem in keinem der 26 Kantone eine Mehrheit, wie das Schweizer Fernsehen berichtete.
Gegen den Vorschlag der Gewerkschaft war die Wirtschaft Sturm gelaufen. Zwar sind die Löhne schon heute in den meisten Fällen höher, weshalb sich die Zusatzkosten für die Firmen in Grenzen gehalten hätten. Doch die Unternehmer befürchten einen weiteren Einschnitt in die wirtschaftsfreundliche Schweizer Gesetzgebung, die zum Beispiel kaum Kündigungsschutz kennt. Zudem hat es zuletzt öfters Überraschungen bei den Abstimmungen gegeben - zuungunsten der Wirtschaft. So stimmten die Eidgenossen im vergangenen Jahr für Einschränkungen bei den Manager-Gehältern und im Februar für eine Begrenzung der Zuwanderung von Arbeitskräften (mehr hier).
Nur 23 Prozent der Schweizer votierten für die Volksinitiative, während 77 Prozent dagegen stimmten, wie die Neue Züricher Zeitung berichtet. Wirtschaftsvertreter reagierten auf den Wahlausgang erleichtert. „Es ist eine klare Absage des Schweizer Volks an die Einmischung des Staates in Lohnsachen“, sagte Arbeitgeber-Präsident Valentin Vogt. Hans-Ulrich Bigler vom Schweizerischen Gewerbeverband sprach von einem Vertrauensbeweis für die Wirtschaft. Der Maschinenbau-Verband Swissmem begrüßte den Wahlausgang als ein „Bekenntnis zum Erfolgsmodell Schweiz“, das auf einen liberalen Arbeitsmarkt und Sozialpartnerschaft setze.
Gewerkschaftspräsident Paul Rechsteiner räumte die Niederlage ein und sprach von einem schlechten Resultat für die von Sozialdemokraten und Grünen unterstützte Initiative. Er verwies darauf, dass im Vorfeld der Abstimmung die Löhne im Niedriglohnbereich gestiegen seinen, etwa in Einzelhandel. „Es haben sich die Löhne bewegt in vielen Branchen“, erklärte er. Die Supermarktkette Lidl etwa zahlt seit diesem Jahr ihren Angestellten mindestens 4000 Franken. Beim Konkurrenten Aldi sind es 200 Franken mehr. Auch die Sozialpartner in der Maschinenindustrie haben im Vorjahr erstmals branchenweite Mindestlöhne vereinbart.