Finanzen

Schulden-Erlass hilft der griechischen Wirtschaft nicht aus der Krise

Alexis Tsipras hat vor seinem Wahlsieg angekündigt, einen weiteren Schuldenschnitt für Griechenland zu fordern. Dieser allein wird das Land jedoch nicht aus der Krise bringen. Schon jetzt haben die Griechen günstigere Kredit-Bedingungen als andere Euro-Krisenstaaten.
27.01.2015 00:08
Lesezeit: 1 min

Die griechischen Staatsschulden belaufen sich derzeit auf 175 Prozent des Bruttoinlandsproduktes des Landes. Das Land ist in Höhe von 317 Milliarden Euro bei den internationalen Gläubigern verschuldet. Schon vor seinem Wahlsieg hatte Alexis Tsipras deshalb angekündigt eine Schuldenkonferenz einberufen zu wollen. Tsipras will, dass die Schuldenlast Griechenlands um mindestens ein Drittel reduziert wird. Irland hat sich bereits positiv zu solch einer Schuldenkonferenz geäußert  und auch Portugal hofft auf eine ähnliche Erleichterung. Deutschland, die Niederlande und Frankreich sind zumindest öffentlich gegen einen solchen weiteren umfangreichen Schuldenschnitt. Die EZB hat dies bereits abgelehnt. Die Nordstaaten und Teile der EU streben eine Verlängerung der Laufzeiten der Kredite an.

Ein Blick auf die aktuelle Zinsbelastung Griechenlands zeigt, dass diese im Vergleich mit anderen Staaten günstig ist. Zumindest ist die Zinslast nicht ausschlaggebend für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes. Schließlich haben die Kredite über den Rettungsschirm EFSF mittlerweile eine Laufzeit von 30 Jahren, und bis etwa 2022 müssen dafür gar keine Zinsen gezahlt werden, so die FT. Die Schulden, die das Land bei den Mitgliedsstaaten der Eurozone hat, wurden im Mai 2010 mit einer Laufzeit bis 2041 versehen, der Zinssatz wurde von 300 bis 400 Basispunkten über dem Euribor auf 50 Basispunkte gesenkt. Griechenland hat für die Rückzahlung der Schulden eine durchschnittlich Laufzeit von 16,5 Jahren, so Joakim Tiberg von der UBS. Das ist doppelt so lang wie die Laufzeiten der Kredite, die Deutschland bedienen muss.

Zusätzlich dazu sind die Nominalzinsen deutlich gesunken. Zsolt Darvas vom Think Tank Bruegel  geht davon aus, dass die Ausgaben hier für Griechenland im vergangenen Jahr bei 4,3 Prozent  des BIP lagen. Italiens und Portugals Ausgaben dieser Art sind höher. Darvas zufolge ist dies sogar noch eine sehr großzügige Rechnung. Schließlich zahle das Land beispielsweise für die EFSF-Kredite gar keine Zinsen und auch die Zinsen, die es an die EZB und andere nationale Zentralbanken zahle, erhalte es zurück, so Darvas. Beachtet man das, lag der Gesamtzinsaufwand für Griechenland 2014 bei 2,6 Prozent. Italien, Portugal und selbst Frankreich haben eine deutlich höhere Belastung.

„Ein Verhältnis von 170 Prozent des BIP bedeutet gar nichts", sagte Lorenzo Bini Smaghi, ehemaliges Vorstandsmitglied der Europäischen Zentralbank, der FT. „Die Schulden sind viel niedriger verzinst. Dadurch sind die Auswirkungen auf die Wirtschaft viel niedriger als in Portugal oder Italien“, so Smaghi.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ukraine-Krieg: Frieden zwischen Ukraine und Russland kann neue Aktienrallye in Europa auslösen
20.04.2025

Deutschland als größte Volkswirtschaft Europas leidet in besonderem Maße unter den wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs. Hohe...

DWN
Politik
Politik Was sich im Mai ändert: Neue Namensregeln, schärferer Biomüll-Kurs und Abschied von Skype
20.04.2025

Im Mai 2025 kommen wichtige Änderungen auf Bürger zu: Neue Nachnamensregeln für Familien, strengere Biomüll-Kontrollen, digitale...

DWN
Finanzen
Finanzen Ride Them Out: Den richtigen Moment in der Börsen-Blasen-Strategie finden
20.04.2025

Die Finanzwelt steht immer wieder vor der Frage, wie man in turbulenten Zeiten richtig handelt. Dieser Artikel beleuchtet, warum es oft...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Abschottung statt Gastfreundschaft: Trumps zweite Amtszeit trifft Amerikas Tourismusindustrie
20.04.2025

Internationale Reisende meiden die USA – Fälle willkürlicher Festnahmen an den Grenzen häufen sich. Europas Touristen ziehen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Shell: Asien als Haupttreiber des LNG-Wachstums bis 2040
20.04.2025

Shell prognostiziert einen Anstieg des globalen LNG-Verbrauchs um 60 Prozent bis 2040, vor allem getrieben durch die steigende Nachfrage in...

DWN
Politik
Politik Asien-Investor: „Jetzt beginnt Trumps Schicksalsvierteljahr“
20.04.2025

Ein schwedischer Analyst in Vietnam sieht das Weiße Haus vor einem Finanzbeben – und erkennt zugleich geopolitische Chancen für...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlands Brücken sind marode – reicht eine Finanzspritze aus?
20.04.2025

Deutschlands Brücken sind in einem kritischen Zustand – ein aktuelles Beispiel ist die A100-Brücke in Berlin. Die sogenannte...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft De-minimis-Ausnahme: Trump hat europäischen Unternehmen bisher ein Geschenk im Wert von 800 Dollar hinterlassen
19.04.2025

Trumps Zollpolitik ermöglicht es europäischen Unternehmen, Waren bis 800 Dollar zollfrei in die USA zu versenden. Doch Experten warnen,...