Finanzen

Erdoğans Eingriffe treiben Türkei in eine Währungs-Krise

Die türkische Regierung spielt ein gefährliches, politisches Spiel, das das Land in eine ausgewachsene Währungskrise und eine Rating-Abstufung stürzen kann. Hintergrund ist ein Streit zwischen der Regierung und der Zentralbank um die Senkung des Leitzinses im Vorfeld der türkischen Parlamentswahlen im Juni.
08.03.2015 01:26
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die türkische Zentralbank (CBRT) hatte zuletzt den Leitzins um 0,25 Prozent auf 7,5 Prozent gesenkt, was Präsident Erdoğan und andere Regierungsminister nicht als hinreichend erachten, um die türkische Wirtschaft anzukurbeln.

Bereits Ende Januar hatte die Türkei den Leitzins überraschend gesenkt und sich damit der Politik der EZB angenähert, die versucht, die Exporte durch eine Abwertung anzukurbeln.

Durmuş Dündar, Wirtschaftsprofessor an der Universität von Istanbul, unterstützt jedoch die Mini-Zinssenkung der Zentralbank: Die türkische Notenbank richte sich nach ihren Daten und den weltweiten Trends. Es sei eine objektive Entscheidung gewesen. Die Zentralbank habe richtig gehandelt, selbst wenn Erdoğan nicht damit übereinstimme. Dündar wörtlich: „Ich frage mich, ob der Präsident niedrigere Wechselkurse haben möchte. Strebt er eigentlich eine Entwertung der Währung an?“

In der vergangenen Woche hatte Erdoğan bei der Zentralbank interveniert, die Zinssätze noch niedriger anzusetzen. Der Konflikt ist vor dem Hintergrund der Parlamentswahlen in kommenden Juni zu betrachten. Denn eine spürbare Erholung der Wirtschaft könnte die Chancen der regierenden AK-Partei erhöhen, bei der Parlamentswahl im Juni eine Zweidrittel-Mehrheit zu erringen.

Aufgrund des politischen Drucks und der Verunsicherung der Investoren fiel die türkische Lira am vergangenen Freitag auf einen Kurs von 2,53 Lira für einen US-Dollar.

Erdoğan warf der Notenbank zuletzt mehrfach eine falsche Zinspolitik vor. Wer die hohen Zinsen verteidige, begehe Verrat an der Nation, so Präsident Erdoğan. Investoren mutmaßen, dass die Unabhängigkeit der Zentralbank verloren gehen könnte.

Indessen bekräftigte Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu die Unabhängigkeit der türkischen Zentralbank. Die türkische Regierung müsse verstehen, dass die Notenbank unabhängig sei und ihre eigenen Entscheidungen fälle, so Davutoğlu. Indirekt sich lassen seine Äußerungen jedoch auch als Tadel an Staatschef Erdoğan deuten. Davutoğlu unterstrich jedoch, man wolle mehr Wirtschaftswachstum, und für mehr Wachstum weniger Inflation und niedrigere Zinsen.

Indessen fragen sich Experten, ob die Zinssenkung schlussendlich eine politische oder wirtschaftliche Entscheidung gewesen sei. Die Meinungen hierüber gehen auseinander.

„Die Entscheidung der türkischen Zentralbank fällt zusammen mit einer Periode intensiven, politischen Drucks, die die Skepsis hinsichtlich der Unabhängigkeit der Notenbank nur bestärkt hat, konstatierte ein Barclays Analyst laut CNBC.

Der Markt macht sich inzwischen ein düsteres Bild von Erdoğans Eingriffe in die Geldpolitik. Es bestehe die Gefahr, dass er eine Währungskrise auslöst, betonte Kathleen Brooks, Forschungsleiterin bei FOREX.com am Donnerstag. Alle Augen seien jetzt darauf gerichtet, was die Zentralbank bei ihrer nächsten Sitzung am 17. März entscheidet. „Es sieht so aus, dass der Markt nur an einer Richtung interessiert ist wenn es um die Lira geht, und zwar an einer Abwertung“, so Brooks. Wie auch immer eine Entscheidung ausfällt: „Sollte der Gouverneur der Zentralbank in den kommenden Tagen zurücktreten oder sich dem Druck der Regierung beugen, dann könnte es zu einem Kurssturz kommen“.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie „Mein alter Job als Softwareentwickler ist weg“ – Jentic-Chef über selbstprogrammierende KI-Agenten
19.04.2025

Der irische Tech-Unternehmer Sean Blanchfield ist überzeugt, dass KI-Agenten menschliche Programmierer und Softwareentwickler zunehmend...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt „We don’t believe in Outsourcing“ – Klöber zeigt, wie Produktion in Deutschland wieder gelingt
18.04.2025

Sitzen, aber richtig: Der Büromöbelhersteller aus Owingen setzt auf Inhouse-Produktion, recycelte Materialien und digitale Innovation –...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 und die Illusion von sicheren, langfristigen Renditen
18.04.2025

Der amerikanische Aktienmarkt befindet sich in turbulenten Zeiten. Angesichts der unvorhersehbaren Handelspolitik von Präsident Donald...

DWN
Finanzen
Finanzen Wertvoller Schmuck im Fokus: So sichern Sie Ihre teuren Schmuckstücke ab
18.04.2025

Die Absicherung wertvoller Schmuckstücke wird immer wichtiger – Hausrat reicht oft nicht aus. Experten raten zu gezieltem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen in Dänemark: Wie Sie mit etwas Hygge ein Haus günstig kaufen können
18.04.2025

Nachdem es 2023 und 2024 in Deutschland zum ersten Mal seit 2013 spürbare Wertverluste auf dem Immobilienmarkt gab, kündigten Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA: Staatsverschuldung erreicht 36,6 Billionen Dollar – wer sind die Gläubiger?
18.04.2025

Die Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten hat mit 36,6 Billionen Dollar einen neuen Höchststand erreicht und wächst in den letzten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Online-Handel unter Druck: Steigende Erwartungen, weniger Spielraum für Fehler
18.04.2025

Der digitale Handel erlebt 2025 einen Wendepunkt: Kunden erwarten Perfektion, während lokale Anbieter ums Überleben im globalen...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona: Aufwärtstrend bei Amateurmusik - Deutsche musizieren wieder
18.04.2025

Den Flohwalzer klimpern, ein Liebeslied singen, auf der Gitarre schrammeln – Hobbymusik hat viele Facetten. Doch wie viele Menschen...