Die deutschen Maschinenbauer kämpfen gegen die EU - und um den Erhalt des für sie immens wichtigen russischen Marktes. «Wir halten den Kopf über Wasser», heißt es beim Lackieranlagenbauer Dürr. Noch ist das Geschäft dort mit etwa 30 Vertriebsmitarbeitern profitabel. Allerdings lag der Auftragseingang im ersten Quartal mit fünf Millionen Euro deutlich unter dem normalen Niveau. «Selbst wenn sich die Lage bessert, dauert es noch ein bis zwei Jahre, bis wieder Aufträge reinkommen.»
Dürr leidet zwar nicht direkt unter den Sanktionen, die die Europäische Union im vergangenen August gegen Russland verhängt hatte. Aber die Strafmaßnahmen aus Brüssel «verderben die Stimmung». Die deutschen Exporte nach Russland sind nach Daten des Statistischen Bundesamtes im ersten Quartal heftig um 34 Prozent eingebrochen - infolge der westlichen Sanktionen und der russischen Konjunkturschwäche.
Nicht minder heftig trifft es die Maschinenbauer: Ihre Ausfuhren sanken von Januar bis März um rund 28 Prozent. Allerdings zeichnet diese Schlüsselindustrie für mehr als ein Fünftel aller deutschen Russland-Lieferungen verantwortlich. Ihnen geht also ein Milliardengeschäft verloren. Umgekehrt ist Deutschland seit Jahrzehnten der wichtigste Lieferant für Maschinen und Technologie nach Russland, wie VDMA-Außenwirtschaftsexperte Ulrich Ackermann der dpa sagte.
Die Aussichten, dass sich schnell etwas bessert, sind schlecht: Schon im März wurde deutlich, dass die Staats- und Regierungschefs der EU die bis Ende Juli befristeten Sanktionen voraussichtlich verlängern werden. VDMA-Präsident Reinhold Festge bezweifelt, dass dieser Weg das angemessene Druckmittel gegen Moskau ist: «Die Sanktionen nutzen keinem.» Er hofft allerdings, dass die Zügel schon 2016 allmählich gelockert werden könnten.
Die größtenteils mittelständischen Betriebe werden sich trotz der Nachteile, die die EU-Sanktionen für sie bringen, nicht aus Russland zurückziehen. Nach einer VDMA-Umfrage wollen zwar nur zwei Prozent der Unternehmen dem russischen Markt den Rücken kehren, ein Fünftel baut aber inzwischen Personal in Russland ab oder legt dort Projekte auf Eis. Festge betont dennoch: «Wir bleiben in jedem Fall. Wir glauben an die Zukunft des russischen Marktes.»
Beim Bundesamt für Ausfuhrkontrolle hat sich inzwischen zwar wieder etwas Normalität eingestellt. Von August bis Ende 2014 hätten sich wegen der Sanktionen die Antragszahlen verfünffacht. Doch selbst wenn die Produkte nicht auf den Sanktions- oder Dual-Use-Güter-Listen stehen - also zivil und militärisch eingesetzt werden könnten -, bedeuten Geschäfte mit Russland inzwischen mehr Aufwand.
«Wir planen bei der Abwicklung russischer Aufträge grundsätzlich sehr viel mehr Zeit ein und starten die Genehmigungsanfrage zu einem sehr frühen Zeitpunkt», heißt es beim Pressenhersteller Schuler in Göppingen. «Für Projekte und Aufträge bei Mischkonzernen stellen wir grundsätzlich Anträge auf Ausfuhrgenehmigung.»
Die Ausfuhren würden grundsätzlich strenger überprüft. Noch kritischer sei das Thema Finanzierung. Insbesondere im Mittelstand fehle den russischen Kunden zunehmend Zugang zu Devisen und dem Kapitalmarkt. Kredite könnten sich viele Firmen wegen der hohen Zinsen in Russland kaum noch leisten. «Der Mangel an Finanzierungen ist zur Zeit das größte Hemmnis», erklärt Ackermann. Unternehmen wie Schuler versuchen, ihren Kunden Finanzierungspartner zu vermitteln.
Auch der Werkzeugmaschinenbauer Trumpf bemüht sich, seinen Kunden entgegenzukommen: «Durch entsprechende Währungssicherungsgeschäfte und verlängerte Zahlungsziele versuchen wir, für Kunden, die wir noch bedienen können, weiterhin attraktiv zu bleiben», sagt ein Sprecher.
Der Motorsägenbauer Stihl passte in diesem Jahr seine Planung für Russland bereits deutlich nach unten an. «Wir hoffen sehr, dass der Rubel wieder steigt», sagt ein Sprecher. Denn durch den schwachen Rubel sind die deutschen High-Tech-Maschinen für russische Kunden derzeit oft zu teuer. Die wenden sich zunehmend an die Konkurrenz aus China, wie VDMA-Russland-Expertin Monika Hollacher weiß: «Es ist daher nur eine Frage der Zeit, bis China zum wichtigsten russischen Maschinenlieferanten wird.»