Der neue IWF-Chefökonom Maurice Obstfeld hat klare Positionen über die Struktur der Euro-Zone. Er ist einer der einflussreichsten Ökonomen in den USA und war unter anderem Wirtschaftsberater für Präsident Barack Obama.
Als Ökonom hat er regelmäßig an den Befragungen des Booth IGM Experten-Forums in Chicago teilgenommen. Bei diesen Befragungen müssen die Ökonomen sagen, ob sie bestimmten Aussagen zustimmen oder nicht.
Im April sagte Obstfeld auf die Frage, ob er die Pleite von überschuldeten Staaten wie Griechenland oder Portugal für „unwahrscheinlich“ halte, dass er dem nicht zustimme: „Die Märkte mögen glauben, dass es im Hinblick auf die Staatsanleihen unwahrscheinlich ist, dass es zu einer Pleite kommt. Das bedeutet nicht, dass es für immer ausgeschlossen werden kann: Die Schuldenlast von Griechenland ist immer noch hoch.“
Bereits im September 2012 hatte Obstfeld gesagt, er sei sich nicht sicher, ob ein substantieller Schuldenschnitt für Griechenland, Irland, Italien, Portugal oder Spanien nicht dazu führen könnte, dass die Euro-Zone wieder wachsen könnte: „Griechenland ist schon pleite, und die Staatsschulden sehen so aus, als seien sie nicht tragfähig.“
Obstfeld hat eine klare Meinung darüber, dass Deutschland die Schulden der Euro-Zone übernehmen sollte. Mit 10 Punkten beantwortete er im Juni 2012 die folgende Frage mit einem klaren „Ja“:
„Wäre es für die Euro-Zone besser, wenn Deutschland als Backstop für die die Schulden der südlichen Staaten Europas auftreten würde – und zwar ohne Vorbedingungen wie Arbeitsmarktreformen und künftige Kontrolle der Haushalte?“
Ebenfalls 10 Punkte an Zustimmung gab Obstfeld auf die Frage, dass die „deutsche Wirtschaft mehr Schaden nehmen würde, wenn Deutschland den Süd-Staaten einen bedingungslosen Bail-Out“ anbietet.
Im Jahr 2013 hatte Obstfeld ebenfalls diesen Backstop gefordert, also die institutionelle Vergemeinschaftung der Schulden in der Euro-Zone. Eine solche sei ebenso notwendig wie eine gemeinsame Einlagensicherung und eine echte Banken-Union:
Maurice Obstfeld,the IMF's new chief economist, is an expert of optimal currency areas.His 2013 views on the eurozone pic.twitter.com/PEghuNUOjL— Ferdinando Giugliano (@FerdiGiugliano) July 20, 2015
Man kann also davon ausgehen, dass Obstfeld die US-Position unterstützt, wonach Griechenland einen Schuldenschnitt benötige. Der IWF hatte dies zur Bedingung gemacht, um sich an einem dritten „Rettungspaket“ zu beteiligen. Angela Merkel lehnt dies offiziell ab, wie sie zuletzt in der ARD sagte.
Ob dies auch die Position in den Verhandlungen ist, ist unklar: EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici sagte einem Bericht von Kathimerini zufolge, die Euro-Finanzminister seien sich bei ihrem jüngsten Treffen einig gewesen, dass die griechische Schuldenrückzahlung weiter in die Zukunft geschoben werden solle und es überdies Zinserleichterungen geben solle.
Bereits jetzt ist die griechische Regierung bis 2020 befreit, Zinsen oder gar Tilgung an die EU-Steuerzahler zu leisten. Die Zahlungen an den IWF und die EZB sind dagegen zu leisten: So hat die Regierung in Athen den Großteil ihrer Zahlungen aus dem EFSM, also dem Geld der europäischen Steuerzahler, umgehend an die EZB und den IWF weitergeleitet.