International tätige Unternehmen verschieben nach Untersuchungen unabhängiger Experten und der Hilfsorganisation Oxfam jährlich riesige Summen zwischen Ländern, um Steuern zu sparen. Allein US-Konzerne hätten 2012 zwischen 500 und 700 Milliarden Dollar an Gewinnen in andere Staaten mit dem Ziel transferiert, um dort weniger oder gar keine Steuern zu zahlen, ergab ein am Dienstag veröffentlichter Oxfam-Bericht. Damit hätten die US-Konzerne einen Viertel ihrer Profite von den Ländern, in denen sie erwirtschaftet wurden und eigentlich hätten versteuert werden müssen, abgezogen. Zu den großen Verlierern dieses Verschiebebahnhofs gehörten die Steuerbehörden der großen Industrieländer selbst, darunter auch Deutschland.
Die G20-Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer wollen in wenigen Tagen bei ihrem Gipfeltreffen im türkischen Antalya eine Initiative beschließen, um weltweit Steuerschlupflöcher für international tätige Konzerne zu schließen. Konkrete Maßnahmen im Rahmen eines Aktionsplans gegen steuersparende Gewinnverschiebungen unter dem Namen BEPS waren von der Industrieländerorganisation OECD erarbeitet worden. Oxfam bezeichnete diese Vorschläge "als einen Meilenstein", sie seien aber nicht ausreichend. Die G20 müsse mehr dagegen tun.
Steuerflucht und Steuervermeidung sind Oxfam zufolge wesentliche Gründe dafür, dass die wirtschaftliche Ungleichheit in der Welt extreme Ausmaße erreicht habe. Wenn Regierungen Steuereinnahmen verlören, gehe das zu Lasten der gesamten Volkswirtschaft, dabei aber auch der ganz normalen Bürger. Als die großen Gewinner bei der Gewinnverlagerung von Konzernen nannten Oxfam und die Experten der Gruppe „Tax Justice Network“ die Länder Niederlande, Luxemburg, Irland, Bermuda und die Schweiz. Sie böten den Konzernen besonders vorteilhafte steuerliche Bedingungen. In der Verliererliste stehen Länder wie die USA, Deutschland, Kanada, China und Brasilien. Dort werden vergleichsweise wenig Firmengewinne ausgewiesen und damit versteuert. Zu den großen Verlierern zählten auch generell die Entwicklungsländer.