Finanzen

Allianz fordert Ende der expansiven Geldpolitik der EZB

Die Allianz befürwortet eine Korrektur des expansiven geldpolitischen Kurses der EZB – dafür spricht die aus ihrer Sicht stabile Konjunkturentwicklung. Von der derzeit auf EU-Ebene vorangetriebenen Einschränkung des Bargeldverkehrs hält die Versicherung nichts, weil dies in der Bevölkerung zum Vertrauens-Verlust führen werde.
06.05.2016 00:55
Lesezeit: 2 min

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Der Versicherungskonzern Allianz befürwortet eine Kehrtwende der EZB-Geldpolitik. Diese sei unnötig expansiv, wie der Leiter der makroökonomischen Abteilung, Rolf Schneider, gegenüber den Deutschen Wirtschafts Nachrichten sagte. Sie lasse sich in der jetzigen Form aufgrund der stabilen Konjunkturdaten in der Eurozone nicht länger rechtfertigen. Schneider weist darauf hin, dass die zentrale Zielgröße der EZB-Politik – der harmonisierte Verbraucherpreisindex (hvpi) – zur Messung der Inflation überdies zu falschen Schlüssen veranlasst, weil er die stark gesunkenen Preise für Öl und Gas überproportional berücksichtigt. Nicht zuletzt habe das gesunkene Zinsniveau dazu geführt, dass sich Sparen nicht mehr lohnt. Auf der Suche nach Alternativen hätten Anleger verstärkt auf nicht nachhaltige Investitionen gesetzt. Aus Sicht der Allianz hat die EZB im März ihren letzten expansiven Schritt unternommen – es werde deshalb nicht zu einer direkten Finanzierung der Haushalte nach dem Prinzip des „Helikoptergeldes“ kommen.

Wie für alle einlagenstarken Organisationen stellen Negativzinsen auch für die Allianz eine Herausforderung dar. Erste Unternehmen hatten in den vergangenen Monaten darauf mit speziellen Maßnahmen reagiert. So gab der Rückversicherer Münchener Rück kürzlich bekannt, als Antwort auf die Negativzinsen der EZB selbst Bargeld und Gold zu horten. Ähnliches plant die Allianz bisher nicht. „Man kann natürlich darüber diskutieren, wie teuer Bargeldeinlagerungen sind. Diese belaufen sich auf etwa 0,5 Prozent bis zu einem Prozent der Gesamtsumme. Die Negativzinsen der EZB betragen mittlerweile immerhin schon minus 0,4 Prozent“, sagte Schneider.

Eine Einschränkung oder Abschaffung von Bargeld sieht Schneider kritisch: „Von dieser Diskussion halte ich nicht viel. Das Halten von Bargeld ist eine vertrauensbildende Maßnahme – dessen Abschaffung oder Einschränkung wäre eine Fehlentwicklung.“ Die Europäische Kommission bereitet derzeit die Abschaffung des 500-Euro-Scheins vor. Sie begründet dies offiziell mit dem Kampf gegen Steuerhinterziehung und Terrorismusfinanzierung. Kritiker gehen indes davon aus, dass mit der schrittweisen Einschränkung des baren Zahlungsverkehrs eine leichtere Durchsetzung von Sonderbelastungen und Zwangsmaßnahmen seitens der Politik beabsichtig ist.

Das Wachstum der Weltwirtschaft wird nach Ansicht der Allianz in diesem Jahr bei rund 2,6 Prozent und damit deutlich unter den Erwartungen des Internationalen Währungsfonds liegen. Dieser geht nach der zweiten Korrektur in diesem Jahr nun von einer Zunahme von 3,2 Prozent aus. Die in einigen Medien wiederholt geäußerten Sorgen um China seien dabei etwas übertrieben, so Schneider. Die größte Enttäuschung sei hingegen Brasilien, dessen Wirtschaft im laufenden Jahr um etwa 4 Prozent schrumpfen werde.

China habe die eigentliche Konjunkturabkühlung im vergangenen Sommer erlebt, die aktuellen Zahlen deuten hingegen eine Stabilisierung an, so Schneider. „Zwar wird der Umbau der Wirtschaft nicht reibungslos von statten gehen und in der Industrie herrschen teils hohe Überkapazitäten, aber der Einzelhandel und der private Verbrauch bilden ein stabiles Fundament.“

Schwieriger gestalten sich aus seiner Sicht Prognosen zur Entwicklung des Ölpreises. Das tiefe Niveau gehe hauptsächlich auf einen Angebotsüberschuss zurück. „Insgesamt erkennen wir eine leichte Aufwärtstendenz. Wir haben aus der Vergangenheit jedoch gelernt, dass eine Erholungsbewegung langsam verläuft – wie beispielsweise nach dem Ölpreissturz im Jahr 1986“, sagte Schneider. Am Jahresende sieht er den Ölpreis bei rund 45 Dollar pro Barrel (159 Liter).

Die Fed werde die im Dezember eingeleitete Zinswende in der zweiten Jahreshälfte mit zwei Zinserhöhungsschritten wiederaufnehmen, so Schneider. Sie stützt sich dabei nach Ansicht des Ökonomen auf eine robuste Konjunktur, die insbesondere von der guten Situation am Arbeitsmarkt profitiert.

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