Drei Jahre nach den Protesten gegen ein Bauprojekt im Gezi-Park in Istanbul will der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan das Vorhaben doch noch verwirklichen. Das kündigte Erdogan am Samstag im Fernsehen an. Anfang Juni 2013 hatten sich landesweite Proteste an der brutalen Räumung eines Protestlagers im Gezi-Park im Zentrum der Millionenmetropole entzündet. Mehrere hundert Protestierer hatten dort zu verhindern versucht, dass Bäume gefällt und Grünflächen beseitigt werden. Sie sollten dem Nachbau einer osmanischen Kaserne mit Wohnungen und Geschäften weichen. Ein Gericht stoppte das Projekt damals vorläufig.
Das Nachrichtenportal OdaTv hat zusammengefasst, welche Reaktion Erdogans Worte bei seinen Anhängern ausgelöst hat. In den sozialen Medien fordern diese, dass die Polizei diesmal besonders hart gegen die Gezi-Demonstranten vorgeht. Zahlreiche Twitter-Nutzer, die den Präsidenten angeblich unterstützen, haben alle gemeinsam eine wörtliche Botschaft über den Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlicht: „Diesmal darf die Polizei nicht so umsichtig mit den Gezi-Park-Demonstranten umgehen. Diejenigen, die alles zerstören und verbrennen wollen, muss die Polizei erschießen und töten.“
Die Demonstrationen richteten sich dann schnell vor allem gegen den autoritären Regierungsstil Erdogans, der damals noch Ministerpräsident war. Mindestens sieben Menschen kamen ums Leben. Im Spätsommer 2013 ebbten die Massendemonstrationen ab. Erdogan wurde im folgenden Sommer zum Präsidenten gewählt.
Die Türkei kämpft gegen eine schwere Wirtschaftskrise: Wegen des Einbruchs im Tourismus und der Sanktionen Russlands steht das Land am Kollaps. Die neue Debatte um den Gezi-Park könnte vor allem das Interesse der Erdogan-Anhänger in der AKP auf ein anderes Thema lenken.