Politik

Österreich fordert Ende der Beitritts-Verhandlungen mit der Türkei

Der österreichische Kanzler Christian Kern fordert von der EU ein Ende der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Diese passe weder politisch noch wirtschaftlich zu Europa. Er werde das Anliegen im September vor den Europäischen Rat bringen.
05.08.2016 00:34
Lesezeit: 1 min

Österreichs Kanzler Christian Kern spricht sich für ein Ende der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aus. So, wie sie jetzt liefen, seien die Gespräche eine „diplomatische Fiktion“, sagte Kern am Mittwoch dem ORF-Fernsehen. „Wir wissen, dass die demokratischen Standards bei weitem nicht ausreichen, um einen Beitritt zu rechtfertigen“, sagte er. Mindestens genauso gravierend sei die wirtschaftliche Frage, weil die Türkei hier dem europäischen Durchschnitt weit hinterherhinke. „Ich sehe einen Beitritt der Türkei auf Jahre, wenn nicht auf Jahrzehnte für ein Ding der Unmöglichkeit an.“

Kern kündigte an, das Thema am 16. September im Europäischen Rat zur Diskussion zu stellen. „Wir werden ein alternatives Konzept verlangen“, sagte er. Nach dem Putschversuch war insbesondere die Debatte zur Einführung der Todesstrafe auf scharfe Kritik in der EU gestoßen. Mehrere EU-Politiker haben deutlich gemacht, dass eine Wiedereinführung der Todesstrafe ein Ende der Beitrittsgespräche mit der Türkei bedeuten würde.

Die EU müsse ihre künftige Zusammenarbeit mit der Türkei anders regeln als durch einen Beitritt. „Es braucht ein alternatives Konzept“, sagte Kern. Die Türkei bleibe dabei „in sicherheitspolitischen und integrationspolitischen Fragen ein wichtiger Partner“ - etwa bei der Bekämpfung der Dschihadisten-Miliz „Islamischer Staat“.

Den Ärger der türkischen Regierung bei einem Abbruch müsse die EU nicht fürchten, sagte Kern. „Wir sind gegenüber der Türkei kein Bittsteller.“ Wirtschaftlich habe die EU die Oberhand, die Türkei sei auf die EU angewiesen. Die EU und die Türkei verhandeln seit 2005 über einen Beitritt. Wegen der repressiven Reaktion der türkischen Regierung auf den Putschversuch hatten in den letzten Wochen viele europäischen Politiker den Sinn dieser Verhandlungen in Frage gestellt.

Die türkische Regierung hat die Forderung des österreichischen Bundeskanzlers scharf zurückgewiesen und dem Sozialdemokraten rechtsextreme Wortwahl vorgehalten. „Es ist verstörend, dass seine Kommentare ähnlich wie die der Rechtsaußen klingen“, sagte Europaminister Omer Celik am Donnerstag in Ankara in Anspielung auf die Positionen der rechtspopulistischen FPÖ in Österreich. „Kritik ist sicherlich ein demokratisches Recht. Aber es gibt einen Unterschied zwischen einer Kritik an der Türkei und einer Positionierung gegen die Türkei“, fügte Celik hinzu.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Panorama
Panorama Elf Tote in Schweden: Was ist passiert?
05.02.2025

Nach einer Schießerei an einer Erwachsenenbildungseinrichtung in Schweden bleiben viele Fragen offen. Mindestens elf Menschen starben,...

DWN
Politik
Politik Viererrunde bei RTL: Scholz, Merz, Weidel und Habeck im TV-Schlagabtausch
05.02.2025

Die klassische TV-Schlacht zwischen zwei Kanzlerkandidaten gerät in die Kritik. RTL reagiert und lädt Scholz, Merz, Weidel und Habeck zu...

DWN
Panorama
Panorama USA wollen Gazastreifen übernehmen
05.02.2025

Donald Trump will den Gazastreifen übernehmen und wirtschaftlich entwickeln. Dafür soll das vom Krieg gezeichnete Gebiet erst geräumt...

DWN
Politik
Politik Wagenknecht knüpft politische Zukunft an Wahlerfolg
05.02.2025

BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht kämpft um den Einzug in den Bundestag – und knüpft daran ihre politische Zukunft. Mit einem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Firmen verstärken Investitionen in Mittel- und Osteuropa
05.02.2025

Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass immer mehr deutsche Unternehmen überlegen, ihre Produktion nach Mittel- und Osteuropa zu verlagern....

DWN
Politik
Politik Heizungsgesetz: CDU will es abschaffen – was wären die Folgen?
05.02.2025

Heizungsgesetz CDU? Was viele nicht wissen: Das heiß diskutierte und viel gehasste „Heizungsgesetz“ stammt ursprünglich von der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China kündigt Gegenmaßnahmen auf US-Zölle an - so könnte die EU reagieren
04.02.2025

Während Mexiko und Kanada mit US-Präsident Donald Trump eine Vereinbarung zur vorübergehenden Aussetzung von Zöllen erzielten, kam es...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Spotify: Musikstreaming-Anbieter legt starke Zahlen vor - Aktie im Aufwind
04.02.2025

Spotify hat für das vierte Quartal im letzten Jahr starke Zahlen vorgelegt und kann immer mehr Nutzer von seinem Angebot überzeugen -...