Expansion nach Deutschland – Digitaltolk setzt auf Zukäufe
Das schwedische Unternehmen Digitaltolk, dessen Plattform Dolmetscher mit Auftraggebern verbindet, wächst seit der Gründung 2015 aus eigener Kraft. Nun übernimmt man ein deutsches Übersetzungsunternehmen mit KI-Plattform. „Dieser Zukauf ist der erste Schritt in einem sehr aggressiven Wachstumsplan“, sagt Mitgründerin Leyla Sarac gegenüber Dagens Industri.
Digitaltolk wurde 2015 während der Flüchtlingskrise von Virpal Singh gegründet, einem in Schweden geborenen Ingenieur mit indischen Sikh-Eltern. Leyla Sarac kam ein Jahr später als Mitgründerin hinzu und verantwortet seither vor allem Geschäftsentwicklung und Vertrieb. Seitdem hat sich Digitaltolk zu einem führenden Anbieter für digitale Dolmetscher- und Übersetzungsdienste in Schweden entwickelt, vor allem für den öffentlichen Sektor. Mit 6.000 Dolmetschern im Netzwerk erhielt das Unternehmen auch die Auszeichnungen „Super-Gazelle des Jahres“ und „Zukunfts-Gazelle des Jahres“ von Dagens industri – beides Preise für profitables Wachstum.
In den letzten Jahren hat sich das Wachstum jedoch etwas abgeschwächt. Im vergangenen Jahr stieg der Umsatz von Digitaltolk lediglich um 12 Millionen Kronen (1,02 Millionen Euro) auf 342 Millionen Kronen (29 Millionen Euro). Nun will das Unternehmen über Zukäufe international expandieren. „Die ersten Übernahmen finanzieren wir aus eigener Kasse. Aber langfristig ziehen wir Risikokapital in Betracht, um Tempo und Volumen der Käufe zu erhöhen“, erklärt Leyla Sarac, verantwortlich für die Geschäftsentwicklung. Noch ist die Kasse gut gefüllt. Der Gewinn für 2024 lag bei über 19 Millionen Kronen (1,6 Millionen Euro), das sind 6 Millionen (510.000 Euro) mehr als im Vorjahr.
Kombination aus KI und menschlicher Expertise bleibt entscheidend
Die Profitabilität gilt als beeindruckend – insbesondere, da Digitaltolk stark in technologische Innovation investiert. Fast die Hälfte der 70 Mitarbeiter arbeitet in Forschung und Entwicklung. „Wir forschen seit 2017 an KI-gestütztem Dolmetschen und Übersetzen“, sagt CEO Virpal Singh. Jetzt übernimmt Digitaltolk den deutsch-schweizerischen Übersetzungskonzern 24 Translate mit rund 60 Millionen Kronen (5,1 Millionen Euro) Jahresumsatz. Die Übernahme ist Teil eines neuen Wachstumsplans, mit dem Digitaltolk zu einem führenden Sprachdienstleister in Europa werden will.
24 Translate wurde 1999 gegründet und hat eine Plattform entwickelt, die Künstliche Intelligenz mit menschlicher Expertise und höchsten Sicherheitsanforderungen verbindet. Mit über 7.000 professionellen Übersetzern im Netzwerk gilt das Unternehmen als idealer Partner für die Expansion von Digitaltolk. „Der deutsche Markt für Sprachdienstleistungen übersteigt 10 Milliarden Kronen (850 Millionen Euro). Schnelle Marktanteilsgewinne mit einem neuen strategischen Partner sind ein entscheidender Bestandteil unserer Strategie“, erklärt Virpal Singh. 24 Translate ist vor allem in den streng regulierten Branchen Finanz- und Versicherungswesen aktiv. Dies gilt als Hinweis auf die künftige Ausrichtung: Gerade dort bleibt der Bedarf an menschlichen Übersetzern besonders hoch.
Die Gründer von Digitaltolk gehen davon aus, dass es noch viele Jahre dauern wird, bis KI Dolmetscherdienste in regulierten Bereichen vollständig ersetzt. Sie nennen als Beispiele: Polizei, Gesundheitswesen, Sozialdienste – insbesondere bei Kinderschutzmaßnahmen – und die Justiz, wo jedes Wort über das Schicksal eines Menschen entscheiden kann. Zudem beherrscht die KI-Technologie bisher vor allem gängige Sprachkombinationen wie Englisch-Spanisch. Übersetzungen zwischen Sprachen wie Schwedisch und Syrisch-Arabisch bleiben eine große Herausforderung. Mit dem Zukauf überschreitet Digitaltolk die Marke von 400 Millionen Kronen (34 Millionen Euro) Jahresumsatz. „In drei Jahren wollen wir über eine Milliarde Kronen (85 Millionen Euro) Umsatz erreichen“, sagt Leyla Sarac.