Politik

Schuss ins Knie: Deutschland erklärt EU zur Aktions-Plattform des Terrors

Lesezeit: 2 min
17.08.2016 18:28
Wie unsinnig die Anwürfe von Geheimdiensten und ihr unreflektiertes Wiederkäuen durch Politiker ist, zeigt der jüngste Vorwurf der Bundesregierung an die Türkei: Deutschland und die EU haben die Hamas und die Muslimbrüder jahrelang mit Steuergeldern finanziert - und müssten sich demnach jetzt selbst als Aktionsplattformen des Terrorismus bezeichnen.

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Deutschland wirft der Türkei vor, eine "zentrale Aktionsplattform" des islamistischen Terrors zu sein. Grund ist der Vorwurf, die Türkei unterstütze Terror-Gruppen im Nahen Osten. Namentlich genannt werden die Hamas und die Muslimbrüder in Ägypten. Der IS und die al-Nusra werden nicht genannt - die Nennung dieser Gruppen bleibt geheime Verschluss-Sache, um die Deutschen nicht unnötig zu beunruhigen.

Der Vorwurf, dass die Türkei die Hamas und die Muslimbrüder unterstützt, ist allerdings ein Schuss in den Ofen: Beide Organisationen haben reichlich Steuergelder aus der EU und somit auch aus Deutschland erhalten.

Die US-Denkfabrik Investigative Project on Terrorism (IPT) hat bereits vor einigen Jahren eine detaillierte Übersicht über die Finanzierung der Hamas ausgearbeitet. Es gibt weltweit insgesamt 23 Organisation oder Quellen, die die Hamas finanzieren. Zwölf von ihnen befinden sich in den USA, fünf in Europa und sechs in Afrika oder im Nahen Osten. In Europa stechen neben Deutschland noch Frankreich und Großbritannien heraus.

Vierzig Prozent der Finanzquellen befinden sich in den Golfstaaten, zehn Prozent in den USA, zehn Prozent im Iran und acht Prozent in Großbritannien. Die jährliche Gesamt-Summe betrug bis 2006 etwa 70 Millionen US-Dollar. Somit sind seit Mitte der neunziger Jahre etwa 1,4 Milliarden US-Dollar an die Hamas geflossen. Seit 2006 profitiert die Hamas auch von den regulären Zahlungen, die an die PA gehen. Denn zahlreiche Hamas-Politiker erhalten ihre Gehälter von der PA.

Etwa 29,9 Milliarden US-Dollar von insgesamt 31,3 Milliarden US-Dollar sind an die PA geflossen. Etwa 1,4 Milliarden davon gingen direkt an die Hamas.

In Ägypten mussten die deutschen Steuerzahler sowohl die Regierung des später als Diktator gestürzten Präsidenten Mubarak als auch die ihm immerhin durch demokratische Wahl nachfolgenden Muslimbrüder finanzieren: Die EU hat in den Jahren 2007 bis 2012 über eine Milliarde Euro an Finanzhilfen an Ägypten überwiesen. Die Hilfen sollten den demokratischen Prozess im Land unterstützen und die Zivilgesellschaft stärken. Der Großteil der Förderung fiel in die Amtszeit des ehemaligen Präsidenten Mubarak. Insgesamt 60 Prozent der Gelder sollen verschwunden sein. Die Wahrscheinlichkeit einer Veruntreuung ist groß.

Die Muslimbrüder von Mohamed Mursi weigerten sich rundweg, über die Verwendung der Gelder Auskunft zu erteilen. Der damalige Ratspräsident Van Rompuy versprach den Muslimbrüdern noch im Januar 2013 weitere fünf Milliarden Euro.

Was mit dem Geld geschieht, wollten die Islamisten der EU nicht sagen: „Sie wollen Fördergelder von der EU. Die damit einhergehende Verantwortung wollen sie nicht übernehmen. Sie wollen bestimmen, wie das Geld verwendet werden soll. Doch Auskünfte über jene Verwendung möchten sie nicht geben“, schrieb der niederländischer Rechtswissenschaftler Afshin Ellian im Juli 2013 in einem Gastbeitrag für das Wochenblatt Elsevier.

Was die Muslimbrüder mit den europäischen Steuergeldern gemacht haben, ist bis heute unbekannt - und wird wohl nie mehr aufgeklärt werden. Ähnliche Probleme gab es im übrigen auch in den Palästinensergebieten: Euractiv berichtete 2014 von einer Untersuchung der EU-Kommission, die zu dem Ergebnis kam, dass mindestens 40 Millionen Euro aus europäischen Steuergeldern spurlos in den Taschen der Palälstinser Autorität (PA) verschwunden waren.

Wenn jetzt allerdings die Bundesregierung amtlich festhält, dass die Unterstützung von Hamas und Muslimbrüdern den Tatbestand der "Aktions-Plattform" für den Terrorismus konstituiert, trifft dieser Vorwurf nach einfachen logischen Gesetzen auch auf die EU und damit auch auf Deutschland zu.

Das Außenministerium, das in den Vorgang nicht eingebunden war, hat sich von der sommerlichen Groteske in aller Form distanziert.

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