Für Angela Merkel war und ist der Fiskalpakt die Voraussetzung für den ESM, doch ausgerechnet im Deutschen Bundestag gerät der Fiskalpakt immer mehr zwischen die Fronten. Bereits Anfang der Woche wurde öffentlich, dass eine Verschiebung der für den 25. Mai geplanten Abstimmung über den Fiskalpakt und den ESM-Vertrag angestrebt werde. Nun will die Opposition die Entscheidung über den Fiskalpakt vom ESM abkoppeln, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.
Der Fiskalpakt sei noch nicht „verabschiedungsfähig“, man wolle „sich dabei nicht überfahren lassen“. Die Opposition, allen voran die SPD, sieht sich gestärkt durch die Forderung des neuen französischen Präsidenten Francois Hollande, den Fiskalpakt neu zu verhandeln. Carsten Schneider zufolge spreche nichts dagegen, den ESM kurzfristig zu beschließen und den Fiskalpakt zu einem späteren Zeitpunkt. „Das ist eine politische Verknüpfung der Koalition, weil sie im Bundestag keine eigene Mehrheit hat."
Der Fiskalpakt bringe einen erheblichen Anpassungsbedarf für die deutsche Gesetzgebung mit sich, der auch die Bundesländer massiv betreffen würde. So müssten mindestens drei Gesetze geändert werden – dies sei auf die Schnelle nicht zu machen. Zudem fordern SPD und Grüne als Ergänzung zum Fiskalpakt klare Aussagen zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer, einem Wachstumspaket und zum Umfang der erforderlichen Begleitgesetze. Aufgrund der benötigten Zwei-Drittel-Mehrheit ist die deutsche Regierung auf die Stimmen von SPD und Grünen zur Umsetzung der beiden Verträge angewiesen.
Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang allerdings die Haltung der SPD gegenüber dem ESM, der für Deutschland noch größere finanzielle Verbindlichkeiten bedeutet und angesichts seines in Zukunft noch erweiterbaren Kapitals sowie der möglichen Banklizenz und ungeklärten Haftungsansprüchen unter Finanzfachleuten äußerst umstritten ist. Besonders auch in Bezug auf die Immunität des Gouverneursrat, der die wichtigen Entscheidungen im ESM notfalls auch treffen kann, ohne das die einzelnen Regierungen der Mitgliedsländer ein Mitspracherecht haben. Diese Bedenken scheinen aber bei der SPD keine entscheidende Rolle zu spielen. Dem ESM stimme die SPD „grundsätzlich zu“, erklärte der SPD-Haushaltspolitiker Carsten Schneider.
Nach dem Gipfeltreffen von G8 und Nato wolle sich Angela Merkel zu einem Gespräch mit der Opposition treffen, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert bereits am Mittwoch mit. Das ausgerechnet der Fiskalpakt im Bundestag zur Debatte steht, könnte die Konsolidierungs-Forderungen der Bundeskanzlerin im europäischen Ausland weiter schwächen. Hier akzeptierte man den Fiskalpakt hauptsächlich mit Blick auf mögliche Zusagen der Kanzlerin zum ESM und neuen Wachstumsmaßnahmen.