Politik

Österreich: Verfassungsgericht braucht bis zu 6 Monate für ESM-Prüfung

Die österreichischen Oppositionsparteien haben angekündigt, Verfassungsklage gegen ESM und Fiskalpakt einzureichen. Kommt es dazu, muss das Verfassungsgericht entscheiden. Sollte das Gericht die Verfassungswidrigkeit bestätigen, ergebe sich eine EU-rechtlich „äußerst delikate Situation“, so das Verfassungsgericht.
25.07.2012 22:56
Lesezeit: 2 min

Wie in Deutschland haben auch in Österreich mehrere Parteien vor, gegen den ESM und den Fiskalpakt vor dem Verfassungsgericht zu klagen. Bisher seien jedoch noch keine Klagen eingereicht worden, so Christian Neuwirth, Pressesprecher des Verfassungsgerichts, zu den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Die drei österreichischen Oppositionsparteien haben bereits angekündigt, gegen den Fiskalpakt zu klagen und die FPÖ will zudem gegen den ESM Einspruch einlegen.

Im Gegensatz zu Deutschland kann in Österreich aber erst Verfassungsklage eingereicht werden, wenn das Gesetz vom Parlament verabschiedet, vom Bundespräsidenten, Heinz Fischer, unterzeichnet und somit in das Bundesgesetzblatt aufgenommen wurde. Das Verfassungsgericht kann keine Vorabprüfung vornehmen. Christian Neuwirth zufolgen können Klagen ab sofort eingereicht werden, weil der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer die beiden Gesetze zum ESM und Fiskalpakt bereits unterschrieben hat. Im Herbst wollen die Oppositionsparteien gegen beide Gesetze klagen.

Insgesamt wird das Verfassungsgericht ab Eingang der Klage drei bis sechs Monate benötigen, um die Gesetze zu prüfen. Die Möglichkeit eines Eilverfahrens gibt es in Österreich nicht. Durchschnittlich benötige man 9 Monate, aber man wolle es diesmal versuchen, schneller zu überprüfen, so Christian Neuwirth. „Aber wir werden uns die Zeit nehmen, die wir brauchen“. Je nachdem wie umfangreich die Klagen sind – ob es sich nur um einen Streitpunkt handele oder mehrere – brauche man mehr Zeit. Deswegen könne man noch keinen genauen Termin festlegen.

Nach Einreichen der entsprechenden Klage werde es zunächst ein Vorverfahren geben, bei dem die Bundesregierung und andere aufgefordert werden, Stellung zu beziehen. In der Regel erhalte die Bundesregierung bis zu zwei Monate, für die Abgabe einer Stellungnahme. Die Frist könne aber auch gesenkt werden. Möglicher Weise, so Christian Neuwirth, wird im Anschluss eine öffentliche Verhandlung stattfinden. Der zuständige Richter hat dann die Aufgabe, einen Entwurf auszuarbeiten. Über diesen müssen dann die 13 Richter (ausgenommen der Präsident des Gerichts) abstimmen. In diesem ganzen Verfahrensablauf begründe sich die wahrscheinliche Dauer von bis zu 6 Monaten für die Prüfung der beiden Gesetze – sobald die Klagen eingegangen sind.

Aber es gibt noch einen anderen Haken. Dadurch, dass der Bundespräsident bereits unterschrieben hat, um den Weg für mögliche Klagen freizumachen, sind beide Gesetze zunächst einmal ratifiziert. Das heißt, dass beispielsweise der Fiskalpakt EU-rechtlich in Kraft treten wird – je nachdem, wie das deutsche Bundesverfassungsgericht entscheidet. Kommt das österreichische Verfassungsgericht nun nach seiner Prüfung zu der Einschätzung, dass etwa der Fiskalpakt verfassungswidrig ist, entsteht eine „äußerst delikate Situation“, wie Christian Neuwirth den Präsidenten des Verfassungsgerichts zitiert. So wären die österreichischen Behörden verpflichtet, den Fiskalpakt nicht anzuwenden – nach EU-Recht wären sie aber gezwungen, den Fiskalpakt umzusetzen. Christian Neuwirth zufolge wird deshalb diese Problematik auch Bestandteil der Prüfung durch das Verfassungsgericht sein.

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