Politik

UN fordert Geburtenkontrolle zugunsten des wirtschaftlichen Fortschritts

Lesezeit: 2 min
11.08.2012 01:25
Die Vereinten Nationen drängen immer mehr Entwicklungsländer zu einer staatlichen Geburtenregelung. Die Vermehrung der Bevölkerung soll eingedämmt werden, um den wirtschaftlichen Fortschritt nicht zu gefährden. Auf den Philippinen kommt es deswegen zu erheblichen sozialen Spannungen.
UN fordert Geburtenkontrolle zugunsten des wirtschaftlichen Fortschritts

Seit geraumer Zeit wird auf den Philippinen über ein Gesetz zur Geburtenkontrolle debattiert, nun hat sich die UN eingemischt. Die Internationale Organisation, die sich für die Sicherung des Weltfriedens, die Einhaltung des Völkerrechts, den Schutz der Menschenrechte und die Förderung der internationalen Zusammenarbeit einsetzt, sorgt sich nun eher um die wirtschaftliche Situation eines Landes als um konkrete Maßnahmen zur Verringerung der Armut.

Den Vereinten Nationen zufolge würde ein Scheitern des Gesetzes die Entwicklungsfortschritte des Landes zunichtemachen. Und ein weiterer Anstieg der ungewollten Schwangerschaften könnte zu einer Explosion der Anzahl von Menschen, die in städtischen Slums leben, führen. Das Gesetz aber könnte zu einer deutlichen Senkung der Sterblichkeitsrate von Müttern führen – die auf den Philippinen eine der höchsten in Südostasien ist. Mit einer Rate von 1,9 Prozent wächst die philippinische Bevölkerung nach Angaben des Statistikamtes extrem schnell. Bereits im Jahr 2014 rechnet die philippinische Regierung mit einer Überschreitung der 100-Millionen-Marke. Der Weltgesundheitsorganisation zufolge leben 20 Millionen Menschen auf den Philippinen in Slum-ähnlichen Verhältnissen.

Das Gesetz soll sicherstellen, dass Arme kostenlos Verhütungsmittel erhalten, und auch an Schulden das Thema Verhütung zur Sprache kommt. Zwar sind Verhütungsmittel auf den Philippinen frei verfügbar, aber sie sind teuer. Für Menschen mit niedrigem Einkommen, hat eine Packung Kondome den Wert von Lebensmitteln für eine Woche, so ein Korrespondent der BBC. Drei Mal wurde die Verabschiedung eines solchen Gesetzesentwurfs von der katholischen Kirche und strikten Gegnern verhindert. Der Präsident des Landes, Benigno Aquino - einziger Sohn der vor einigen Jahren verstorbenen Bürgerrechtlerin und späteren Präsidentin Corazon Aquino - unterstützt den Gesetzesentwurf, der auch Familien dazu ermutigen soll, nicht mehr als zwei Kinder zu bekommen.

Am Samstag war es aufgrund dessen auf den Philippinen zu einer Kundgebung von Tausenden Menschen gekommen, wieder angeführt von den Bischöfen des Landes. Die katholische Kirche wehrt sich strikt gegen das Gesetz – mehr als 80 Prozent der Bevölkerung sind katholisch. Die Bischöfe sagen, die Einführung des Gesetzes würde die moralischen Werte des Landes untergraben. Insbeondere kritisieren die Bischöfe die staatlichen Eingriffe in das private Leben der Bürger, denen damit die freie Entscheidung darüber, ob sie Kinder wollen oder nicht, genommen werden könnte.

Ungeachtet der Proteste entschied sich das philippinische Repräsentantenhaus in dieser Woche, die Debatte über das neue Gesetz zu beenden. Damit kann die Regierung nun beginnen, Änderungen am Gesetzesentwurf vorzunehmen, oder zulassen, dass Gesetz das Haus passieren kann. Im Anschluss daran müsste der Senat dem Gesetz zustimmen und Präsident Benigno Aquino es mit seiner Unterschrift ratifizieren.

Die Reaktion der Kirche auf den Entschluss des Repräsentantenhauses folgte schnell. „Möge Gott bei unserem Kongress Gnade walten lassen“, sagte der ehemalige Präsident der philippinischen Bischofskonferenz, Erzbischof Angel N. Lagdameo von Jaro. Erzbischof Jose Palma sagte, dass das Gesetz nicht die Armut des Landes lösen werde und, dass gerade die hohe Geburtenrate und die im Durchschnitt so junge Bevölkerung des Landes die wichtigsten Antreiber für die Wirtschaft des Landes seien.

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Eine Welt ohne Europa?
04.05.2024

Der Krieg in der Ukraine und die Spannungen im Nahen Osten gefährden die Zukunftsfähigkeit der EU. Nun steht sie an einem Scheideweg:...

DWN
Politik
Politik Angriff auf SPD-Europapolitiker: Matthias Ecke in Dresden schwer verletzt
04.05.2024

Schockierende Gewalt: SPD-Europaspitzenkandidat Matthias Ecke wurde brutal angegriffen. Politiker verurteilen den Angriff als Attacke auf...

DWN
Finanzen
Finanzen Platzt die ETF-Blase – was dafür, was dagegen spricht
04.05.2024

Kaum eine Investmentform konnte in den zurückliegenden Jahren die Gunst der Anleger derart erlangen wie dies bei Exchange Traded Funds,...

DWN
Immobilien
Immobilien Streikwelle auf Baustellen droht: Gewerkschaft kündigt Massenstreiks an
04.05.2024

Die Bauindustrie steht vor Massenstreiks: Gewerkschaft kündigt flächendeckende Arbeitsniederlegungen mit rund 930.000 Beschäftigten an.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Chinas Einfluss in Südostasien: Herausforderung für deutsche Firmen
04.05.2024

Deutsche Unternehmen suchen verstärkt nach Alternativen zum chinesischen Markt und richten ihr Augenmerk auf die aufstrebenden...

DWN
Technologie
Technologie CO2-Speicherung: Vom Nischenthema zum Wachstumsmarkt
04.05.2024

Anreize durch die Politik, eine neue Infrastruktur und sinkende Kosten: CO2-Speicherung entwickelt sich zusehends vom regionalen...

DWN
Politik
Politik Wahljahr-Turbulenzen: Biden im Kreuzfeuer der Gaza-Proteste
04.05.2024

Seit Monaten sind bei fast jedem öffentlichen Auftritt von Präsident Joe Biden propalästinensische Demonstrationen zu sehen, die sich im...

DWN
Politik
Politik Mindestlohn: Neues Streitthema köchelt seit dem Tag der Arbeit
04.05.2024

Im Oktober 2022 wurde das gesetzliche Lohn-Minimum auf zwölf Euro die Stunde erhöht. Seit Jahresanfang liegt es bei 12,41 Euro, die von...