Politik

EU dreht Ungarn den Geldhahn zu

Die EU will Ungarn gegenüber ihre Macht demonstrieren. Wenn Orban nicht auf Verwarnungen reagiert, setzt die EU nun eben da an, wo es weh tut: beim Geld. Die EU-Kommission hat Fördermittel aus den Strukturfonds eingefroren. Als Grund wurden Unregelmäßigkeiten bei der Verwaltung der EU-Gelder angegeben.
15.08.2013 08:57
Lesezeit: 1 min

Das Verhältnis zwischen Brüssel und Ungarn ist alles andere als entspannt. Die EU verurteilt die Eingriffe der Orban-Regierung in die Pressefreiheit und die Justiz des Landes. Ungarn hingegen will die Souveränität nicht an die EU-Institutionen abgeben und lehnt eine Einmischung in die nationale Politik ab. Brüssel will Orban nun aber genau dort packen, wo es ihm am meisten wehtut: beim Geld. Man hat sich entschlossen EU-Fördergelder für Ungarn einzufrieren.

Dieser Schritt ist nicht der erste seiner Art, aber ein sehr wirkungsvoller. „Im Moment finanziert die EU 13 der 15 Programme in Ungarn, die von der Nationalen Entwicklungsagentur verwaltet werden, nicht“, zitiert Reuters Janos Lazar. Lazar ist Leiter des Büros des Ministerpräsidenten in Budapest  und seit kurzem verantwortlich für den Einsatz der EU-Mittel. Demnach riskiere Ungarn nun in diesem Jahr EU-Fördermittel in Höhe von 600 Milliarden Forint (2 Mrd. €) zu verlieren. Und alles aufgrund mangelnder Kontrolle, so Lazar.

Der EU-Kommission zufolge waren bei Untersuchungen zwei „erhebliche Mängel“ im Verwaltungs- und Kontrollsystem von acht Programmen gefunden worden. Deshalb habe man die weitere Auszahlung der EU-Gelder eingefroren, sagte der Sprecher der Kommission, Jonathan Todd. Im Gegensatz zu Lazar spricht er jedoch von gestoppten Zahlungen für acht Programme und nicht für 13. Und Todd zufolge wäre die tatsächliche Strafe für Ungarn nur ein Bruchteil dessen, was Lazar erwartet, so die FT. Genauere Angaben seien aber erst nach Gesprächen zwischen der Kommission und den ungarischen Behörden möglich.

Jedoch ist Ungarn nicht das einzige Land, in dem EU-Fördergelder versickern. Im Gegenteil, regelmäßig gibt es Probleme bei den ausgezahlten Mitteln aus den Strukturfonds und ähnlichen EU-Töpfen wie die Agrarhilfe. So standen neben Ungarn auch Rumänien und Polen Ende 2012 im Blickfeld des EU-Rechnungshofes (hier). Aber auch Griechenland und Großbritannien wurden bereits von der EU gerügt und zur Rückzahlung erhaltender EU-Gelder angehalten (mehr hier).

Aber anders als im Streit mit dem IWF kann Ungarn die EU-Kommission nicht einfach aus dem Land jagen. Die Rückzahlungen der Kredite an den IWF waren nicht mehr besonders hoch, so dass dies schnell von statten gehen konnte (hier). Aber die EU-Gelder sind momentan von größerer Bedeutung. Einerseits fließen sie regelmäßig und müssen nicht zurückgezahlt werden. Andererseits kann Ministerpräsident Orban angesichts der Neuwahlen im kommenden Jahr ein paar erfolgreiche Projekte gebrauchen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Wohnquartiere überfordert
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...