Politik

Millionen strömen in die Städte: Die globale Landflucht hat begonnen

Im Zuge der Globalisierung hat offenbar eine massive Landflucht in aller Welt eingesetzt. Große Metropolen saugen Menschen aus allen Teilen der Erde auf. Die Folge: Für die globale Industrie stehen mehr billige Arbeitskräfte zur Verfügung. Die Städte können mit diesem dramatischen Wandel meist nicht mithalten.
28.12.2013 23:52
Lesezeit: 2 min

Ein Forscherteam von Facebook hat einen Vergleich der Geburtsorte der Nutzer mit ihren aktuellen Wohnorten erstellt. Das Ergebnis ist ein Ranking jener zehn Städte weltweit, in die es den größten Zuzug von außen gibt. Die Destinationen liegen auf der ganzen Welt verstreut. Zu finden sind sie in Ländern, in denen die Urbanisierung schnell voranschreitet. In diesen Gebieten sind mindestens 20 Prozent der allgemeinen Bevölkerung von einer Stadt in eine andere umgezogen.

So fand das Team heraus, dass Lagos in Nigeria zwischen den Jahren 2000 und 2012 um ganze 18,6 Prozent gewachsen ist. Auf Platz zwei findet sich Istanbul. Ein großer Teil der Migranten stammt hier aus anderen Teilen der Türkei. Der Rest komme vor allem aus Osteuropa. In den vergangenen Jahren hat sich die Türkei immer mehr von ihrem Status als Transitland verabschiedet.

Diese Wanderungen haben neben kulturellen und politischen vor allem wirtschaftliche Motive, so Facebook mit Blick auf Istanbul. So gäbe es eine starke Migrations-Bewegung aus Bulgarien. Dort gebe es eine beachtliche türkische Minderheit. Unter den Zugezogenen sollen sich jedoch nur wenige qualifizierte Fachleute befinden, wie die DTN berichten.

Dies dürfte in absehbarer Zeit zu erheblichen sozialen Problemen führen. Schon jetzt ist die Infrastruktur in Istanbul überfordert. Eine Immobilienblase trägt nicht den realen Bedürfnissen Rechnungen, sondern den Renditen von Spekulanten. Lagos und Bangkok haben mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Die Städte sind überfordert und auf den Massen-Zuzug von ungeschulten Arbeitskräften nicht vorbereitet.

West-Europa ist nur mit London in den Top Ten vertreten. Die britische Metropole an der Themse findet sich mit einem Wachstum von 1,4 Prozent auf Platz zehn der Auflistung. Rund 94 Prozent der Migranten stammten aus Großbritannien selbst.

Deutschland, scheint dagegen, wie der Rest Europas, im weltweiten Vergleich uninteressant zu sein. Die Facebook-Karte stellt dieses Gebiet fast vollständig in Weiß dar. Ein scharfer Kontrast zu den dunkelblau schattierten Hotspots.

Den Daten zufolge, werden Länder wie Indien, Nigeria und die Türkei zunehmend urbanisiert. Viele Menschen aus ländlichen Gebieten zieht es mittlerweile in die großen Städte. Für die meisten Destination in den Top 10 gilt ein Umstand: Die Menschen, die in die Mega-Cities ziehen, kommen meist aus dem eigenen Land. Ein wichtiges Gebiet schließt die Untersuchung allerdings aus. In China wird das Netzwerk zensiert. Doch genau dort fand die größte Migration der Gegenwart statt.

Die Tendenzen zeigen, dass die Globalisierung offenkundig zu einer dramatischen Landflucht führt - mit unabsehbaren Folgen für die unbeherrschbaren Mega-Cities.

Aus Sicht der globalen Industrie hat diese Verschiebung große Vorteile: Die Bürger sind in den Städten bereit, zu niedrigen Löhnen zu arbeiten. Je massiver die Migration, desto billiger werden die Arbeitskräfte. Ausbeutung wie bei der Fußball-WM in Katar (hier) dürfte daher in Zukunft zum Normalfall der globalen Wirtschaft werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Ghettobildung nimmt zu
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...