Gemischtes

Krebs-Auslöser Radon belastet deutsche Wohnungen

Lesezeit: 2 min
21.01.2014 00:04
Die EU erneuert das Strahlenschutzrecht. Grund ist die massive Gefahr, die von dem natürlichen, radioaktiven Gas Radon ausgeht. Man kann Radon weder riechen noch sehen. Doch Wohnungen und Häuser können belastet sein. Radon ist der zweithäufigste Verursacher von Lungenkrebs.
Krebs-Auslöser Radon belastet deutsche Wohnungen

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Radon liefert weltweit den größten Beitrag zur Strahlenbelastung der Bevölkerung. In den USA sterben jährlich 20.000 Menschen an den Folgen von Radonbelastung, so die zuständige Umweltbehörde. Allein in Deutschland macht es im Mittel dem Bundesministerium für Umwelt 30 Prozent der Strahlenexposition aus. Eine unsichtbare Gefahr, die sehr mobil ist, weil sie unter normalen Umständen keine chemische Verbindung mit anderen Elementen eingeht. „Im geologischen Untergrund wird ständig das natürliche radioaktive Edelgas Radon gebildet, das teilweise in die luftgefüllten Porenräume der Gesteine und Böden freigesetzt wird“, sagte Monika Hotopp vom Bundesamt für Strahlenschutz den Deutschen Wirtschafts Nachrichten.

In Räumen ist die Konzentration höher

Die Erdkruste enthält unter anderem natürliche, so genannte Radionuklide wie Uran-238, Uran-235, Thorium-232 und Kalium-40. Beim Zerfall von Uran-238 entsteht über das Radium-226 als Zwischenprodukt das radioaktive Edelgas Radon-222 mit einer Halbwertszeit von 3,8 Tagen. Das Radon gelangt aus dem Baugrund  ins Freie und auch in Gebäude, so Hotopp. In Gebäuden ist die Radonkonzentration höher als im Freien. Über Kabel- und Rohrdurchführungen, undichte Fundamente oder Risse im Mauerwerk gelangt das Radon aus dem Erdboden ins Gebäude. Vor allem in Kellern ist die Konzentration dann am größten. Von dort kann sich das Radon aber auch über undichte Geschossdecken, Kabelkanäle und Treppen in die oberen Räume des Hauses ausbreiten.

Dem Umweltministerium zufolge sind die Regionen in Deutschland mit der höchsten Belastung des Bodens der Schwarzwald, Teile der Eifel, der Bayerische Wald, das Fichtelgebirge, der Harz, der Thüringer Wald und das Erzgebirge (Grafik 1). Bei einem Haus- oder Wohnungskauf etc. sollte dies stets präsent sein. „Wie wahrscheinlich das Auftreten erhöhter Radonkonzentrationen ist, hängt unter anderem vom Baualter und –zustand des Gebäudes ab“, so Hotopp. Aber auch Baustoffe können Radon-belastet sein.

Radon ist in jedem Fall gesundheitsschädlich

Die Radonkonzentration wird in Becquerel pro Kubikmeter angegeben. Bei Messwerten von unter 100 Bq/m³ empfiehlt die Strahlenschutzkommission keine baulichen Maßnahmen am Gebäude. Bei höheren Werten werden jedoch Maßnahmen empfohlen. Der Strahlenschutzkommission  spricht von einer statistischen Signifikanz des zusätzlichen Lungenrisikos bei einer Konzentration von 150 Bq/m³. Aber es gibt „keinen Hinweis für einen Schwellenwert, unterhalb dessen Radon nicht mehr gesundheitsschädlich wirkt“, warnt das Bundesamt für Strahlenschutz. Zudem verstärke Rauchen die Wirkung des Radons – Raucher haben ein besonders hohes Lungenkrebsrisiko durch Radon.

Radon wird über die Atemluft aufgenommen. Größtenteils geht die gesundheitliche Gefährdung dann von den Zerfallsprodukten des Radons aus: Radioaktive Schwermetalle wie Wismut und Polonium binden sich an Aerosole (Schwebeteilchen in der Luft) und werden beim Einatmen in den Atemwegen abgelagert, wo sie zerfallen. Dabei entsteht Alphastrahlung, die die Zellen der Lunge schädigen.

Messen und bauliche Maßnahmen erforderlich

„In Risikogebieten kann eine Radonmessung sinnvoll sein“, sagte Hotopp den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Denn, obwohl das Gas unsichtbar sei, lasse es sich mit den richtigen Messgeräten unkompliziert, kostengünstig und genau nachweisen. So gibt es Messstellen, die sich auf den Nachweis von Radon spezialisiert haben. Diese senden auf Anfrage kleine Behälter (Kernspurdetektoren), „die man z.B. im Keller, im Wohnzimmer und im Schlaf- und Kinderzimmer ins Regal oder auf den Schrank stellt“. Die Messungen sollten nach Möglichkeit über einen Zeitraum von einem Jahr erfolgen, da die Radonkonzentration schwanken kann. Danach schickt man die Behälter wieder zurück und bekommt von den Firmen das Ergebnis und eine erste Einschätzung übermittelt.

Abgesehen von baulichen Maßnahmen kann schon durch wenige Schritte die Radonkonzentration verringert werden. Häufiges, intensives Lüften und die Abdichtung von Kellertüren und anderen möglichen Eintrittsstellen können eine erste Besserung schaffen. Unterdruck im Haus sollte hingegen vermieden werden.

Dass die Radonbelastung noch keinesfalls ein Thema ist, das in den hinteren Schubladen verstaut werden kann, zeigt auch die EU. Anfang Dezember 2013 hat der EU-Rat eine neue Richtlinie zur Erneuerung des europäischen Strahlenschutzrechts gebilligt. Diese soll innerhalb der nächsten vier Jahre in nationales Recht umgesetzt werden. Demnach zählen zu den wesentlichen Neuerungen der Richtlinie: „Maßnahmen zum Schutz vor dem natürlich vorkommenden radioaktiven Edelgas Radon, das an Arbeitsplätzen und in Wohngebäuden auftreten und Lungenkrebs verursachen kann.“


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...