Politik

EU kann sich Sanktionen gegen Russland nicht leisten

Während die USA mit Sanktionen vorpreschen, kann sich die EU Strafen gegen Putin nicht leisten. Brüssel ist vom Milliarden-schweren Handel mit Russland abhängig. Sanktionen würden so schnell zum Bumerang für deutsche Unternehmen.
22.03.2014 00:09
Lesezeit: 2 min

Die Sanktionen gegen Russland würden die EU deutlich ebenfalls hart treffen. Russland und die EU sind in wirtschaftlicher Hinsicht stark abhängig voneinander. So handeln die beiden Wirtschaftsräume jedes Jahr Waren und Dienstleistungen im Wert von 240 Milliarden Euro.

Die USA verhängten am Donnerstag erste Sanktionen gegen Russland (mehr hier). Die Amerikaner können sich Strafen gegen Putin leisten, denn sie treiben nur sehr wenig Handel mit Russland. Europa hingegen ist eng verflochten mit der russischen Wirtschaft. EU-Sanktionen kämen einem Bumerang gleich und würden die europäische Wirtschaft empfindlich treffen.

Denn die EU-Wirtschaft ist auf den Absatzmarkt in Russland angewiesen. Sie exportiert jedes Jahr Waren für 110 Milliarden Euro nach Russland. Darunter sind vor allem Maschinen, Industriegüter und chemische Produkte, wie Zero Hedge berichtet.

Auch Russland braucht die EU, vor allem als Abnehmer für Energiereserven. Sie exportiert jährlich Waren im Wert von 190 Milliarden Euro dorthin.  Rund 75 Prozent aller Öl- und Gas-Exporte Russlands fließen nach Europa. Aber auch Industriegüter, chemische Produkte und Rohstoffe werden dorthin exportiert.

Zudem hat der europäische Bankensektor große Ausstände in Russland, die bei Sanktionen gefährdet wären. Putin kündigte bereits an, Auslandskredite ausfallen zu lassen, sollten die Sanktionen gegen sein Land verschärft werden (hier). Die französische Société Général hat russischen Unternehmen etwa 22 Milliarden Euro geliehen. Italiens UniCredit hat ausstehende Schulden in Höhe von 18 Milliarden Euro. Auch Österreichs Banken haben hohe Risiken in Osteuropa aufgebaut. So hat allein die Raiffeisen Bank Forderungen im Wert von 10 Milliarden Euro in Russland.

Speziell für Deutschland ist Russland ein wichtiger Handelspartner. Europas größte Volkswirtschaft exportiert jährlich Waren für 40 Milliarden Euro in die russische Föderation, allen voran Maschinen (25 Prozent der Exporte), Autos (18 Prozent), Elektronik (9 Prozent) und Pharmazeutische Produkte (6 Prozent). Aus Russland wiederum bezieht Deutschland einen Großteil seiner Energiereserven. Etwa 50 Prozent der Importe aus Russland sind Öl, rund 30 Prozent sind Gas. Dafür überweist Deutschland jährlich rund 36 Milliarden Euro an russische Unternehmen.

Bei schärferen Sanktionen gegen Russland würde es also auch deutsche Firmen treffen. Siemens beschäftigt beispielsweise fast 3,200 Arbeitskräfte dort und erwirtschaftet etwa 2,2 Milliarden Euro jährlich. Der Automobilkonzern VW verkauft jedes Jahr etwa 188,000 Autos in Russland und ist angesichts des schwächelnden Automarkts in Europa auf diesen Absatz angewiesen. Und der Handelsriese Metro kündigte erst kürzlich an, einen geplanten Börsengang in Russland verschieben zu müssen (hier).

Auch deswegen wird die EU allenfalls symbolische Sanktionen gegen Russland beschließen. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte am Donnerstag im Bundestag  an, der anstehende EU-Gipfel werde weitere Sanktionen der Stufe zwei beschließen. Diese sehen Reisebeschränkungen und Kontensperren vor.

Doch die Hardliner in Brüssel sind zunehmend isoliert, wenn sie ein härteres Vorgehen gegen Putin fordern. Gregor Gysi forderte die deutsche Regierung dagegen auf, den „Unsinn mit den Sanktionen” zu unterlassen. Sanktionen seien keine Politik, so Gysi (hier).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Fast 3000 Dollar: Goldpreis erreicht neuen Höchststand
13.03.2025

Zölle, Gegenzölle, Strafzölle: Der von den USA entfachte Handelsstreit treibt Anleger zum Gold als sicheren Hafen. Seit dem Amtsantritt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Volkswagen-Absatzrekord: VW verkauft mehr Currywürste als Autos
13.03.2025

Vegan war gestern: Sie ist seit Jahren das meistverkaufte Produkt der Marke Volkswagen: die VW-Currywurst. Und während der Autoabsatz...

DWN
Panorama
Panorama Ukraine-Krieg: Moskau meldet die Befreiung der Stadt Sudscha im Gebiet Kursk
13.03.2025

Moskaus Streitkräfte haben nach eigenen Angaben die seit sieben Monaten von ukrainischen Truppen besetzte Kleinstadt Sudscha im...

DWN
Immobilien
Immobilien Offene Immobilienfonds in Schockstarre: Anleger ziehen Milliarden ab - wie geht es weiter?
13.03.2025

Aktuelle Daten zeigen, dass Anleger Summen in Milliardenhöhe aus offenen Immobilienfonds abziehen. Januar war der schlimmste Monat seit...

DWN
Politik
Politik AfD scheitert mit Klage gegen geplante Änderung des Grundgesetzes - Linke stimmen auch dagegen
13.03.2025

Die AfD ist mit dem Versuch gescheitert, die Sondersitzung des Bundestags mit den Beratungen über eine Änderung des Grundgesetzes zu...

DWN
Politik
Politik US-Regierung droht Shutdown – Schumer warnt vor parteipolitischer Blockade
13.03.2025

Der US-Senat steht vor einer wegweisenden Abstimmung, die das Risiko eines Regierungsstillstands birgt. Laut dem Minderheitsführer der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mietpreisbremse: Wie Conny Mieter-Ansprüche juristisch gegen Eigentümer durchsetzt
13.03.2025

Was einst schon einmal dem Start-up Flightright GmbH bei Flugreisen geglückt ist, nämlich für Verbraucher bei Airlines Entschädigungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rheinmetall rüstet auf: Rüstungskonzern plant Aufstockung auf 40.000 Mitarbeiter
13.03.2025

Das Waffengeschäft boomt und damit Deutschlands größter Rüstungskonzern Rheinmetall: Die Auftragsbücher sind so voll wie nie. Der...