Der Kurs des russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Ukraine-Krise stößt bei führenden deutschen Konzernlenkern auf Verständnis. In einem am Samstag veröffentlichten Dreier-Interview mit der Zeitung „Die Welt“ bemängelten die Chefs der Dax-Unternehmen Post, ThyssenKrupp und Adidas Fehler im Umgang mit Russland.
„Man sollte vielleicht früher bedenken, was das Ergebnis ist, wenn man im Vorhof einer anderen Großmacht von außen für politische Veränderungen sorgt“, so Post-Chef Frank Appel. Die Eskalation sei „nicht überraschend, wenn man sich die vergangenen zwei Jahre ansieht.“
Adidas-Chef Herbert Hainer sagte: „Man hätte früher in Kontakt mit Putin treten sollen, um den Umsturz in der Ukraine gemeinsam zu begleiten.“ Vor übereilten Sanktionen warnten die Manager.
Hainer sagte in dem bereits am Mittwoch geführten Interview: „Man muss sich fragen, ob man jemanden wie Putin nicht wesentlich früher hätte in den Prozess einbinden sollen - statt die Gespräche erst dann zu beginnen, wenn es zu spät ist. (…) Dass Putin sich nicht einfach bieten lässt, was in der Ukraine passiert, war abzusehen.“
Der Westen hat russische Politiker wegen der Eingliederung der Krim mit Konten- und Einreisesperren versehen und droht der russischen Führung bei einer weiteren Eskalation mit harten Wirtschaftssanktionen.
„Hier ist eine Situation entstanden, in der sich Russland in die Ecke gedrängt fühlte“, so Hiesinger sagte ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger. Man habe in der Vergangenheit gesehen, dass gewaltige Veränderungen möglich seien, wenn man sie gemeinsam mit Russland angehe. Als Beispiel nannte er die deutsche Einheit. „In diesem Modus der Verständigung hätte man den Prozess gestalten sollen.“
Die Drohung mit Wirtschaftsanktionen des Westens sehen die Konzernchefs kritisch. So verwies Appel auf die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen: „Ob eine Abhängigkeit vom Nahen Osten oder Venezuela besser ist als die von Russland, erscheint mir zumindest fraglich.“ Sanktionen führten immer zu Gegensanktionen, „sodass am Ende beide Seiten leiden“.
Vergangenen Woche hatte ein Besuch von Siemens-Chef Joe Kaeser bei Putin im deutschen Staatsfernsehen für Kritik gesorgt (siehe Video unten). Nach dem Treffen hatte er vor Journalisten von einer „vertrauensvollen Beziehung“ zu russischen Unternehmen gesprochen und darauf verwiesen, dass Siemens schon seit 160 Jahren in Russland tätig ist.