Die Schiefergas-Förderung wird massiv vorangetrieben, obwohl die Risiken bisher kaum erforscht wurden, kritisieren US-Wissenschaftler. Weltweit fürchten die Bürger weitreichende Folgen für Umwelt und Gesundheit.
Vor allem in dicht besiedelten Gebieten sei die Untersuchung der möglichen Folgen bislang zu kurz gekommen, sagen Wissenschaftler vom New Yorker Weill Cornell Medical College und von der University of California. Im besten Fall versuchten die Unternehmen, technische Entwicklungen zur Risikovermeidung voranzutreiben.
„Der Optimismus, dass unfallsichere Ingenieurs-Lösungen für eine sichere Schiefergasförderung sorgen können stammt eher von einem Vermarktungs-Triumph als von Nachweisen“, zitiert heise die Wissenschaftler.
In einem Berichtsentwurf von Public Health England wurde die wissenschaftliche Literatur über die Gesundheitsrisiken der Schiefergasförderung genau geprüft. Dabei seien die Probleme mit der Luft- und Wasserqualität und die zahlreichen Risiken zwar richtig dargestellt worden. Aber man habe daraus die falschen Schlussfolgerungen gezogen.
Der britische Bericht kam nämlich zu dem Ergebnis, dass viele der in den USA auftretenden Umwelt- und Gesundheitsprobleme aus geologischen Gründen in Großbritannien nicht auftreten würden. Daher sei die Fördertechnik in Großbritannien weniger riskant. Dieses Ergebnis war politisch gewünscht.
Doch tatsächlich blieben viele gesundheitliche Risiken unbestimmt. Daher sei weitere Forschung notwendig, sagen die US-Wissenschaftler. Es gebe eine Reihe ungelöster technischer Probleme, beispielsweise beim Einfassen der Quelle, bei Brüchen des Zements oder dem Austritt von Abwasser. Diese Probleme würden auch in Großbritannien auftreten können.
Während Schiefergas in den USA meist in wenig bewohnten ländlichen Gebieten gefördert wird, muss die Förderung in Großbritannien oft in dicht besiedelten Gebieten erfolgen. Studien weisen aber darauf hin, dass Gesundheitsrisiken mit zunehmender Nähe zum Förderort anwachsen.
So komme es in der Nähe von Förderanlagen und bei einer hohen Dichte von Förderanlagen zu einer höheren Rate an Fehlgeburten. Zudem zeigten US-Studien: Je näher die Menschen an Förderanlagen leben, desto stärker sind sie Luftverschmutzung durch Benzene, Toluene, Xylene, Ozon und Dieselfeinstaub ausgesetzt.
Mangelhafter Umgang mit Abwasser ist laut anderen Studien verbunden mit einer höheren Belastung des Oberflächenwassers mit Chemikalien aus den eingepressten Flüssigkeiten und mit natürlich vorkommenden Substanzen wie Radium-226 oder Arsen. Grundwasserleiter in der Nähe von Förderanlagen können eine höhere Methankonzentration enthalten.
Die EU-Staaten wollen aufgrund der Ukraine-Krise eine größere Unabhängigkeit vom russischen Erdgas erreichen. Die USA und Kanada, wo das Geschäft mit dem Schiefergas boomt, haben sich bereits als Lieferanten ins Gespräch gebracht (mehr hier).
Allerdings wollen die EU-Staaten auch auf die eigene Förderung von Schiefergas setzen. Die EU-Kommission hat mit der Veröffentlichung der neuen Klimaziele dem Fracking in Europa bereits Tür und Tor geöffnet.
Vor allem Großbritannien hat sich an den amerikanischen Trend angehängt. In Deutschland hat die Regierung noch nicht entschieden. Doch Unions-Politiker und Teile der Wirtschaft fordern, die Erschließung zu beginnen.
In der vergangenen Woche forderte EU-Kommissar Oettinger von der Bundesregierung, das Fracking in Deutschland zuzulassen. Dies sei notwendig, um sich aus der Abhängigkeit von russischem Erdgas zu befreien (mehr hier).