Deutschland

Produktion der deutschen Wirtschaft bricht überraschend stark ein

Lesezeit: 2 min
07.07.2014 12:50
Die deutsche Wirtschaft drosselt überraschend ihre Produktion. Im Mai gab es ein Minus von 1,8 Prozent. Damit dürfte die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal bestenfalls stagnieren. Das hat Auswirkungen auf den Rest Europas. In Spanien hat sich die Produktion ebenfalls abgeschwächt.
Produktion der deutschen Wirtschaft bricht überraschend stark ein

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die deutsche Wirtschaft schränkte ihre Produktion im Mai nicht nur den dritten Monat in Folge ein, sondern gleich so stark wie seit gut zwei Jahren nicht mehr. Industrie, Baubranche und Energie-Erzeuger senkten ihren Ausstoß zusammen um 1,8 Prozent zum Vormonat. „Die Rückgänge sind zum erheblichen Teil auf Brückentagseffekte zurückzuführen, da der 1. Mai auf einen Donnerstag fiel", erklärte das Bundeswirtschaftsministerium am Montag in Berlin. Auch entwickle sich der Bau schlechter, da viele Arbeiten wegen des milden Winters vorzeitig fertig gestellt wurden.

Nach dem starken Wirtschaftwachstum von 0,8 Prozent im ersten Quartal befürchten Ökonomen nun einen Rückschlag – zumal zuvor schon Industrieaufträge und die Umsätze im Einzelhandel schrumpften (mehr hier). „Die deutsche Wirtschaft wird im zweiten Quartal wohl allenfalls stagniert haben", sagte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. „Auf die Konjunkturlokomotive Deutschland sollten die anderen Euro-Länder und die EZB erst einmal nicht hoffen."

Allerdings gehen die meisten Experten nur von einer zeitweiligen Delle aus. „Die grundsätzlich gute Verfassung der deutschen Konjunktur steht unverändert nicht infrage", sagte DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle. „Schon das dritte Quartal dürfte wieder stark ausfallen." Ähnlich sieht das Berenberg-Bank-Ökonom Christian Schulz. „Kalendereffekte wie die späten Osterferien oder Brückentage haben zu Produktionspausen geführt", sagte Schulz. „Das dürfte aber in den kommenden Monaten korrigiert werden."

Die Industrie senkte ihre Produktion im Mai um 1,6 Prozent. Dabei meldeten die Hersteller von Vorleistungsgütern wie Chemikalien ein Minus von 3,0 Prozent, während die Konsumgüterbranche 3,5 Prozent weniger herstellte. Die Produzenten von Investitionsgütern wie Maschinen und Anlagen meldeten dagegen ein leichtes Wachstum von 0,3 Prozent. Die Bauproduktion schrumpfte um 4,9 Prozent. Die Energieversorger fuhren ihre Erzeugung dagegen um 1,0 Prozent hoch.

Christian Schulz von der Berenberg Bank nennt die Prouktion „überraschend schwach. Ifo- und Einkaufsmagerindex hatten zwar auf eine Abschwächung im zweiten Quartal hingedeutet. Aber der Rückgang der Produktion in den vergangenen Monaten ist doch wesentlich stärker als gedacht.“

Für Andreas Scheuerle von der Dekaband „entwickelt sich das zweite Quartal zu einer Riesenenttäuschung. Der Mai brachte bislang erneut schwache Einzelhandelsumsätze, sinkende Auftragseingänge und nun auch einen merklichen Einbruch der Produktion. Auch wenn Einiges davon auf fehlende Arbeitstage wegen der Brückentage zurückgeht und nachgeholt werden wird: diese Impulse fehlen im zweiten Quartal. Die grundsätzlich gute Verfassung der deutschen Konjunktur steht aber unverändert nicht infrage.“

Mit der schwachen deutschen Leistung gerät der Wirtschaftsmotor in Europa wieder ins Stocken. Spaniens Industrie hat ihre Produktion im Mai auch weniger stark hochgefahren als erwartet. Die Betriebe stellten zwar 2,5 Prozent mehr her als vor Jahresfrist, wie das nationale Statistikamt am Montag mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Analysten hatten jedoch mit einem Plus von 3,8 Prozent gerechnet. Bereits im April hatte es einen Anstieg von 4,1 Prozent gegeben. Spaniens Wirtschaft löst sich zunehmend aus der zweijährigen Rezession. Für 2014 erwartet die EU-Kommission erstmals wieder ein Anziehen der Konjunktur - und zwar um gut ein Prozent.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...