Unternehmen

Gegen Deflation: EZB fordert höhere Löhne in Deutschland

Die niedrigste Inflationsrate seit fünf Jahren lässt die Angst vor einer Deflation in der EU wachsen. Die Teuerungsrate liegt derzeit noch bei 0,4 Prozent. Als Rezept gegen den Trend fordert die EZB nun, die Löhne in Deutschland zu erhöhen.
01.08.2014 02:15
Lesezeit: 1 min

Die niedrigste Teuerungsrate in der Euro-Zone seit fast fünf Jahren nährt die Furcht vor einer Deflation. Die Preise in der Währungsunion stiegen im Juli zum Vorjahresmonat nur noch um 0,4 Prozent, wie das europäische Statistikamt Eurostat am Donnerstag mitteilte. Dies ist der niedrigste Wert seit Oktober 2009, als die Preise während der internationalen Finanzkrise sogar gesunken waren. Die Inflation ist nunmehr weitaus niedriger, als der EZB lieb sein kann. Dies dürfte am kommenden Donnerstag für reichlich Diskussionen auf der Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) sorgen, die erst im Juni die Zinsen gesenkt hatte. Eine deflationäre Spirale aus fallenden Preisen und sinkenden Löhnen gilt als Gift für die Konjunktur, da sie Konsum und Investitionen auf Dauer hemmt.

Auch Experten zeigten sich von dem geringen Preisauftrieb überrascht, da sie eine Inflationsrate von 0,5 Prozent auf dem Zettel hatten. Die Inflation wurde insbesondere durch fallende Energiekosten gedämpft: Sie gaben um ein Prozent nach. Die Preise für Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak sanken um 0,3 Prozent. Die Währungshüter streben eine Preissteigerung von knapp zwei Prozent an. Doch selbst in dem von einem Wirtschaftsboom erfassten Deutschland lag sie mit 0,8 Prozent zuletzt so niedrig wie seit Anfang 2010 nicht mehr.

Bundesbank und EZB haben sich zuletzt für kräftigere Lohnerhöhungen in Deutschland ausgesprochen, um Deflation vorzubeugen. Bundesbankchef Jens Weidmann hatte dafür einen Richtwert von drei Prozent genannt.

Hierzulande seien die Inflationsrate niedrig und der Arbeitsmarkt in guter Verfassung, sagte EZB-Chefvolkswirt Peter Praet dem Spiegel. In solchen Staaten seien stärkere Verdienststeigerungen angemessen. Dagegen seien in manchen Krisenländern der Euro-Zone mit hoher Arbeitslosigkeit aktuell eher "niedrige Lohnabschlüsse erforderlich, um Wettbewerbsfähigkeit zurückzugewinnen". Beides trage dazu bei, die Handels- und Kapitalströme in der Währungsunion auszugleichen und "die durchschnittliche Lohnentwicklung im Euro-Raum mit dem Inflationsziel der EZB von annährend zwei Prozent in Einklang zu bringen".

Die Teuerung in der Euro-Zone liegt schon seit Monaten weit unter dieser Marke. Stärkere Einkommenssteigerungen könnten dem entgegenwirken, indem sie den Konsum und in der Folge die Inflation ankurbeln.

Praets Bundesbank-Kollege Jens Ulbrich hatte zuletzt bei einem Treffen mit Gewerkschaftern diese indirekt aufgefordert, bei den anstehenden Tarifrunden höhere Löhne zu verlangen. Dies sorgte für Aufsehen, da die deutsche Notenbank seit Jahrzehnten als Verfechterin von Lohnzurückhaltung gilt. Kritik an der Bundesbank äußerte Allianz-Chefökonom Michael Heise, der vor überzogenen Tarifforderungen warnte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

 

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlands Wirtschaft am Limit: Arbeitgeber fordern radikale Reformen!
24.02.2025

Bürokratie, hohe Abgaben und Fachkräftemangel setzen Unternehmen unter Druck. Ohne schnelle Maßnahmen droht der Standort Deutschland an...

DWN
Politik
Politik Wahlsieger Merz: Trotz Wermutstropfen Rambo-Zambo
23.02.2025

Der CDU-Chef bringt den Vorsprung aus den Umfragen ins Ziel: Die Union gewinnt die Bundestagswahl. Doch ein wichtiges selbstgestecktes Ziel...

DWN
Politik
Politik Historisches Debakel für die SPD: Scholz' Tage sind gezählt
23.02.2025

Trotz Widerstands innerhalb seiner Partei wollte er es noch einmal versuchen – und ist kläglich gescheitert. Die kürzeste Amtszeit...

DWN
Politik
Politik Erwartungen verfehlt: FDP erleidet mit Lindner herbe Wahlniederlage
23.02.2025

Die FDP bleibt unter den eigenen Erwartungen und hat sich von der Krise in der Ampel-Koalition nicht erholt. Parteichef Lindner und seine...

DWN
Politik
Politik Bundestagswahl: Union gewinnt vor AfD, Fiasko für die SPD - droht erneut eine Dreierkoalition?
23.02.2025

CDU und CSU gehen als klare Sieger aus der Bundestagswahl hervor – für die SPD ist es das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Die...

DWN
Politik
Politik Merz triumphiert, Scholz geschwächt: Die Konsequenzen der Wahl
23.02.2025

Deutschland hat entschieden, und es gibt einen klaren Gewinner. Dennoch dürfte die Regierungsbildung herausfordernd werden, da die Zeit...

DWN
Politik
Politik Wie es nach der Bundestagswahl weitergeht
23.02.2025

Nach der Bundestagswahl beginnt die nächste Phase: die Regierungsbildung. Dabei sind zahlreiche Schritte erforderlich, die sich über...

DWN
Politik
Politik Wahlrecht 2025: Kleinerer Bundestag, größere Auswirkungen – Das ändert sich für Wähler und Parteien
23.02.2025

Am Wahltag selbst werden die meisten Wählerinnen und Wähler keinen Unterschied bemerken. Doch hinter den Kulissen verändert sich...