Politik

Gauck: Staatsbesuch in Russland ist wegen Rechtsbruchs nicht möglich

Lesezeit: 2 min
19.09.2014 01:15
Bundespräsident Joachim Gauck sagt, dass er derzeit wegen des Bruchs des Völkerrechts und wegen der Menschenrechts-Situation nicht nach Russland reisen könne. Er kann nicht verstehen, dass man die Empfindsamkeiten Russlands in vorauseilendem Gehorsam ernster nehmen könne als das Selbstbestimmungsrecht der ukrainischen Bevölkerung. Einen Krieg in Mitteleuropa erwartet Gauck jedoch nicht.
Gauck: Staatsbesuch in Russland ist wegen Rechtsbruchs nicht möglich

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Bundespräsident Joachim Gauck hat der russischen Führung einen Bruch des Völkerrechts und der Menschenrechte vorgeworfen. Dies mache zurzeit einen Staatsbesuch in Russland unmöglich, sagte Gauck der Rheinischen Post. Zugleich warf er der Führung in Moskau vor, mit Schutzbehauptungen eine angebliche Bedrohung durch den Westen als Vorwand dafür zu nehmen, das Selbstbestimmungsrecht anderer Völker einzuschränken.

Er kritisiere nicht Russland als Land, sondern dessen Regierung. "Mir geht es um die Missachtung von Bürgerrechten, von Menschenrechten und um den Bruch des Völkerrechts", sagte Gauck. "Wenn ich nach Russland blicke, dann sehe ich nicht nur die Regierung, sondern auch die Regierten. Ihr Schicksal ist der Grund für meine Kritik am Kreml."

Der Bundespräsident äußerte auch Kritik an der Position, man könne Russland etwa die Westorientierung der Ukraine nicht zumuten. "Das Selbstbestimmungsrecht der Völker hat Vorrang ... Ich kann nicht nachvollziehen, dass wir in vorauseilendem Gehorsam die Empfindsamkeiten Russlands ernster nehmen sollten als das Selbstbestimmungsrecht der ukrainischen Bevölkerung", betonte Gauck.

Der Bundespräsident lobte ein "außerordentlich verantwortungsvolles" Vorgehen der Bundesregierung in der Ukraine-Krise und verteidigte die Nato-Osterweiterung. "Unsere Nachbarn hatten das Recht, der Nato beizutreten, die für sie nicht nur als politisches Bündnis, sondern auch als Verteidigungsbündnis von zentraler Bedeutung war und ist." Sicherheitsgarantien seien deshalb unverzichtbar. "Ich erwarte (aber) nicht, dass von der Ukraine-Krise eine kriegerische Bedrohung für Mitteleuropa ausgeht", sagte er.

Deutschland muss sich nach den Worten von Bundespräsident Joachim Gauck noch stärker in der Welt engagieren. Er wünsche sich eine Haltung, "uns noch stärker auch für die Lösung von Konflikten außerhalb unserer Grenzen verantwortlich zu fühlen", sagte Gauck. Der Bundespräsident kritisierte, dass in Deutschland dabei sofort über militärische Einsätze debattiert werde. Dabei sei die Verantwortung vielschichtiger, umfasse etwa Diplomatie und Krisenprävention. "Die Verantwortung greift aber auch auf ganz anderen Feldern: Im Klimaschutz etwa, in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, beim Umgang mit Flüchtlingen nach Europa", sagte Gauck. Deutschland müsse sich immer fragen, welche Verantwortung sich aus der ökonomischen Stärke des größten EU-Staates ableite.

Gauck hatte bereits vergangenen Oktober und Anfang Februar eine aktivere deutsche Außenpolitik eingefordert. Deutschland habe in der Welt heute teilweise auch eine Vorbildfunktion. "Die gefestigte Demokratie hierzulande, die Achtung der Bürger- und Menschenrechte, der soziale Ausgleich, unsere Konsenskultur, die Entwicklung von Forschung und Technik, die wirtschaftliche Situation  das alles trägt uns Anerkennung und Vertrauen ein- auch und gerade Vertrauen in unsere Fähigkeit als Krisenmanager", sagte er. Dieses Vertrauen sollte die deutsche Politik etwa im Rahmen der EU oder der UN einsetzen. Militärische Einsätze dürften nur das letzte Mittel sein, das in Betracht gezogen werde.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...